Ulmann Regine,

geb. Kohn, Ps. Gertrud Bürger, Agnes Thal; Schuldirektorin, Redakteurin und Autorin

Geb. Wien, 1.9.1847
Gest. Wien, 13.3.1939

Sie heiratete 1867 den Kaufmann Sigmund Ulmann. Kinder: Adele, Sophie.

R. U. erhielt Privatunterricht, war 1866 Mitbegründerin (als eine von sechs Frauen) des Mädchen-Unterstützungs-Vereines und später Direktorin der Fachschulen des „Mädchen-Unterstützungs-Vereines“. Als Motiv der Vereinsgründung wurde angegeben: „Mangel einer Institution, welche armen israelitischen Mädchen die Möglichkeit der kostenfreien Erlernung eines Handwerkes, oder sonstigen Erwerbs bietet“. Der Verein war sogleich ein voller Erfolg. Man plante nicht nur einen Unterricht in weiblichen Handarbeiten sondern auch eine Ausbildung in für Handelsgeschäfte erforderlichen Kenntnissen für Mädchen ab 14 Jahren. Der Unterricht war kostenlos. In der Arbeitsschule des Vereins wurden Mädchen unter anderem zu Köchinnen, Kleidermacherinnen, Friseurinnen, Stubenmädchen und Schirmmacherinnen ausgebildet. Man versuchte den Absolventinnen auch eine günstige Stellung zu verschaffen. Die Produkte die in den Arbeitsschulen hergestellt wurden, wurden verkauft und der Erlös trug zur Erhaltung des Vereins bei. Ein kleiner Teil wurde den Mädchen auf Sparbücher überwiesen und ihnen nach Schulaustritt ausgehändigt. Die dort hergestellten Produkte unterstützten aber auch andere Vereine und Institutionen, wie das israelitische Blindeninstitut oder das Rudolfinerhaus in Wien.

In der Fortbildungsschule des Mädchen-Unterstützungs-Vereines wurden Mädchen im Bereich Handel und Gewerbe ausgebildet, außerdem hatten sie die Möglichkeit Kindergärtnerinnen zu werden.1891 wurden Fachschulen für Schneiderei, Weißnäherei und Stickerei aufgebaut. Der Handelskurs wurde in eine zweijährige Handelsschule umgebaut. Bedürftige Schülerinnen wurden durch einen Mittagstisch, kostenlose Bücher, Lehrmittel, Fahrscheine und Kleiderspenden unterstützt. 1938 wurde der Verein von den Nationalsozialisten aufgelöst. Über 70 Jahre war R. U. im Verein tätig gewesen. Außerdem war sie lange Zeit im Bereich der jüdischen Frauenwohlfahrt und in der überkonfessionellen bürgerlich-liberalen Frauenbewegung tätig. 1916 gründete sie zum Beispiel mit Margarethe Grunwald den „Israelitischen Frauenwohltätigkeitsverein für den II. und III. Bezirk“, im selben Jahr wurde sie außerdem Vorsitzende des Verbandes Weiblicher Fürsorge. Innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung war sie engste Mitarbeiterin von Marianne Hainisch, Gründerin des Bundes österreichischer Frauenvereine. Zusammen mit ihr und Anitta Müller-Cohen eröffnete sie 1923 in der Wiener Hofburg die Weltkonferenz jüdischer Frauen. Dabei wurde unter anderem die Errichtung des jüdischen Weltfrauenbundes beschlossen. Innerhalb des Bundes österreichischer Frauenvereine war sie Mitglied der Gewerbekommission. Zugleich war sie 36 Jahre lang Mitglied und zeitweilige Präsidentin der Frauenvereinigung für Soziale Hilfstätigkeit. Daneben war sie auch journalistisch sehr rege. So war sie Mitarbeiterin des „Neuen Wiener Tagblattes“, des „Bund“ und außerdem Chefredakteurin von „Das Blatt der Hausfrau“.

Ausz.: 1937 erhielt sie das Goldene Verdienstzeichen des österreichischen Verdienstordens.

Werke

W. u. a.: „Das Soll und Haben der Hausfrau. Haushaltungsbuch“ (1897), „Der Wäscheschrank. Wäsche − Album der ‚Wiener Mode‘. Über 600 Wäschestücke und Monogramme“ (1898), „Die Frau als Arbeitgeberin. In: Das Blatt der Hausfrau Heft 20“ (17.2.1907), „Lehrgang des Schnittzeichnens für Wäsche- und Kindergarderobe“, „Kindergarderobe und Leibwäsche“

Literatur / Quellen

L.: Gesamtverzeichnis dt. Schrifttum 1976–1981, Heuer 1992, Jüdisches Biografisches Archiv (Mikrofiche), Kosel 1902-1906, Malleier 1999, Pataky 1898, Archiv der deutschen Frauenbewegung an der Universität Kassel: http:// www.uni-kassel.de/frau-bib/aria-ab2.htm

BiografieautorIn:

Susanne Blumesberger