Federn Hilde; Kindergärtnerin und Erzieherin
Geb. Wien, 26.10.1910
Gest. Wien, 19.1.2005
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Alois Paar (†1949), Buchhalter, baute später eine eigene Firma auf, die Bau-, Portal-, und Glasschleiferei „Gebrüder Paar“. Mutter: Theresia Grünwald (*1889), Korrespondentin bei Herzmansky und später in der Familie ihres Mannes tätig. Die Eltern waren nicht verheiratet und hatten sich nach der Geburt ihrer Tochter getrennt. Von der jüdischen Herkunft ihrer Mutter, Theresia Grünwald, wusste sie nichts. Die ersten beiden Lebensjahre verbrachte sie bei Zieheltern, dann kam sie zu ihren Großeltern väterlicherseits nach Wien-Stadlau. 1924 kam sie zu ihren Eltern.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1947 Heirat mit Ernst Federn (1914–2007); Sohn: Thomas (*1950).
Ausbildungen: Besuchte die „Höhere Töchterschule Weiser“ und 1926 bis 1930 die private Sprachschule Weiser, legte eine Staatsprüfung ab, mit der sie berechtigt gewesen wäre, Englisch und Französisch zu lehren. Trat in die Städtische Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt ein, erhielt 1932 das Befähigungszeugnis als Kindergärtnerin. 1937/38 besuchte sie das heilpädagogische Seminar der Fürsorgeschule.
Laufbahn: War bestrebt, an der Entwicklung einer fortschrittlichen Kinderpädagogik im „Roten Wien“ teilzuhaben. Durch eine Aufnahmesperre fand sie keine geeignete Stelle als Kindergärtnerin. H. P. verdingte sich als Privaterzieherin und kam so in familiären Kontakt mit der intellektuellen Elite der Stadt. Die Kinder Annie und Wilhelm Reichs zählten ebenso zu ihren Schützlingen wie der Enkel Leo Trotzkis, Sewo Wolkow; inhaltliche Bezugspunkte waren die Pionierinnen der Kinderanalyse: Anna Freud und Anna Mänchen-Helfen. Ab 1928 Mitglied der SDAPÖ. Nach 1934 war sie selbst nicht mehr politisch tätig, aber in die politischen Aktionen von Ernst Federn involviert. 1934/35 arbeitete sie in einem privaten Kinderheim, danach in einem Montessorikindergarten. Ab 1936 war sie als Erzieherin des Neffen von Ernst Federn tätig. Wegen Besitzes von illegalem sozialistischen Schrifttums wurden sie und ihr späterer Ehemann verhaftet und verhört, nach sechs Wochen, im Mai 1936, wurde sie wieder entlassen. Diese Vorstrafe verhinderte eine Anstellung in öffentlichen Kindergärten. Als „Halbjüdin“ konnte sie ihren späteren Mann, der am Tag der geplanten Hochzeit inhaftiert wurde und später nach Dachau kam, durch Lebensmittelpakete und Amtswege unterstützen. H. P. galt nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen, als eine „Person gemischten Blutes“. So durfte sie die Beziehung zu Federn aufrechterhalten. Wäre H. P. „Arierin“ gewesen, hätte man sie wegen „Rassenschande“ eingesperrt; wäre sie „Volljüdin“ gewesen, hätte man sie deportiert. So sehr sie sich auch um die Entlassung ihres Lebensgefährten bemühte, sie hatte keinen Erfolg. Als ihr Vater zwangseingezogen wurde, musste sie im elterlichen Geschäft helfen. Sie durfte nach dem Krieg nur aus Wien ausreisen, weil sie eine gefälschte Identitätskarte ihres Lebensgefährten, die ihn als Belgier auswies, vorweisen konnte. In Brüssel traf sich das Paar wieder und konnte endlich heiraten, eine Grundvoraussetzung für eine Emigration in die USA. Das Ehepaar schiffte sich am 1. Jänner 1948 in Rotterdam in Richtung USA ein. 1972 auf Einladung des damaligen Justizministers Christian Broda nach Wien zurückgekehrt, wirkte sie am Aufbau des Sigmund Freud Museums mit.
L.: Kuschey 2003, Kaufhold 2001, Kaufhold 2005, http://www.hadassah.at/, http://www.padd.at/