Nischer-Falkenhof, Eleonore Antonie
* 7.9.1907, Wien, † 3.12.1994, Wien
Herkunft, Verwandtschaften: Tochter von Hofrat Ritter Ernst Nischer von Falkenhof, Generalstaatsarchivar, und seiner Frau Elisabeth Schmidt, Fabrikantentochter aus Gablonz. Hofrat Nischer von Falkenhof war der Sohn des Oberinspektors der österreichischen Eisenbahnen Karl Nischer und seiner Frau Eleonore Freiin von Hahn. Schwestern: Dr. Edith Lanza, Private; Fides Nischer (28.4.1912–29.10.1994), Sekretärin.
Lebenspartnerinnen, Kinder: Unverheiratet und kinderlos.
Ausbildungen: Nischer-Falkenhof legte nach acht Klassen Reformrealgymnasium am 2. Juli 1925 die Matura ab. An der Universität Wien studierte sie an der philosophischen Fakultät Urgeschichte und Ethnologie und promovierte am 27. Juni 1929 zum Dr. phil.
Laufbahn: Als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin war sie am Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz (15.10.1929–15.4.1930), am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (1.7.30–31.10.1931) und am Naturhistorischen Museum in Wien (1.11.1931–30.3.1934) tätig. Am 1. April 1934 trat sie ihren Dienst als Vertragsbedienstete und Hilfskraft für den mittleren Bibliotheksdienst an der staatlichen Kunstgewerbeschule Wien (seit 1970 Hochschule, seit 1998 Universität für angewandte Kunst) an. Am 2. Februar 1938 legte sie die Prüfung in Staatsverrechnungswissenschaft mit sehr gutem Erfolg ab, am 20., 21. und 29. November 1950 bestand sie die Prüfung für den gehobenen Fachdienst an Bibliotheken − nach fast siebzehnjähriger Tätigkeit als Bibliotheksleiterin im Ein-Frau-Betrieb. Sie war lebenslang zunächst Vertragsbedienstete und ab 1951 Beamtin der Verwendungsgruppe B – trotz Doktorats also nur als Maturantin eingestuft. Am 2. September 1970 wurde ihr der Titel „Amtsdirektor“, also die Dienstklasse VII für den gehobenen Bibliotheksdienst, verliehen. Mit 31.12.1972 trat sie in den Ruhestand.
Für die Bibliothek bedeutete die Bestellung von Nischer-Falkenhof im Jahr 1934 eine entscheidende Wende – eine kontinuierliche Aufbauarbeit begann. Nischer-Falkenhof war bekannt für Eigeninitiative, Kontaktfreudigkeit, Verhandlungsgeschick und sprach englisch, italienisch und französisch. Zunächst kümmerte sich noch der Direktor der Kunstgewerbeschule intensiv um die Belange der Bibliothek, das Kollegium befasste sich immer wieder mit Einzelkäufen, doch in den Fünfziger- und Sechzigerjahren handelte Nischer-Falkenhof zunehmend selbständig und betrieb gezielt den Literaturaufbau. Bei Versuchen des Kollegiums, in die Bestände einzugreifen, zeigte sie sich durchsetzungsfreudig. Erst 1970 erfolgte mit dem Kunsthochschul-Organisationsgesetz ihre direkte Unterstellung unter den Bundesminister für Unterricht und Kunst.
Nischer-Falkenhof hielt stets guten und regen Kontakt zum Lehrpersonal, war kompetente Auskunftsperson in Fragen der Geschichte der Kunstgewerbeschule und verwaltete auch die der Bibliothek angeschlossene Sammlung und das Archiv. Noch während des Krieges begann sie den gesamten Bestand in einem neuen, handgeschriebenen Inventar aufzunehmen; außerdem legte sie einen Nominalkatalog an, baute eine Schlagwortliste auf, die ihr als Grundlage für den Aufbau eines Schlagwortkatalogs diente.
Nischer-Falkenhof erweiterte die Aufstellungssystematik, baute einen Fortsetzungskatalog auf, sowie neue Inventare der Meisterklassen; sie begann eine Zeitschriftenkartei zu führen und die Zeitschriftenartikel in einer Zeitschriftendokumentation zu beschlagworten.
Im Jahr 1966 musste sie – nur mit Hilfe des Schulwarts – die Übersiedlung der Bibliothek in den Neubau bewerkstelligen. Erst 1969 erhielt sie einen Mitarbeiter, nachdem sie 36 Jahre allein die gesamte Bibliotheksarbeit mit Lesesaalbetreuung geleistet hatte. Durch ihre sprichwörtliche Eigeninitiative und ihr Verhandlungsgeschick gelangten viele Werke und Dokumente als Widmung oder Ankauf in den Besitz der Bibliothek und der Sammlung.
Sie wird in allen Dienstbeschreibungen als äußerst fleißig, gewissenhaft, flink, verlässlich, organisatorisch begabt, konziliant und korrekt gelobt; ihr ausgeprägter Idealismus als Bibliotheksleiterin wird hervorgehoben.
Nischer-Falkenhof lebte für die Bibliothek – zeitlebens unverheiratet und kinderlos − der Dank dafür: anlässlich ihrer Pensionierung wurde sie zur Verabschiedung ins Dienstzimmer des Rektors eingeladen „…wo Sie dann vom Gesamt-Kollegium in netter und freundschaftlicher Weise verabschiedet werden, wie es Ihnen als langjähriges und treues Mitglied des Hauses gebührt. Es wird nicht lange dauern, da ja dann die Sitzung des Gesamt-Kollegiums beginnt…“
Freundschaften und Hobbys: aus ihrem Verlassenschaftsakt lässt sich schließen, dass ihre Hobbys vor allem klassische Musik und prähistorische Geschichte waren; sie hatte einen kleinen Freundeskreis, vor allem Frauen im akademischen, bürgerlichen Milieu. Nischer-Falkenhof dürfte auch sehr gläubig gewesen sein, sie vermachte ihr Erbe dem Missionshaus St. Gabriel, um das Priesterbildungsinstitut zu unterstützen; auch die St. Anna-Kirche im ersten Wiener Gemeindebezirk bedachte sie mit einem Legat.
Mitgliedschaften: Nischer-Falkenhof war ab 1930 Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und der Deutschen Arbeitsfront, seit 1933 Mitglied in der Vaterländischen Front, ab 1935 Mitglied beim Heimatschutz, am 19. März 1938 legte sie den Amtseid auf Hitler ab.
Im August 1945 erklärte sie mit Unterschrift, dass sie nie der NSDAP oder einer ihrer Formationen angehört habe. Koller meint dazu, dass ihre Mitgliedschaft bei der VF seit 1933 in Bezug auf ihre politische Einstellung nicht aussagekräftig sei, da diese eine Zwangsmitgliedschaft für Staatsangestellte war, verweist allerdings darauf, dass ihre Position offensichtlich nicht gefährdet war. Auch fällt auf, dass sie schon etliche Jahre vor dem „Anschluss“ Mitglied bei diversen nationalsozialistischen Vereinen war. Es dürfte sich also um eine typische, vielleicht sogar etwas übereifrige, Mitläuferin gehandelt haben.
Ausblick: Nischer-Falkenhofs Nachfolgerin als Bibliotheksdirektorin, HR Dr.phil. Rosa-Maria Steinbauer (1929–1991), war schon als Akademikerin eingestuft und leitete die Bibliothek von 1973 bis 1991, nach ihr leitete Amtsrätin Isabella Stift (1944 –) die Bibliothek interimistisch vom 1.7.1991 bis 31.12.1992. HR Dr. phil. Gabriele Jurjevec-Koller (1952–) war vom 1.1.1993 bis Ende April 2017 Leiterin der Bibliothek.
Seit 2.5.2017 leitet M.A. Sybille Hentze die Bibliothek. 1991 hatte die Bibliothek sechs Mitarbeiterinnen, alle weiblich. Bis zum Jahr 2004 arbeiteten nur Frauen an der Bibliothek, seither ist der Frauenanteil abnehmend. Derzeit hat die Bibliothek 14 MitarbeiterInnen, davon 12 Frauen.
Literatur / Quellen
Personalakt im Archiv der Universität für angewandte Kunst.
Koller, Gabriele: Die Hochschulbibliothek der Hochschule für angewandte Kunst in Wien. Geschichte – Organisationsstruktur – Perspektiven. Wien 1995.
Verlassenschaftssache Dr. Eleonora Antonie Nischer (Bezirksgericht Döbling).
Verlassenschaftsabhandlung Dr. Ernst Nischer-Falkenhof (WStLA, Bezirksgericht Döbling: 3A 366/61).
Werke
Saliger, Arthur: Dom- und Diözesanmuseum Wien. Mit Beiträgen von Rupert Feuchtmüller, Eleonore Nischer-Falkenhof, Johann Weissensteiner und Waltraut Kuba-Hauk. Wien, erzbischöfliches Dom- und Diözesanmuseum, 1987 (Darin beschreibt N.-F. die Bibliothek des Erzbischöflichen Dom- und Diözesanmuseums).