Deming, Julia

* 8.10.1891, Oswego, New York, USA, † 5.3.1968, Boston, Massachusetts, USA
Psychoanalytikerin

Die Kinderanalytikerin J. D. stammte aus Oswego in Kansas, USA. Sie besuchte das Bryn Mawr College und das Women’s Medical College in Philadelphia, wo sie 1922 ihr Medizinstudium abschloss. Sie absolvierte ihre psychiatrische Facharztausbildung am Boston Psychopathic Hospital und war anschließend von 1928 bis 1931 leitende Psychiaterin im ”New England Home for Little Wanderers“, einem Heim für psychisch kranke Kinder in Boston. Aus dieser Zeit stammte ihre erste psychoanalytische Arbeit ”Problems presented by children of parents forced to marry“.
Um eine Lehranalyse bei Anna Freud absolvieren zu können, ging J. D. 1932 nach Wien. Als ihre KontrollanalytikerInnen fungierten Helene Deutsch und August Aichhorn. Sie besuchte die Arbeitsgruppe für Kinderpsychoanalyse, die Jenny Wälder und Berta Bornstein für amerikanische AnalytikerInnen eingerichtet hatten, und nahm an Anna Freuds kinderanalytischem Fallseminar teil. Als Dorothy Burlingham und Edith Jackson 1937 den experimentellen Kindergarten ”Jackson Day Nursery” für Kleinkinder aus Wiener Arbeiterfamilien eröffneten, war J. D. für die Verpflegung der Kinder zuständig. Über ihre Erfahrungen führte sie ein Tagebuch, in dem sie die Verhaltensweisen der Kleinkinder dokumentierte.
Zusammen mit anderen amerikanischen KandidatInnen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) übersetzte sie August Aichhorns Buch „Verwahrloste Jugend“ ins Englische, eine Thematik, die bis heute traurige Relevanz besitzt. J. D. übersetzte auch Steff Bornsteins Aufsatz „Eine Kinderanalyse“ ins amerikanische Englisch. 1937 wurde sie als außerordentliches Mitglied in die WPV aufgenommen.
Nach dem „Anschluss“ Österreichs befand sich J. D. kurzzeitig in Gewahrsam der Deutschen. Nach ihrer Freilassung beteiligte sie sich an der Rettung von Sigmund und Anna Freud. 1938 kehrte sie nach Boston zurück, wo sie als Lehranalytikerin, Schatzmeisterin und Vizepräsidentin der Boston Psychoanalytic Society and Institute tätig war und als Psychiaterin u. a. am Philadelphia General Hospital und am Massachusetts Mental Health Center praktizierte. Sie starb im Alter von 76 Jahren in Philadelphia.

Werke

Problems presented by children of parents forced to marry. In: American Journal of Orthopsychiatry 2, Issue 1, 1932, S. 70-82.
Foster home and group placement. In: American Journal of Orthopsychiatry 10, 1940, S. 586-594.
Group placement of adolescents. In: Mental Hygiene 26, 1942, S. 631-640.

Literatur / Quellen

Kaufhold, R.: Bettelheim, Ekstein, Federn: Impulse für die psychoanalytisch- pädagogische Bewegung. Psychosozial-Verlag, 2001.
Kerbl, B.: Die weiblichen Mitglieder der Wiener psychoanalytischen Vereinigung. Diplomarbeit an der Universität Wien, 1992.
Malberg, Norka T. / Raphael-Leff, J.: The Anna Freud Tradition. Lines of development. Evolution of theory and practice over the decades. Karnac Books, London, 2012.
Morris Dorsey, J.: American Psychiatrist in Vienna, 1935-1937 and His Sigmund Freud. Wayne State University Press, 1976 .
Mühlleitner, E. / Reichmayer, J.: Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch- Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902-1938. Brandes & Apsel, Tübingen, 1992.

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