Lehrer Shoshana; Malerin und Pädagogin

Geb. ?, 1934

Laufbahn: Sh. L. verließ gemeinsam mit ihrer Familie 1938 im Alter von vier Jahren auf einem Boot Nazi-Deutschland in Richtung Indonesien. Ein dort sesshafter Verwandter hatte den Lehrers die Einreisepapiere verschafft. Als sie auf den niederländischen Inseln ankamen, trafen sie auf eine rege jüdische Gemeinschaft. Sh. L. erinnert sich an ihre Kindheit in Armut und ein Leben eng an eng mit anderen Flüchtlingen. Nachdem sie nicht Deutsch sprechen wollte, stellte sie sich der Herausforderung Holländisch zu lernen, was ihr nicht leicht fiel. In Wien hatte Sh. L. ihr eigenes Zimmer gehabt, in Indonesien war ihr wichtigstes Gut ein Teddybär. Obwohl sich das Leben als schwierig gestaltete, liebte Sh. L. ihre neue Heimat. Die jüdische Minderheit, die Sh. L. und ihre Familie damals aufgenommen hatte, ist heute vergessen. Indonesien ist das größte muslimisch bevölkerte Land der Erde. Heute ist Sh. L. die Vorsitzende von Tempo Dulu, einer Assoziation Indonesischer Juden in Israel, dessen Name „alte Zeiten“ bedeutet und 1995 gegründet worden war. Den Impuls dazu gab das Projekt einer niederländischen Filmcrew, die Mitglieder jener jüdischen Gemeinschaft Indonesiens für einen Dokumentationsfilm interviewt hatte. Die Treffen von Tempo Dulu finden ein bis zwei Mal jährlich statt und min. 50 Menschen nehmen daran teil. Die Teilnehmer bringen dabei selbstgemachte indonesische Gerichte mit und auch die Kinder und Enkelinnen der Mitglieder finden sich ein.

Die ersten Juden erreichten Indonesien nach der Kolonisation durch die Niederlande im 19. Jh. Sie waren mehrheitlich Händler und Plantagenbesitzer, die sich mit Hilfe von irakischen Geschäftsmännern in ganz Asien niederließen. Mit der Flüchtlingswelle zur Nazizeit wuchs die jüdische Bevölkerung weiter an, war aber nie groß und umfasste ca. 3000 Personen, die hauptsächlich in Surabaya, Batavia (später Jakarta) und anderen kleinen Städten siedelten. Jene führten ein privilegiertes Leben mit festlichen Banquets, Sportveranstaltungen und religiösen Zeremonien. Doch auch sie blieben vom Zweiten Weltkrieg nicht verschont. Japan fiel in der niederländischen Kolonie 1942 ein und verschleppte alle nichtasiatischen Menschen in Internierungslager, wo viele an Unterernährung, Krankheiten oder Gewaltausübung starben. Sh. L. verbachte mit ihrer Mutter drei Jahre in einem solchen Lager, getrennt von ihrem Vater. Sie wurden erst von den Alliierten befreit, mussten das Land jedoch 1952 verlassen, da der wachsende Nationalismus in Indonesien Nicht-Asiaten das Bleiben verunmöglichte. Die Lehrers traten ihre Reise in die Niederlande an, andere zog es nach Israel, Australien, GB und in die USA. Ab 1965 gab es nur mehr einige wenige Jüdinnen und Juden in Indonesien. Verblieben sind bis heute ca. 20 Personen jüdischen Glaubens, deren Religion jedoch vom Staat nicht anerkannt wird. So wurde auf Grund der Konflikte im Gazastreifen, im Jahre 2009 auch die alte Synagoge in Surabaya geschlossen. Sh. L. sieht ein mögliches Wiedersehen mit ihrer alten Heimat unter gemischten Gefühlen. Denn obwohl es für sie ein wunderschönes Land sei, hätte es wohl mit ihren Kindheitserinnerungen nichts mehr gemein.

Qu.: Literaturhaus/Exilbibliothek

L.: http://www.jpost.com/JewishWorld/JewishFeatures/