Klüger Ruth, verh. Angress, Kluger; Literaturwissenschafterin und Schriftstellerin
Geb. Wien, 30.10.1931
Gest. Irving, Kalifornien, USA, 6.10.2020
Herkunft, Verwandtschaften: Stammt aus einem sozialdemokratischen Elternhaus; Vater: Dr. Viktor Klüger, Frauen- und Kinderarzt, kam aus einer armen, kinderreichen Familie, 1938 verhaftet, flüchtete nach Italien und Frankreich, von dort Auslieferung nach Deutschland, 1944 Deportation nach Ausschwitz; Mutter: Tochter eines wohlhabenden Ingenieurs und Fabriksdirektors, konnte die Reichsfluchtsteuer nicht zahlen, arbeitete bis zur Deportation im jüdischen Krankenhaus; Halbbruder Jiri aus der ersten Ehe der Mutter, 1941 nach Riga verschickt, dort erschossen.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit einem Historiker; zwei Söhne: Percy und Dan.
Ausbildungen: Ein Jahr Privatunterricht, 1946 Notabitur an einem Straubinger Gymnasium, SS 1947 Beginn des Studiums an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Regensburg, Logik und Erkenntnistheorie, Geschichte der mittelalterlichen Philosophie und Weltgeschichte zu Beginn der Neuzeit; am Hunter College in New York Studium der englischen Literatur, 1950 Bachelor of Arts; 1952 Master of Arts in Englisch, 1965 Master of Arts in Deutsch an der University of California.
Laufbahn: Mit einem der letzten Transporte, sog. Spitalstransport, gemeinsam mit der Mutter im September 1942 nach Theresienstadt deportiert, 1944 nach Auschwitz-Birkenau, auf einem Arbeitstransport, nach Christianstadt, nach der Evakuierung des Lagers mit der Mutter und der Pflegeschwester nach Bayern, 1945 geflohen, emigrierte 1947 in die USA. Während ihrer Familienphase in der Katalogabteilung der New York Public Library; war als so genannte „bookmobile lady“ mit Büchern in der Stadt unterwegs und empfahl Kindern und Erwachsenen Literatur. Ihre Belesenheit fiel auf und Heinz Politzer animierte sie, eine Dissertation zu verfassen. Sie wurde zunächst „teaching assistant“. 1965/66 Assistant Professor an der CS Hayward, 1966-70 zunächst Assistant, dann Associate Professor an der Case Western Reserve University in Cleveland, Ohio; in den folgenden beiden Jahren Associate Professor an der University of Kansas in Lawrence, 1972-76 Charlottesville an der University of Virginia, zuerst als Associate Professor, später Professor; 1976-80 Professor of German an der University of California in Irvine; bis 1986 Professor of German an der Princeton University; dann in gleicher Funktion zurück an die University of California; Professorin an der Universität Göttingen, 1988-90 Leitung des kalifornischen Studienzentrums in Göttingen; 1985/86 und 1987-1990 Vorsitz des Departments of German an der University of California in Irvine; Tätigkeit für Fachzeitschriften, 1977-84 Herausgeberin des German Quarterly; 1997 für zwei Monate writer in residence in Wien. 2003 Gastprofessorin an der Universität Wien. Beschäftigt sich vor allem mit (jüdischer) Frauenliteratur.
Ausz., Mitglsch.: 1993 Rauriser Literaturpreis, 1993 Niedersachsen-Preis, 1994 Marie-Luise-Kaschnitz-Preis, 1996 Anerkennungspreis zum Andreas Gryphius-Preis, 1997 Österreichischer Staatspreis für Literaturkritik, 1997 Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf, 1998 Prix Mémoire de la Shoa, 1999 Preis der Frankfurter Anthologie, 1999 Thomas-Mann-Preis der Stadt Lübeck; 2002 Kreisky-Buch-Preis, 2004 Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Universität Göttingen, 2005 Goethe-Medaille, 2006 Käthe Leichter Preis, 2007 Lessing-Preis, 2008 Frauenpreis der Stadt Wien; Unterrichtet als erste Reich-Ranicki-Gastprofessorin an der Universität Tel Aviv, Mitglied der Lessing Society, der Modern Language Association Comission on the Status of Women in the Professions, des Executiv Council of Modern Language Association, der International Association for Germanic Studies, 1985-1990 Vizepräsidentin derselben.
biograph. Mitteilungen, Hinweise: Judaica-Archiv/ÖNB.
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe), DÖW.
W. u. a.: „The Early German Epigram. A Study in Baroque Poetry. Studies in Germanic Languages and Literatures No. 2” (1971), „weiter leben. Eine Jugend“ (1992. Die englische Übersetzung „Still Alive“, New York 2001 erschien mit einem Vorwort von Lore Segal), „Katastrophen. Über deutsche Literatur“ (1994), „Von hoher und niedriger Literatur“ (1996), „Frauen lesen anders. Essays“ (1996), „Dichter und Historiker. Fakten und Fiktionen“ (2000), „Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen“ (2001), „Gelesene Wirklichkeit. Fakten und Fiktionen in der Literatur“ (2006), „Gemalte Fensterscheiben“ (2007), „Lasker-Schüler, Else: in Theben geboren. Gedichte. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Ruth Klüger“ (1998)
L.: Bolbecher/Kaiser 2000, Ingrisch 2004, Ingrisch 2006, Lenzeder 1993, Liebrand 2003, Lorenz 1997, Müller-Kampel/Carnevale 2000, ÖNB 2002, Rybarski 1998, Wurzinger 2002, www.aeiou.at, www.onb.ac.at/ariadne/