Magdalena von Montfort, geb. von Oettingen; Gräfin
Geb. um 1473
Gest. 22.4.1525
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Graf Ludwig von Oettingen († 1487) und Eva, Freifrau von Schwarzenberg († 1473); verheiratet mit Graf Ulrich VII. von Montfort († 1520) Kinder: Wilhelm IX. von Montfort-Tettnang (geboren 1490, † 1509), Ursula (I) (geboren 1491, † als Kind); Christina und ihre Zwillingsschwester unbekannten Namens (beide geboren und † 1492); Isolde (geboren 1493, † unbekannt); Katharina, Klosterfrau in Bamberg (geboren 1493, † unbekannt); Eva (geboren 1494, † 1509); Ludwig (geboren 1496, † als Kind); Ursula (II) (1497-1526), verheiratet mit Leonhard, Freiherr von Fels; Margarethe (1511-1523), verheiratet mit Graf Georg von Wertheim.
Laufbahn: M. wurde wohl um 1473 als einzige Tochter des Grafen Ludwig von Oettingen und der Eva Freifrau von Schwarzenberg, vermutlich in Oettingen bei Nördlingen geboren. Bereits im Alter von zehn Jahren wurde sie von ihren Eltern mit dem Grafen Ulrich VII. von Montfort-Tettnang verlobt. Mit der Erlangung der Ehedispens vom zweiten und dritten Grad der Verwandtschaft vom 14. Mai 1484 war die Voraussetzung für die Heiratsabrede, die die Väter des künftigen Brautpaares im Februar 1485 trafen, geschaffen. Der Vertrag wurde vom Bräutigam, Graf Ulrich VII., mitgesiegelt, was bedeutet, dass er bereits die Volljährigkeit erlangt hatte. Ehedispens und Heiratsvereinbarung verweisen auf die Hauspolitik des schwäbischen Adels, der sich durch das bereits wiederholt praktizierte Konnubium, der drohenden Mediatisierung durch die Fürsten und das Reich zu entziehen suchte.
Wie verschiedene Urkunden belegen M. wurde finanziell sehr gut abgesichert. Aus ihrem mütterlichen Erbe rühren laut einer Urkunde vom 4. November 1485 4.100 Gulden Heiratsgut. Vom 5. September 1487 datiert eine Urkunde durch die Herzog Georg von Bayern dem Grafen Ulrich VII. und seiner Frau M. 8.000 Gulden als Kaufpreis für die von ihren jeweiligen Vätern herrührende Erbschaft zusichert. Im Zeitraum vor diesem Kaufvertrag muss die Hochzeit stattgefunden haben, vielleicht 1486. Eine weitere Urkunde vom 6. Oktober 1488 zeugt davon, dass Graf Ulrich V. seiner Schwiegertochter M. für das väterliche und mütterliche Erbgut in Höhe von 15.000 Gulden sowie 750 Gulden Zinsen pro Jahr Schloss, Stadt und Herrschaft Tettnang als Sicherheit gestellt hat.
Das junge Paar lebte auf Schloss Tettnang. Graf Ulrich VII. trug ob seiner starken und ansehnlichen Gestalt den Beinamen „der Schöne”. Ulrich VII. erweiterte 1498 seinen Besitz durch Kauf noch um das Schloss Flockenbach, zeigte aber anders als seine Vorfahren kaum mehr Expansionsdrang, vielmehr verkaufte er das eine oder andere Gut und begann von der Substanz zu leben. Während ihrer Ehe trat M. wenig in Erscheinung. Sie gebar zehn Kinder, zwei Knaben und acht Mädchen. Der 1490 geborene älteste Sohn Wilhelm gab zu berechtigten Hoffnungen Anlass, er starb jedoch 1509, keine zwanzig Jahre alt. Der andere Sohn Ludwig, geboren 1496, starb vermutlich in noch jüngeren Jahren. Die Töchter Ursula (I), geboren 1491 sowie die 1492 geborenen weiblichen Zwillinge, von denen eine Christina hieß, starben.
Unter den fünf überlebenden Töchtern ist die 1494 geborene Eva die herausragendste. 1509 ehelichte sie den Freiherrn Christoph von Schwarzenberg, den Sohn des Hofmeisters zu Bamberg. M. setzte Eva als ihre Haupterbin ein, jedoch starb diese bereits am 6. März 1527. In ihren Besitz kam das Gebetbuch ihrer Mutter, das sich heute in Nürnberg befindet (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 1737). Bernhard Strigel (1460-1528) hat von Eva ein Porträt gemalt (Abb.: Otto, Nr. 146). Die aus dieser Ehe hervorgegangene Tochter Magdalena, wohl benannt nach der Großmutter, hat später Hugo XVI. von Montfort-Tettnang-Rothenfels († 1564) geheiratet, sodass M.s Erbe wieder an die Montforter zurückfiel.
Ursula (1497-1526) war mit dem Freiherrn Leonhard von Fels verheiratet, Margarethe ehelichte 1511 Graf Georg von Wertheim. Ursula erbte vermutlich das heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrte Gebetbuch (Codex 2748). Die beiden anderen Töchter gingen ins Kloster. Die älteste Tochter Isolde leistete 1506 einen Erbverzicht und die jüngere 1499 geborene Katharina verzichtete 1512 auf ihr Erbe; von ihr ist bekannt, dass sie ins Dominikanerinnenkloster zum Heiligen Grab in Bamberg eintrat, wo bereits ihre Schwester Eva lebte.
M. dürfte ihre Töchter bewusst zu selbständigen Frauen erzogen haben, wie eine Episode im Zusammenhang mit ihrer Tochter Ursula zeigt. Diese war bereits im Babyalter mit dem damals 9-jährigen Georg III. Truchseß von Waldburg (1488-1531) verlobt worden. 1506 löste Georg die Verlobung einseitig, da M. geäußert haben soll, dass sie ihm ein Weib erziehen werde, das ihm das Kraut aus den Ohren blase.
Die Stiftung der Annakapelle auf Schloss Tettnang 1513 dürfte in Zusammenhang mit der Sorge stehen, keine männlichen Nachkommen zu haben. Der Altarflügel (heute Schloss Harburg, Gemäldesammlung des Fürstlichen Hauses Oettingen-Wallerstein) wurde von Bernhard Strigel gemalt. Er zeigt die damals etwa 40-jährige Stifterin in einem dunklen Brokatkleid mit aufgeschlagenem Gebetbuch in den Händen, das deutlich ein lateinischer Annenhymnus (Preisung der „glücklichen Empfängnis” der Anna) erkennen lässt (Abb.: Otto, Nr. 83; Märker, 73). Auch ist eine Ähnlichkeit zwischen der Stifterin und der auf der Innenseite des linken Flügels dargestellten heiligen Anna zu konstatieren (Abb.: Otto, Nr. 80). Mit der Schaffung von Annenkapelle und Annenaltar sowie der Darstellung des Annenhymnus wandten sich Graf Ulrich VII. und seine Frau M. gleich drei Mal an die heilige Anna, der Patronin der werdenden Mütter und kinderlosen Frauen, um so den ersehnten männlichen Erben zu erhalten, der jedoch ausblieb.
Mit M. stehen auch drei deutschsprachige illustrierte Gebetsbücher in Zusammenhang:
Seitenstetten, Stiftsbibliothek, Codex 89; Antiquariat J. Günther, Hamburg (ehem. Schloss Harburg, Bibliothek des Fürstlichen Hauses Oettingen-Wallerstein, Signatur: III. 2.8°.39); Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Codex 2748,; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, 1737 und 4752a. Die Wiener Handschrift wurde im Auftrag des Grafen Ulrich VII. hergestellt. Es lässt sich nicht exakt entscheiden, ob die Handschrift für ihn persönlich oder für seine Frau M. hergestellt wurde. Das betende Ich im Text weist keine weiblichen Bezeichnungen auf. In der Handschrift befindet sich ein Stifterbild; M. und ihr Mann Ulrich sind als Dreiviertelfiguren zu sehen, darunter das Allianzwappen der beiden Häuser Montfort und Oettingen. (folio 1v). An anderer Stelle ist M. beim heiligen Messopfer im Gebetsgestühl porträtiert (folio 183v). Dieses Gebetbuch ging vermutlich nach M.s Tod an die Tochter Ursula und war um 1580 in die Familie der Fugger gelangt. Das sich heute in Nürnberg befindende Gebetbuch (Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Hs 1737) erbte die Tochter Eva. Nach ihrem Tod machte ihr Mann Christoph von Schwarzenberg Eintragungen über die Familie. Es trägt in der wissenschaftlichen Literatur den Namen „Gebetbuch der Eva von Schwarzenberg”. Was die Handschriften besonders wertvoll macht, sind die von professionellen Buchmalern ausgeführten Illustrierungen.
Darüber hinaus besaß M. auch eine ‚Schwabenspiegel‘-Handschrift (München, Staatsbibliothek, Cgm 3944) sowie an gedruckten Büchern eine Inkunabel von Heinrich Steinhöwels Übersetzung „Spiegel des menschlichen Lebens“ (Sánchez de Arévalo, Speculum humanae vitae) (1488) wie dem Besitzeintrag „Magdalenna graffin zu montfortt geborne graffin zu öttingen“ zu entnehmen ist; das Buch befindet sich heute in Tschechien in der Fürstenbergischen Bibliothek auf Schloss Křivoklát (Pürglitz) (Signatur: 22 g 13 (51601)), wo sich eine weitere Handschrift aus dem Besitz der Grafen von Montfort-Tettnang befindet, die 1481 auf Tettnang geschriebene „Wigalois“-Handschrift (V) (Codex. l b 18). Zur Bibliothek in Tettnang gehörte auch der ehemalige Donaueschinger Codex 145, eine Abschrift der „Sieben weisen Meister“ aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, der einen Sterbeeintrag von M.s zweitem Gemahl, Johann von Montfort-Tettnang-Rothenfels († 1529), aufweist. Später gelangte der Codex dann in den Besitz Schweikards von Helfenstein († 1599).
Am 23. April 1520 starb Graf Ulrich VII. und wurde im Kloster Langnau begraben. Noch zu Lebzeiten ihres Mannes hatte sie mit dessen Zustimmung den Plan gefasst und Vorkehrungen getroffen, die Herrschaft über Tettnang bei allfälligem Ableben ihres Mannes selbst zu übernehmen. M.s Leben tritt nun in eine neue Phase. Ihr neuer Status als Witwe ist auch durch ein datiertes Witwensiegel aus demselben Jahr, in dem ihr Mann starb, dokumentiert. Es zeigt das Allianzwappen Montfort/Öttingen mit der Siegelinschrift „S(igillum) Magdalena. Z(u) Montfort Z(u) Ötingen.” sowie das Wort „WITIB” über dem Wappen und die Jahreszahl 1520 unter dem Wappen (Abb. Liesching, 42, Nr. 71). Datierte Siegel sind äußerst selten.
M. blieb allerdings nicht lange Witwe. Noch 1520 soll sie einen Vetter ihres Mannes Graf Johann I. von Montfort-Tettnang-Rothenfels († 1529) geheiratet haben. Sie ging auch sogleich daran, die Herrschaft über Tettnang zu übernehmen und rechtlich abzusichern. Am 4. Juli 1520 nahm sie den Tettnangern den Huldigungseid ab, während sie ihrerseits die städtischen Privilegien bestätigte. Am 26. Januar 1521 vindimierte der Bischof von Konstanz jene Urkunde vom 5. Mai 1495, mit der Ulrich VII. von Montfort von König Maximilian I. mit Tettnang belehnt worden war. Am 7. Mai 1521 schließlich belehnte Kaiser Karl V. M. mit der Herrschaft Tettnang und dem Blutbann. Als Lehensträger bzw. Treuhänder fungierte gemäß dem Lehensrecht Graf Johann, der jedoch gegenüber seiner Frau weisungsgebunden war.
Die Gräfin verfolgte auch interessiert die neuen humanistischen und reformatorischen Strömungen. Der aus Langenargen stammende Humanist und spätere Reformator Urbanus Rhegius († 1541) hielt sich in den Jahren 1522-1524 wiederholt in Burg und Stadt Tettnang auf. In diese Zeit fällt auch seine Entscheidung für die Reformation. Die deutsche Übersetzung der Auslegung des Paulusbriefes an Titus des Erasmus von Rotterdam († 1536) widmete er M. am 20. März 1521. Aus dem Widmungsbrief geht hervor, dass Urbanus Rhegius bereits Jahre zuvor der Gräfin auf deren Bitten hin die Psalmen ausgelegt habe. Auch der Aufenthalt des bekannten oberschwäbischen Humanisten Michael Hummelberg (1487-1527) am 10. November 1522 auf der Burg Tettnang ist wohl auf Einladung der Gräfin erfolgt. Für die Reformation war aber die Gräfin letztlich nicht zu gewinnen.
M. v. M. starb am 22. April 1525. Aufgrund der Bauernunruhen war es nicht möglich, dass sie in der Erbgrablege der Montforter im Kloster Langnau an der Seite ihres ersten Mannes ihre letzte Ruhe fand, daher wurde sie in der Grabkapelle der Schwarzenberger, der Familie ihrer Tochter Eva, im Franziskanerkloster in München beigesetzt.
Mit Graf Ulrich war die männliche Nebenlinie der Grafen von Montfort-Tettnang ausgestorben und die Güter fielen nun nach M.s Tod an die Linie der Grafen von Montfort-Rothenfels-Argen zurück.
L.: Bertelmeier-Kirst 2013, Burmeister 1992, Burmeister 1996a, Burmeister 1997a, Liebmann 1980, Liesching 1982a, Märker 1982, Ochsenbein 1982, Otto 1964, Vochezer 1888/1900
Ingrid Roitner