Schwaighofer, Emma
geb. Pietschmann; Bibliothekarin
*19.5.1879 Wien, † 1.8.1960 Wien
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Anton Pietschmann (1846–1921), Kaufmann. Mutter: Karoline Pohl (1856–?), beide katholisch. Es bestanden – lt. Gauakt – verwandtschaftliche Beziehungen zu Erna Gröbke (1904–1988), der zweiten Frau von Heinrich Hoffmann (1885–1957), dem Fotografen Adolf Hitlers.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete im Jahr 1920 mit 41 Jahren den um zwölf Jahre älteren Dr. Wilhelm Schwaighofer (6.1.1867–16.8.1925) mit dem sie bis zu seinem Tod 1925 zusammen war. Die Ehe blieb kinderlos.
Ausbildungen: Emma Schwaighofer besuchte das sechsklassige Lyzeum des Wiener Frauenerwerbvereins. Erst im Schuljahr 1901/02 wurde der Schule das Recht zur Abhaltung der Reifeprüfung verliehen. Diese legte aber Schwaighofer 1904, mit 25 Jahren, am humanistischen Gymnasium in Prag ab. Sie erhielt nicht nur in mehreren Sprachen Privatunterricht (Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch), sondern auch in Musik, wo sie vom Komponisten und Musikpädagogen Robert Fuchs (1847–1927) und Heinrich Schenker (1868–1935), einem Schüler Anton Bruckners, unterrichtet wurde. An der Universität Wien studierte sie vier Semester Chemie und neun Semester Kunstgeschichte. 1921 konnte sie ihr Studium mit einem Doktorat über den Bildhauer Johann Martin Fischer abschließen. Längere Reisen zu Studienzwecken führten sie nach Griechenland, Frankreich und Ägypten.
Laufbahn: Während des Ersten Weltkrieges leistete sie medizinische Hilfsdienste bei Dr. Hans Spitzy. (Der 1872 in der Steiermark geborene Orthopäde kann als bekennender Katholik bezeichnet werden, so war er Mitglied in der „Katholischen Akademikergemeinschaft“, in der „Leo-Gesellschaft“ wie auch im katholischen ÄrztInnenverein der St. Lukas Gilde. Neben der Vaterländischen Front, war er auch in der Heimwehr, Starhemberggruppe, aktiv.) Er leitete ab 1915 das k.k. Reservespital Nr. 1 (Orthopädisches Spital und Invalidenschule) in Wien.
Im November 1925, mit 45 Jahren, trat Dr. Emma Schwaighofer ihren Dienst im Kunsthistorischen Museum an, wo sie zunächst bis September 1938 mit Inventarisierungs- und Katalogisierungsarbeiten in der Bibliothek, bzw. mit archivarischen Arbeiten im Münzkabinett betraut war. Erst 1923 wurde eine eigene Bibliothekarsstelle im Museum eingerichtet und mit Dr. Erich Viktor Strohmer (1884–1962) besetzt, der zuvor Bibliothekar der Akademie der bildenden Künste gewesen war. In der Zeit davor hatten Kustoden die Verwaltungsaufgaben übernommen.
Parallel zur Tätigkeit Emma Schwaighofers im Kunsthistorischen Museum, nämlich seit 1926, führte sie wissenschaftliche und bibliothekarische Arbeiten bei Baronin Mayr-Melnhof in Frohnleiten wie auch bei der Familie Ulrich Kinsky in Wien bzw. Pardubice durch. Seit 1930 stand sie im wissenschaftlichen Dienst bei Alphons Rothschild (1878–1942), ehe nach dem „Anschluss“ die überaus bedeutende Kunstsammlung beschlagnahmt wurde und die Familie zur Emigration gezwungen war. Eine frühere Berufstätigkeit ist anhand der Quellen nicht ersichtlich. Am 1. Oktober 1938 trat sie schließlich, nachdem sie zuvor hilfswissenschaftliche Dienste geleistet hatte, in den wissenschaftlichen Dienst des Kunsthistorischen Museums ein. 1942 wurde sie mit der Leitung der Bibliothek des Kunsthistorischen Museums betraut. Schwaighofers Dienstverhältnis endete offiziell am 31. Dezember 1946 – sie war zu diesem Zeitpunkt 67 Jahre alt –, da allerdings ihre Stelle nicht gleich nachbesetzt werden konnte, beantragte der damalige Erste Direktor des Kunsthistorischen Museums, DDr. August Octavian Loehr (1882–1965), sie „zu Lasten des Kredits für Inventarisierungsarbeiten mit einem monatlichen Bezuge von S 250,– bis auf weiteres zu verwenden“. So konnte Schwaighofer weiterhin in der Bibliothek arbeiten. Im November 1947 bemühte sie sich um ihren weiteren Verbleib, indem sie dem Ersten Direktor verschiedene Aufgaben vorschlug, an denen sie arbeiten wollte, wie die Erstellung eines Index der Zeitschriftenaufsätze, eines Katalogs der Manuskripte der Bibliothek, eines Katalogs der Inkunabeln der Bibliothek sowie die Abfassung einer Geschichte der Bibliothek. In einem Zirkular vom 1. Dezember 1947 gab Loehr jedoch bekannt, dass Schwaighofer mit Dezember 1947 „endgültig“ in den Ruhestand treten werde.
Nationalsozialismus: In der NS-Zeit war Emma Schwaighofer Mitglied in der Deutschen Arbeiterfront (DAF), in der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV), im Reichslehrerbund und im Kolonialbund. Laut einer politischen Beurteilung vom April 1942 wurde sie als „freundliche, doch zurückhaltende gut christliche Frau, die dem System nachhängt“ beschrieben. Vorgeworfen wurden ihr Kontakte zu adeligen Kreisen, sowie, dass sie „kunstgeschichtliche Hausdame im Hause Rothschild“ gewesen war.
Literatur / Quellen
Hehenberger, Susanne/Löscher, Monika: „…das Schmerzenskind der letzten Jahre…“. Ein Arbeitsbericht zur Provenienzforschung in der Bibliothek des Kunsthistorischen Museums. In: Bauer, Bruno (Hg.): NS-Provenienzforschung an österreichischen Bibliotheken: Anspruch und Wirklichkeit. Neugebauer, Graz 2011, S. 441–458.
KHM Archiv, Personalakt und Akten des Ersten Direktors (ED); ÖStA, AdR, Gauakt Emma Schwaighofer.
Werke
Johann Martin Fischer. Diss. Univ. Wien 1921.