Hye-Kerkdal, Käthe
* 25.1.1893, Wien, † Jänner 1961
Ethnologin, Lehrerin und Tänzerin
K. H.-K. war die Tochter von Hofrat Julius Petzelt, Chefredakteur und Herausgeber des „Deutschen Volksblattes“, Professor an der Konsularakademie in Wien und Katharina Johanna Puchstein.
Sie bestand die Matura mit Auszeichnung und studierte Geschichte, Geographie, Kunstgeschichte und Turnen an der Universität Wien. Der Titel ihrer Dissertation lautete „Die kulturgeschichtliche Bedeutung des Tikaspieles in der Südsee“. 1925 legte sie die Lehramtsprüfung aus Geschichte, Geographie und Turnen für Mittelschulen ab. Sie wurde mit dem Erlass vom 28. März 1929 mit Rechtswirksamkeit vom 1. Juli 1929 zur wirklichen Lehrerin der Verwendungsgruppe 5 ernannt und war seit dieser Zeit in den genannten Fächern als Mittelschullehrerin tätig. 1929 beendete sie ihre weitere Ausbildung auf dem Gebiet von Tanz und Gymnastik bei Rudolf von Laban in Berlin mit einer Prüfung in Choreografie und Tanzschrift. Von 1930-1939 trug sie die von ihr geschaffene Gymnastikstunde im Wiener Rundfunk vor. Mit ihren zahlreichen Tanzvorführungen, Vorträgen und Reportagen erlangte sie große Bekanntheit. 1936 war sie Schiedsrichterin für Österreich bei den olympischen Tanzwettbewerben. Auf internationalen Tanzkongressen lernte sie Tänze verschiedener Völker kennen, mit welchen sie sich auch historisch und ethnologisch auseinandersetzte. 1948-1950 war sie am Museum für Völkerkunde in Wien als wissenschaftliche Hilfskraft tätig. Im SS 1949 inskribierte sie an der Universität Wien das Studium der Völkerkunde und Urgeschichte. Im Rahmen der Ethnologie wird Spiel und Tanz der „Naturvölker“ zu ihrem Spezialgebiet. 1952 erfolgte die Promotion bei den Professoren Koppers und Heine-Geldern. 1953 erhielt sie ein Stipendium, um ihre Studien am ethnographischen Museum in Göteborg fortführen zu können. Dort erforschte sie die Zusammenhänge zwischen Wettkampfspielen und Dualorganisationen bei den IndianerInnen Brasiliens. K. H.-K. lieb weiterhin im Schuldienst tätig. Sie unterrichtete Wirtschaftsgeographie und Turnen zuerst in Linz und später bis zu ihrem Ruhestand 1959 in Baden. Wobei sie bemüht war, das Interesse ihrer SchülerInnen an ethnologischen Themen zu wecken.
Nach ihrer Pensionierung widmete sie sich ganz ihrem großangelegten Forschungsvorhaben „Ausdrucksformen menschlicher Gestalt in der Ikonographie der alten Hochkulturen Amerikas und Asiens“. Dazu hatte sie bei zwei Forschungsaufenthalten im Reichsmuseum für Völkerkunde in Leiden 1957 und 1960 umfangreiches Bildmaterial zu tänzerischen Darstellungen im alten China gesammelt. Sie untersuchte das Material nach Kriterien der Tanz- und Bewegungslehre um bis dahin nicht erkannte historische Zusammenhänge aufzudecken. Ihr Vorhaben wurde von den Fachleuten des Reichsmuseums und des sinologischen Institutes unterstützt.
K. H.-K. war Gründungsmitglied des Zontaclubs und erhielt 1960 Förderungspreis der Theodor-Körner-Stiftung.
Werke
Bewegungsanalysen als Qualitätskriterium. Ein Beitrag zur Spielforschung Australiens. In: Wiener Völkerkundliche Mitteilungen, Jg. 2, Nr. 2, 1954.
Völkerkunde und Schule in Österreich. In: Tirage a Part: Actes du quatriéme Congrés International des Sciences Anthropologiques et Ethnologiques, 1952.
Die kulturgeschichtliche Bedeutung des Tikaspieles im Pazifik. In: Tirage a Part: Actes du quatriéme Congrés International des Sciences Anthropologiques et Ethnologiques, 1952.
The Secret of the Jumping Stick. In: Journal of the Polynesian Society, vol. 64, no. 1, 1955.
Wettkampfspiel und Dualorganisation bei den Timbira Brasiliens. In: Haekel, J. / Hohenwart-Gerklachstein, A. / Slawik, A. (Hg.): Die Wiener Schule der Völkerkunde (1929-1954), 1956.
Zauberwaffen der Buschgeister in Südamerika. In: Baessler Archiv, Bd. IV, Nr. 2, 1956.
Das menschliche Spiel in der Völkerkunde. In: Leibeserziehung. Monatsschrift für Ärzte und Lehrer. 1957.
Tanz als soziale Funktion bei den Timbira Brasiliens. In: Proceedings of the 32. International Congress of Americanists 1956, 1958.
Tanz als Akkulturationsproblem. Polynesien. In: Tribus, Nr. 9, 1960.
Tanz im alten China. In: Archiv für Völkerkunde. Bd. 16, 1961.
Literatur / Quellen
Smetschka, B.: Frauen – Fremde – Forscherinnen. Leben und Werk der Absolventinnen des Wiener Instituts für Völkerkunde 1945- 1975. Ein Beitrag zur Wissenschafts- und Frauengeschichte. (Europäische Hochschulschriften). Frankfurt/M., Berlin, 1997.