Köhler von Damwehr Else; Psychologin, Reformpädagogin und Sprachdidaktikerin
Geb. Lemberg, Galizien (Lwiw, Ukraine), 24.2.1879
Gest. Wien, 20.12.1940
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Offizier und Bahnbeamter. Kam nach dem Tod des Vaters mit Mutter und Bruder über Vorarlberg nach Wien.
Ausbildungen: 1888-95 Klosterschule Sacre Coeur in Wien, Schulen in Lemberg und Riedenburg (Bregenz), Lehrerinnenbildungsanstalt, ab 1896 k. k. Zivilmädchenpensionat in Wien (Freiplatz als Waise eines Eisenbahnbeamten), 1899 Reifeprüfung für Volksschulen; Studium Französisch Universität Wien und Universität Grenoble, mit Unterbrechungen, 1907/08 Ablegung der Schlussprüfungen an der Universität Grenoble, französische Volksschullehrerprüfung, 1910 Lehramtsprüfung für Französisch an Mittelschulen (Lehrbefähigung für Mädchenlyceen), 1926 Promotion an der Universität Wien bei Karl Bühler.
Laufbahn: Bis 1918 verlief ihr Leben in den konventionellen Bahnen einer verarmten Kleinadeligen (vgl. Karlsson): 1899/1900 Erzieherin in Frankreich, 1900-06 Erzieherin bei den Kindern der Erzherzogin Marie Valerie in Wallsee (jüngste Tochter des Kaiserpaares), ab 1909 (1910) bis 1921 Unterricht an verschiedenen Wiener Mädchenschulen (diverse Lyceen und das k. k. Zivilmädchenpensionat). Mit den sozialdemokratischen Schulreformen unter Otto Glöckel bot sich Raum für die pädagogische Kreativität E. K.s. Sie war ab 1921 pragmatisierte Lehrerin für Französisch an der Bundeserziehungsanstalt in Wien III. und seit 1922 freie Mitarbeiterin, ab 1934 Mitarbeiterin am Psychologischen Institut bei K. und Ch. Bühler. 1923-30 unterrichtete sie am Wiener Pädagogischen Institut. 1922-32 nahm E. K. als Vortragende an zahlreichen internationalen Kongressen teil. Von November 1931 bis zum Frühjahr 1933 arbeitete sie in Jena bei dem Reformpädagogen Peter Petersen, dem Begründer des Jena-Plans. 1934 wurde E. K. mit geringen Bezügen von den Wiener Behörden zwangspensioniert. Auf Grund eines Forschungsstipendiums der American Association of University Women arbeitete sie in dieser Zeit in Schweden und leitete Schulversuche in Göteborg. Bemühungen, in Schweden eine feste berufliche Anstellung im Hochschulbereich zu finden, blieben erfolglos. Von Krankheit gezeichnet kehrte E. K. 1937 nach Wien zurück, begleitet von ihrer langjährigen Freundin Ingeborg Hamberg. Die letzten beiden Lebensjahre verbrachte E. K. verarmt in Wien. E. K.s Grab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof. E. K. beschäftigte sich vor allem mit den Problemen der Arbeitspädagogik, der Reform der Fremdsprachendidaktik und des Kindergartenwesens. Sie wurde bekannt durch ihre Methode des entwicklungsgemäßen Schaffensunterrichts und hatte großen Einfluss auf die Schulreformen in Schweden. Nach 1945 blieb von ihrem Werk nur wenig in Erinnerung, erst im Zuge der Erforschung der Jenaplan-Pädagogik konnte auf dessen Bedeutung verwiesen werden.W. u. a.: „Die Persönlichkeit des dreijährigen Kindes. Psych. Monographien II. Leipzig, 1926 (= Lebensinhalt und Lebensform des dreijährigen Kindes. Beginn einer biopsychologischen Untersuchung. Phil. Diss.“ (1925), „Die Erziehung des Kleinkindes im Wandel der Zeiten. In: Zeitschrift für das Kindergartenwesen, XLVII. Jg., Nr. 7-8“ (1928), „Zur Praxis des französischen Anfangunterrichtes an Mittel- und Hauptschulen“ (1929), „Die Krise der Psychologie und die Pädagogik. In: Schulreform, 8. Jg.“ (1929), „Erziehungswissenschaft. In: Schulreform, 9. Jg.“ (1930), „Gem. m. Hamberg, Ingeborg.: Zur Psychologie und Pädagogik der geistigen Arbeit. Entwicklungsgeschichte einer Klasse 1924-1930“ (1931), „Gem. m. Reininger, Karl/Hamberg, Ingeborg: Entwicklungsgemäßer Schaffensunterricht“ (1932), „Gem. m. W. Böhm (unter Mitarbeit von M. Bergemann-Könitzer): Entwicklungshilfe als psychologisches und pädagogisches Problem“ (1936), „Aktivitetspedagogik“ (1936), „Småbarnsfostran“ (1937)
L.: BLÖF, Fadrus 1952, Hein 1996, Hörburger/Simonic 1951/1953, Karlsson 1998, Karlsson/Karlsson 2004, Krassnig/Simonic 1951, ÖBL, ÖNB 2002, Retter 2003, Seebauer 2007, Zwiauer 2002, Wikipedia