Elisabeth von Goerz-Tirol; Frau König Albrecht I. von Habsburg (1298-1308)
Geb. vermutlich 1262 oder 1263
Gest. 1313
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Graf Meinhard II. von Görz-Tirol (†1235) und Elisabeth von Bayern (†1235), die in erster Ehe mit dem Staufer Konrad IV. (1250-1254) verheiratet war; Geschwister: Otto (†1310), Graf von Tirol-Görz (1295-1310), Herzog von Kärnten 1295-1310, verheiratet mit Euphemia von Schlesien Breslau (†1347); Albert (†1292), verheiratet mit Agnes von Hohenberg (†1293), Nichte König Rudolfs I. von Habsburg (†1292); Ludwig (†1305), Graf von Tirol-Görz (1295-1305), Herzog von Kärnten (1295-1305); Heinrich (†1335), Graf von Tirol-Görz (1295-1335), Herzog von Kärnten (1295-1335), König von Böhmen (1307-1310) verheiratet in erster Ehe mit Anna von Böhmen (†1313), in zweiter Ehe mit Adelheid von Braunschweig (†1320), in dritter Ehe mit Beatrix von Savoyen; Agnes (†1293), verheiratet mit Friedrich dem Freidigen, Markgraf von Meißen, Landgraf von Thüringen (†1323); Halbruder: König Konrad (Konradin) enthauptet (†1268), aus der Ehe von E.s Mutter König Konrad IV. (†1254).
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit König Albrecht I. (1298-1308); nach einer Quelle soll sie einundzwanzig Kinder geboren haben, bekannt sind elf Kinder: Anna (geboren in den späten 1270iger Jahren, †1327) mit Hermann von Brandenburg (†1317) in erster Ehe, mit Heinrich Herzog von Schlesien und Herr von Breslau (†1335) verheiratet; Agnes (geboren 1280, †1364), verheiratet mit Andreas III. von Ungarn (1290-1301); Rudolf III. (geboren 1281, †1307), verheiratet in erster Ehe mit Blanche von Frankreich, in zweiter mit Elisabeth-Rixa von Polen und Böhmen (†1335); Friedrich (geboren 1289, †1330) 1314-1330 deutscher König, verheiratet mit Isabella (Elisabeth) von Aragón (†1330); Elisabeth (geboren, †1352), verheiratet mit Friedrich V. (Ferri IV.) von Lothringen (†1329); Leopold (geboren 1293, †1326), verheiratet mit Katharina von Savoyen (†1336); Katharina (geboren 1295, †1323), verheiratet mit Karl von Kalabrien (Anjou) (†1328); Albrecht (geboren 1298, †1358), verheiratet mit Johanna von Pfirt (†1351); Heinrich (geboren 1298, †1327), verheiratet mit Elisabeth von Virneburg (†1343); Meinhard († um 1300); Otto (geboren 1301, †1339), verheiratet in erster Ehe mit Elisabeth von Niederbayern (†1330), in zweiter mit Anna von Luxemburg (Böhmen) (†1338); Guta (geboren †1329), verheiratet mit Ludwig von Öttingen.
Laufbahn: Aufgewachsen am Tiroler Hof ihrer Eltern, wurde sie mit zehn Jahren zur Bekräftigung des Bündnisses zwischen Meinhard und Rudolf von Habsburg (1278-1283) mit dessen ältesten Sohn Albrecht verlobt. Am 20. November 1274 erfolgte die Hochzeit. 1283 folgte ihr Mann seinem Vater als Herzog von Österreich und der Steiermark nach, der auch wie sein Vater 1298 die Königswürde erlangte. Am 16. November 1298 wurde sie vom Mainzer Erzbischof in Anwesenheit aller Kurfürsten und zahlreicher geistlicher und weltlicher Großer feierlich zur Königin gekrönt. Albrecht war bereits in der politisch schwierigen Situation nach dem Schlachtentod des Gegenkönigs Adolfs von Nassau (1292-1298) in der Schlacht von Göllheim am 2. Juli 1298, und nachdem dieser erneut am 27. Juli 1298 zum König gewählt worden war, in Aachen vom Kölner Erzbischof zum König gekrönt worden. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich E. noch in Österreich aufgehalten.
Aufgrund erbrechtlicher Auseinandersetzungen mit seinem Neffen Johann „Parricida“ wurde Albrecht am 1. Mai 1308 von diesem und einigen Mitverschwörern auf recht heimtückische Weise in der Nähe der habsburgischen Stammburg ermordet. E. war somit zur Witwe geworden. Während ihrer Ehe mit Albrecht soll E. einundzwanzig Kindern das Leben geschenkt haben, von denen elf bekannt sind. Sie wurde damit zur Stammmutter aller späteren Habsburger.
Der im Anschluss an die Ermordung Albrechts erfolgte Rachefeldzug der Familie gegen die Mörder, der durch deren erfolgten Ächtung seitens des neuen Königs Heinrich VII. (1308-1313) am 18. September 1309 auch rechtlich legitimiert erschien und in der Hinrichtung des Grafen Rudolf von Wart als einem der Mitverschwörer mündete, wurde in der zeitgenössischen und spätmittelalterlichen Historiographie von einigen Schreibern E. als der treibenden Kraft angelastet und sie im Sinne einer wütenden Furie dargestellt (Ottakar, Österreichische Reimchronik). In der modernen Geschichtsschreibung jedoch erfuhr diese Sichtweise Widerspruch und wurde als Zerrbild habsburgerfeindlicher und vornehmlich späterer Quellen (Adolf Grauert) beurteilt. Am Ort der Bluttat hatte schließlich E. mit ihrer Familie ganz in habsburgischer Tradition, die Habsburger waren den neu aufgekommenen Bettelorden sehr verbunden, Königsfelden, ein Doppelkloster der Franziskaner, ins Leben gerufen, das zum habsburgischen Hauskloster wurde.
Zweifelsohne entfaltete E. ihr politisches Geschick und wirtschaftliches Gespür verbunden mit sozialen Aktivitäten als Witwe. In der zu ihrem Wittum gehörenden Stadt Steyr gründete sie ein Hospital für arme Leute und stattete es aus. Ihr besonderes wirtschaftliches Interesse galt der Salzproduktion in Hallstatt, wo sie wahrscheinlich 1305 ein Bergwerk eröffnete, wodurch alsbald so hohe Produktionsmengen zutage gefördert werden konnten, dass sie 1313 gleichzeitig mehrere Klöster und geistliche Einrichtungen mit je 30 Fuder Salz begünstigen konnte.
Bereits zu Lebzeiten Alberts, dessen Herrschaft ständig durch Oppositionen bedroht war, hatte sie ihren politischen Einfluss im Bereich der Friedensvermittlung und Konfliktbewältigung zum Einsatz gebracht, und sie soll mehrere Auseinandersetzungen zwischen Albrecht und den gegnerischen Adeligen entschärft haben. 1288 trat sie für die wegen Teuerung und Bedrohung ihrer Rechte aufständischen Wiener ein.
Als sehr wahrscheinlich kann ihre Anwesenheit beim Begräbnis Albrechts I. und den in Anschluss daran erfolgten Ausgleichsverhandlungen mit König Heinrich VII. (1308-1313) im September 1309 erachtet werden. Ungeklärt ist, ob sie auf die recht schwierigen Gespräche, die in der Belehnung ihrer Söhne mit ihren Ländereien mündeten sowie in der Verfolgung der Mörder Albrecht I. gipfelten, direkt involviert war. In den schwäbischen-burgundischen habsburgischen Stammlande, die Leopold regierte, und im österreichisch-steierischen Herzogtum, das Friedrich der Schöne lenkte, war sie bis zu ihrem Tod 1313 aktiv an den Regierungsgeschäften beteiligt. Dabei fungierte sie vor allem als Streitschlichterin in den Zwistigkeiten zwischen Herzog Friedrich mit den Wittelsbachern und mit Heinrich von Kärnten. Bei der Beendigung der 1309 begonnenen Fehde zwischen Otto III. von Niederbayern (1290-1312) und Friedrich von Österreich, die durch den Passauer Friedensschluss vom 23. April 1311 in Anwesenheit zahlreicher geistlicher und weltlicher Würdenträger aus der Welt geräumt wurde, war sie die treibende Kraft und federführend bei den Verhandlungen beteiligt. Im Juli desselben Jahres gelang es ihr in Salzburg, im Konflikt zwischen ihrem Bruder Heinrich von Kärnten, der mit Anna von Böhmen (†1313) verheiratet war, und nach dem Tod seines Schwagers Wenzel II. (†1305) versuchte, die böhmische Königskrone zu erringen und ihren Söhnen, die ebenfalls an Böhmen interessiert waren, einen Ausgleich zu erreichen, wozu sie auch finanzielle Mittel beisteuerte.
Schließlich unterstützte sie aktiv, die aragonesischen Beziehungen ihres verstorbenen Mannes fortführend, die Heirat Isabellas von Aragón, Tochter König Jaymes (Jakobs) II. von Aragón (1264-1327), mit ihrem Sohn Friedrich dem Schönen. E.s aktive Rolle in der Politik zu Lebzeiten ihrs Mannes und dann als Witwe war weniger Reichspolitik, vielmehr Familienpolitik, bezogen auf die habsburgischen Territorien.
Am 28. Oktober 1313 ist sie gestorben. Gemäß ihrem Testament wurde sie in Königsfelden beerdigt.
L.: Baum 2000, Dopsch 1993a, Fößel 2000, Friess 1890, Hödl 1980, Krieger 1994, Lhotsky 1967, Liebertz-Grün 1991, Riedmann/Hörmann/Hastaba 1995, Siva 1953, Siva 1953a, Siva 1978
Ingrid Roitner