Adler-Herzmark, Jenny
* 19.5.1877, Riga, Lettland, † 1950, Chicago, Illinois, USA
Ärztin und Übersetzerin
Studium der Medizin bis 1899, Universität Zürich; 1901–1903 an der medizinischen Klinik tätig; 16.4.1904 Promotion; Umzug nach Wien; 29.3.1909 Heirat mit Dr. Max Adler, Theoretiker des Austromarxismus; 29.4.1910 Nostrifikation ihres Studiums durch die Universität Wien; 1910: Geburt der Tochter Lore; 1913 Geburt des Sohnes Robert; Lehrerin der Gesundheitslehre, Kinderfreunde-Schule in Schönbrunn; Gewerbeärztin und Chefärztin der Gewerbeinspektion; 1932 Austritt aus der Ärztekammer; 1.7.1939 Emigration nach Frankreich, 1942 in die USA, dort 1950 verstorben.
J. A.-H. studierte bis 1899 Medizin an der Universität von Zürich. Von 1901 bis 1903 war sie an der medizinischen Klinik tätig. Am 16. April 1904 promovierte sie mit ihrer Dissertation „Zur Kasuistik der Nebenverletzungen bei Laparotomien“.
Danach verlagerte sie ihren Lebensmittelpunkt nach Wien. Ihr Studium wurde am 29. April 1910 von der Universität Wien nostrifiziert. Am 29. März 1909 heiratete sie Dr. Max Adler, Trauzeugen waren Carl und Dr. Oskar Adler. Die beiden waren schon länger befreundet, angeblich sträubte sich Max gegen die Ehe, doch anscheinend hat sich J. A.-H. durchgesetzt.
Der studierte Jurist Max Adler war eine zentrale Figur des Austromarxismus. Er war ein wichtiger Theoretiker und veröffentlichte zahlreiche Schriften zu Marxismus und Sozialismus, außerdem hielt er Vorträge in Jugendorganisationen und unterrichtete an der Arbeiterhochschule. Auch J. A.-H. engagierte sich in der österreichischen Arbeiterbewegung. Sie unterrichtete Gesundheitslehre an der Kinderfreunde-Schule in Schönbrunn, hielt Vorträge und verfasste verschiedene Schriften zu Unfallverhütung und Gewerbehygiene. Ihre Gesinnung ist auch an der Auswahl der von ihr aus dem Russischen übersetzten Literatur erkennbar (s. u.). Ihren Beruf als Ärztin übte sie weiterhin aus, arbeitete als Gewerbeärztin und zuletzt als Chefärztin der Gewerbeinspektion. 1932 trat sie aus der Ärztekammer aus.
J. A.-H. und Max Adler hatten zwei Kinder: 1910 wurde Lore geboren, die später in London lebte, drei Jahre später Robert, der in den USA als Physiker arbeitete. Über das Privatleben der Familie Adler ist wenig bekannt. Sie wohnten in der Wiener Josefstädter Straße, ihr Lebensstil wird als kleinbürgerlich-bescheiden geschildert. Die Tochter Lore beschrieb die Beziehung ihrer Eltern als Gemeinschaft zweier selbständiger Menschen, die einander achteten. Politisch stand J. A.-H. angeblich links von ihrem Mann.
Dr. Max Adler starb am 27. Juni 1937, er ist am Wiener Zentralfriedhof begraben. Dr. J. A.-H. verließ am 1. Juli 1939 Österreich und emigrierte über Frankreich, wo sie bis 1942 blieb, in die USA, wo sie 1950 verstarb.
Literatur / Quellen
Feikes, R.: Emigration jüdischer Wiener Ärzte ab 1938 in die USA, speziell nach New York. Band 2. Wien, 1999.
Pfabigan, A.: Max Adler. Eine politische Biographie. Campus Verlag, Frankfurt, New York, 1982.
Rešetnikov, F.: Die Leute von Podlipnaja. Verlagsbuchhandlung Carl Konegen, Wien, 1907.
IKG; MA 8
Werke
Schriften
Zur Kasuistik der Nebenverletzungen bei Laparotomien, Diss., Universität Zürich, 1904.
Allgemeine Gewerbehygiene für Arbeiter. Zentralgewerkschaftskommission des Dt. Gewerkschaftsbundes in der Tschechoslowakei, 1921.
Hygiene der Frau. Frauenreichskomitee, Zentralstelle für das Bildungswesen, 1925.
Gem. mit Mekiska, H.: Der praktische Arbeiterschutz. Unfallverhütung und Gewerbehygiene, 1925.
Gem. mit Küchler, Ingeborg: Erste Hilfe bei Unfällen: mit einem Anhang über zivilen Luftschutz und Rettungsschwimmen. Schadenverhütung Verlag- Ges., 1932.
Übersetzungen
Berezovskij, A. P.: Die Odyssee des „Knjas Potemkin“. Tagebuchblätter von Kirill, Mitgl. d. revolut. Schiffscomités [d.i. A. P. Berezovskij]. Ignaz Brand, Wien, 1906. 1908 u. d. T. Unter der Flagge der Revolution.
Rěšetnikov, Feodor Michajlovič: Die Leute von Podlipnaja, Carl Konegen, 1907.
Kuprin, Aleksandr: Der Moloch und andere Novellen. Carl Konegen, Wien, 1907.