Klepal, Waltraud

* 16.3.1943, Wien
Zoologin, Spezialgebiet Ultrastrukturforschung

Geboren 16.3.1943 in Wien; 1961-1969 Studium der Naturgeschichte, Physik und Chemie für das Lehramt an Mittelschulen (AHS) und Doktoratsstudium mit dem Nebenfach Paläontologie an der philosophischen Fakultät der Universität Wien. Ihre Dissertation mit dem Titel „Adriatische Chthamaliden und die Kombination ihrer variierenden Merkmale in Beziehung zur Umwelt“ schrieb sie bei Prof. Rupert Riedl am I. Zoologischen Institut der Universität Wien. Promotion zum Doktor der Philosophie am 11.2.1969.
Angeregt durch die faszinierende Forschung und die stimulierende Lehre von Prof. Riedl widmete sich W. K. während ihres Studiums besonders der Ökologie, Biologie und Morphologie der Seepocken (Cirripedia Thoracica, sessile marine Krebse). Ihr Interesse für diese Tiergruppe führte zu zahlreichen Auslandsaufenthalten in Europa, Afrika, Amerika und Australien. Zunächst arbeitete sie zwei Jahre, von 1969-1971, als Assistentin in Schottland bei Prof. Harold Barnes an der Scottish Marine Biological Association in Millport und Oban. Ab 1972 war sie Assistentin am I. Zoologischen Institut der Universität Wien unter der Leitung von Prof. Rupert Riedl.
Während ihres zweijährigen Forschungsaufenthaltes in Schottland hatte W. K. Zugang zu Elektronenmikroskopen und die Möglichkeit, die wichtigsten Präparationsmethoden zu erlernen. Diese damals noch jungen Techniken der Elektronenmikroskopie ließen Zusammenhänge von morphologischen Strukturen erkennen und eröffneten damit neue Einsichten in Ontogenie und Phylogenie von Organismen. Es entwickelte sich der Fachbereich Ultrastrukturforschung. Nach ihrer Rückkehr an die Universität Wien konnte sie als Hochschulassistentin, gefördert und unterstützt durch die Professoren Rupert Riedl und Friedrich Schaller, am Institut für Zoologie ein Labor für Elektronenmikroskopie einrichten. Von Anfang an standen Raster- und Transmissionselektronenmikroskop sowie die Geräte für die Probenpräparation allen Interessenten zur Verfügung. Das Labor für Elektronenmikroskopie wurde daher bald zu einer zentralen Einrichtung am Institut für Zoologie. Studierende, wissenschaftliche und technischen MitarbeiterInnen der heutigen Medizinischen Universität, der Universität für Bodenkultur und des Naturhistorischen Museums in Wien (um nur die größten Institutionen zu nennen) nutzten ebenfalls dieses Labor für Elektronenmikroskopie. Durch die neuen Möglichkeiten, die sich insbesondere den Morphologen eröffneten, wurde der Kreis der Nutzer immer größer. Da die erforderliche individuelle Betreuung durch das damals vorhandene Personal nicht mehr geleistet werden konnte wurden Schulungen an den Geräten notwendig. Damit auch Studierende die Möglichkeit zu selbständiger Arbeit an den Elektronenmikroskopen und in der Ultrastrukturforschung hatten hielt W. K. entsprechende Lehrveranstaltungen ab. Besonders die Praktika mit dem Motto „Learning by doing“ wurden bald wegen ihrer Einzigartigkeit nicht nur national sondern auch international bekannt und von Studierenden und Technischen AssistentInnen in Österreich und aus dem Ausland besucht. Mit der hier erhaltenen fundierten Grundausbildung waren die Absolventinnen und Absolventen qualifiziert, in jedem Elektronenmikroskopischen Labor zu arbeiten.
1984 habilitierte sich W. K. im Fach Zoologie mit besonderer Berücksichtigung der Ultrastrukturforschung mit der Arbeit „Ibla-cumingi (Crustacea, Cirripedia) – a gonochoristic species (anatomy, dwarfing and systematic implications)“. Es folgte die Etablierung der Abteilung Ultrastrukturforschung und die Bestellung zur Abteilungsleiterin. 1990 Verleihung des Titels außerordentlicher Universitätsprofessor. 1996-1999 war sie Stellvertreterin des Institutsvorstandes Prof. Jörg Ott am Zoologischen Institut der Universität Wien.
Dem Trend der Wissenschaft in Richtung korrelative Mikroskopie folgend, fusionierte W. K. 2005 ihre Abteilung mit der Abteilung „Zellphysiologie“ von Irene Lichtscheidl, die sich auf moderne Lichtmikroskopie spezialisiert hatte. Seither stellt die „Core Facility für Cell Imaging und Ultrastrukturforschung“ der Fakultät für Lebenswissenschaften die Licht- und Elektronemikroskopische Ausrüstung sowie ihre wissenschaftliche Expertise in beiden Fachrichtungen zur Verfügung. Von 2005-2008 war W. K. Leiterin dieser Core Facility. 2008 Pensionierung. Weiterhin Tätigkeit in Forschung und Lehre.
In ihrer Forschung befasste sich W. K. zunächst mit ökologischen Themen wie den Auswirkungen des Lebensraumes auf die Morphologie der von ihr gewählten Modellorganismen Cirripedia Thoracica. Sie untersuchte die taxonomisch wichtigen Merkmale Schale und Mundwerkzeuge adriatischer Chthamaliden und unter Einbeziehung elektronenmikroskopischer Methoden befasste sie sich mit der Vermehrungsbiologie von boreo-arktischen Cirripediern. Sie studierte die Anatomie der primären und sekundären Geschlechtsorgane und zellbiologische Themen wie verschiedene Arten von Zelltod bei der Degeneration der sekundären Geschlechtsorgane nach erfolgter Kopulation. Regeneration als Vorbereitung für die nächste Brutperiode, sowie die Entwicklung und der Abbau von Keimzellen waren ebenfalls Interessensschwerpunkte. In diesen Arbeiten sind die verschiedenen Arten von Zelltod und das Absterben von Geweben bei der Degeneration von Organen bei Evertebraten (wirbellosen Tieren) dokumentiert. W. K. befasste sich mit der Aufzucht von Larven und beobachtete deren Entwicklung. Später galt ihr Interesse der Anatomie von Ibla, einem gestielten Cirripedier mit basaler Stellung im System. In ihrer Habilitationsarbeit rekonstruierte sie die Weibchen und Zwergmännchen von Ibla cumingi und lieferte eine detailreiche 3D-Darstellung basierend auf Histologie und Elektronenmikroskopie. Diese Arbeit, und auch der Review-Artikel über die Zwergmännchen der Cirripedia Thoracica, haben in der Fachwelt große Bedeutung und werden auch nach Jahrzehnten noch zitiert.
Abgesehen von Studien über die Entwicklung von Zellen bis zu deren Absterben veröffentlichte W. K. auch Arbeiten über die extrazelluläre Matrix. Insbesondere nicht sensorische Cuticularstrukturen weckten ihr Interesse. Sie beobachtete anhand von REM-Untersuchungen das Entstehen, die Höherentwicklung und die damit verbundene Zunahme der Komplexität dieser Strukturen sowie deren Vorkommen und Verteilung in aufeinanderfolgenden ontogenetischen Stadien von voll entwickelten und reduzierten Krebsen. Mit diesen Arbeiten konnte W. K. zeigen, dass auch nicht sensorische Cuticularstrukturen ein Merkmal sind, anhand dessen phylogenetische Zusammenhänge erkannt werden können.
In neuerer Zeit arbeitet sie am schaumartigen Klebstoff einer gestielten Art von Cirripediern. Dieser Klebstoff hat eine Doppelfunktion: Er dient der Anheftung auf dem Substrat und er kann auch als Floß verwendet werden; damit wird ein sessiler Krebs sekundär mobil. Die Tiere driften nahe der Wasseroberfläche und verbreiten sich auf diese Weise in neue Gewässer. Ziel des laufenden FWF-Projektes ist es, neben der Aufklärung der morphologischen Struktur der Drüsenzellen, der ableitenden Kanäle und des polymerisierten Sekretes, Daten über die biochemische Zusammensetzung und über die mechanischen Eigenschaften dieses Klebstoffes zu gewinnen.
Jedes ihrer vielfältigen Interessensgebiete spiegelt sich in zahlreichen Arbeiten wider. Eine Auswahl der wichtigsten jeder Schaffensperiode ist nachfolgend angeführt.

Werke

Gem. mit Zheden, V. (Korresp. AutorIn) / Von Byern, J. / Kerbl, A. / Leisch, N. / Städler, Y. / Grunwald, I. / Power, A. M.: Morphology of the Cement Apparatus and the Cement of the Buoy Barnacle Dosima fascicularis (Crustacea, Cirripedia, Thoracica, Lepadidae). Biological Bulletin, Band 223, Nr. 2, 2012, S. 192-204.
Gem. mit Jonker, J. (Korresp. AutorIn) / Von Byern, J. / Flammang, P. / Power, A. M.: Unusual adhesive production system in the barnacle Lepas anatifera: An ultrastructural and histochemical investigation. Journal of Morphology, Band 273, Nr. 12, 2012, S. 1377-1391.
Gem. mit Power, A. M. / Zheden, V. / Jonker, J. / McEvilly, P. / Von Byern, J.: Mechanisms of adhesion in adult barnacles. In: Biological Adhesive Systems (von Byern, J. & I.Grunwald Eds.) Springer, Wien, New York, 2010 S.153-168.
Gem. mit Rentenberger, Ch. / Zheden, V. und Gruber, D.: Structural peculiarities of the penis of Semibalanus balanoides (Linnaeus, 1767) and Chthamalus stellatus (Poli, 1791) (Crustacea: Cirripedia: Thoracica). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 392, Nr. 1-2, 2010, S. 228-233.
Gem. mit Gruber, D. / Pflugfelder, B.: Natural cyclic degeneration by a sequence of programmed cell death modes in Semibalanus balanoides (Linnaeus, 1767) (Crustacea, Cirripedia Thoracica), Zoomorphology: an international journal of comparative and functional morphology, Band 127, Nr. 1, 2008, S. 49-58.
Gem. mit Leuhuber, K. / Hausott, B. / Marian, B.: Apoptosis in a tissue-like culture model of human colorectal adenoma cells. Tissue and Cell, Band 38, Nr. 3, 06.2006, S. 203-208.
Gem. mit Chabicovsky, M. / Dallinger, R.: Mechanisms of cadmium toxicity in terrestrial pulmonates: Programmed cell death and metallothionein overload. Environmental Toxicology and Chemistry, Band 23, Nr. 3, 03.2004, S. 648-655.
Gem. mit Reunov, A.: Ultrastructural study of spermatogenesis in Phoronopsis harmeri (Lophophorata, Phoronida). Helgoland Marine Research, Band 58, Nr. 1, 02.2004, S. 1-10.
Gem. mit Suwanjarat, J.: Ultrastructural investigations of euspermatogenesis and euspermatozoa in Cerithidea obtusa (Lamarck 1822) (Caenogastropoda : Potamididae). Marine Ecology, Band 22, Nr. 1-2, 05.2001, S. 23-34.
Spermatogenesis and spermatozoa of Aspidosiphon-muelleri (Sipunculida) – an ultrastructural-study. Journal of Submicroscopic Cytology and Pathology, Band 25, Nr. 2, 04.1993, S. 203-212.
The fundamentals of insemination in Cirripedes. Oceanography and Marine Biology, Band 28, 1990, S. 353-379.
A review of the comparative anatomy of the males in cirripedes. Oceanography and Marine Biology, Band 25, 1987, S. 285-351.
Ibla-cumingi (Crustacea, Cirripedia) – a gonochoristic species (anatomy, dwarfing and systematic implications). Marine Ecology, Band 6, Nr. 2, 1985, S. 89-119.
Morphogenesis and variability of cuticular structures in the genus Ibla (Crustacea, Cirripedia). Zoologica Scripta: An International Journal of Systematic Zoology, Band 12, Nr. 2, 1983, S. 115-125.
Ultrastructure of the epidermis and cuticle during the moult-intermoult cycle in 2 species of adult barnacles. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 49, Nr. 2-3, 1981, S. 121-149.
Gem. mit Kastner, R.: Morphology and differentiation of non-sensory cuticular structures in Mysidacea, Cumacea and Tanaidacea (Crustacea, Peracarida). Zoologica Scripta: an International Journal of Systematic Zoology, Band 9, Nr. 4, 1980, S. 271-281.
Gem. mit Barnes, H. / Barnes, M.: Studies on the reproduction of cirripedes.7. Formation and fine-structure of the fertilization membrane and egg case. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 36, Nr. 1, 1979, S. 53-78.
Gem. mit Barnes, H.: Ultrastructural study of formation of exoskeleton of stage I and stage II cirripede nauplii during embryonic-development. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 32, Nr. 3, 1978, S. 241-257.
Gem. mit Barnes, H. / Barnes, M.: Studies on reproduction of cirripedes.1. Introduction, copulation, release of oocytes, and formation of egg lamellae. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 27, Nr. 3, 1977, S. 195-218.
Gem. mit Barnes, H.: Studies on reproduction of cirripedes. 5. Pollicipes cornucopia Leach and Balanus balanus (L.) – Electron-microscope investigation of structure of oviducal sacs. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 27, Nr. 3, 1977, S. 261-287.
Gem. mit Barnes, H. / Barnes, M.: Studies on reproduction of cirripedes .6. Passage of spermatozoa into oviducal sac and closure of pores. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 27, Nr. 3, 1977, S. 289-304.
Gem. mit Barnes, H. / Barnes, M.: Organic and inorganic composition of some cirripede shells. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 21, Nr. 2, 1976, S. 119-127.
Gem. mit Barnes, H.: Transmission of radiation through cirripede shells – its relation to penetration of endolithic algae and photic responses. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 21, Nr. 3, 1976, S. 235-248.
Gem. mit Barnes, H.: Further observations on ecology of Chthamalus depressus (Poli). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 17, Nr. 3, 1975, S. 269-296.
Histological and scanning electron-microscope study of formation of wall plates in Chthamalus-depressus (Poli). Gem. mit Barnes, H.: Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 20, Nr. 2, 1975, S. 183-198.
Gem. mit Barnes, H.: Structure of wall plate in Chthamalus-depressus (Poli). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 20, Nr. 3, 1975, S. 265-285.
Gem. mit Munn, E. / Barnes, H.: Fine-structure and possible function of sensory setae of penis of Balanus-balanoides (L.). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 14, Nr. 2, 1974, S. 89-98.
General biology of Verruca-stroemia ( Müller). 4. Effect of salinity and temperature on survival, behaviour, and osmotic relations. Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 14, Nr. 1, 1974, S. 37-46.
Gem. mit Barnes, H.: Regeneration of penis in balanus-balanoides (L.). Journal of Experimental Marine Biology and Ecology, Band 16, Nr. 3, 1974, S. 205-211.

Literatur / Quellen

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BiografieautorIn:

Irene Lichtscheidl