Kalter Sabine, Aufrichtig-Kalter; Sängerin

Geb. Jaroslaw, Galizien (Polen), 28.3.1889

Gest. London, Großbritannien, 1.9.1957

Herkunft, Verwandtschaften: S. K. (laut „Lexikon der Juden in der Musik“ Sabine Aufrichtig-Kalter) wird am 28.3.1889 in Jaroslaw, einer Stadt in Galizien geboren. Sie verbringt ihre Kindheit in Budapest.

Ausbildungen: Ihr Gesangsstudium absolviert sie am Wiener Konservatorium bei Rosa Papier.

Laufbahn: S. K. debütiert an der Wiener Volksoper 1911 in Wagners „Lohengrin“ als Ortrud. 1914 gibt sie im Hamburger Stadttheater, das nach 1933 in Hamburger Staatsoper umbenannt wird, Konzerte. Fest engagiert ist S. K. an diesem Haus für die Saisonen 1915/16 bis 1934/35. Darüber hinaus gibt K. in den zwanziger Jahre Gastspiele in Belgien, Frankreich und Spanien. 1924 gastiert der Hamburger Star erstmals an der Wiener Staatsoper. S. K. ist das letzte jüdische Ensemblemitglied der Hamburger Staatsoper. Sie tritt dort erfolgreich in der Titelrolle von Verdis „Lady Macbeth“ und sogar weiterhin als Ortrud in Wagners „Lohengrin“ auf. Im Jänner 1935 flüchtet K. nach England, wo sie noch im April desselben Jahres ihr Debüt als Brangäne in Wagners „Tristan“ am Royal Opera House Covent Garden gibt. Bis 1939 tritt S. K. dort als Fricka, Ortrud und Brangäne auf. Durch ihre Auftritte als Wagner-Sängerin kommt S. K. auch mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland zusammen. Sie singt z. B. auch unter dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler. S. K. absolviert eine Tournee durch die Niederlande und hat Auftritte in Brüssel und Paris. 1937 lädt der Jüdische Kulturbund S. K. nach Hamburg zu einem Liederabend ein. Sie nimmt die Einladung an und singt Lieder von Gustav Mahler. Ab 1939 wandte sich S. K. ganz dem Konzertsaal und der Lehrtätigkeit zu. 1941 hat sie einen Auftritt in der Nationalgalerie mit Liedern von Franz Schubert, Hugo Wolf und Johannes Brahms. Einen großen Erfolg zum Abschluss ihrer Karriere kann S. K. noch verzeichnen: die bereits über 60-jährige Sängerin tritt noch einmal in Hamburg mit einem Liederabend auf. Der Lebenslauf von S. K. deckt sich bis zu einem gewissen Grad mit anderen GesangskünstlerInnen ihrer Epoche. Die Vertreibung aus den von den Nationalsozialisten beherrschten Gebieten bestimmt vor allem bei als jüdisch deklarierten KünstlerInnen den privaten Lebenslauf und die Karriere. Die Fähigkeit S. K.s, die „urgermanischen“ Wagner-Heldinnen zu verkörpern, und die großen Erfolge die sie damit im Deutschland verzeichnen kann, bewahren sie nicht vor der Notwendigkeit, vor den Nationalsozialisten zu flüchten. S. K. kann im Gegensatz zu anderen, nach Großbritannien emigrierten MusikerInnen, im Asylland ihre Karriere, wenn auch in einem bescheidenerem Ausmaß, fortsetzen. Der Jüdische Kulturbund, dessen Einladung zu einem Liederabend S. K. 1937 annimmt, setzte sich ausschließlich aus jüdischen Mitwirkenden und jüdischem Publikum zusammen. Er wurde als jüdisches Gegenstück zur Reichskulturkammer gesehen und war in jüdischen Kreisen nicht unumstritten. S. K. singt an diesem Abend unter anderem Lieder von Gustav Mahler. Vortragende an der VHS (Volksheim) Ottakring

Qu.: Literaturhaus/Exilbibliothek; Judaica-Archiv.

L.: Pass/Scheit/Svobota 1995, Raab-Hansen 1996, Stengel/Gerigk 1940, Weber 1994, Weissweiler 1999, Wulf 1993

 

Karin Nusko