Wutka Antonie; Erzieherin
Geb. Wien, 7.9.1763
Gest. Wien, 5.1.1824
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Engelbert Wutka. Liquidator des k. k. Pulver- und Salniterwesens. Mutter: geb. von Schlössern. Sie hatte fünf Geschwister. Beide Eltern starben 1769 im Abstand von nur 18 Tagen.
Laufbahn: Der Zeit entsprechend wurde das Waisenkind nur notdürftig im Lesen und Schreiben unterrichtet. Da sie selbst zu Lesen verlangte gab man ihr das Kindermagazin von Marie Le Prince de Beaumont in die Hand, was nach ihrer eigenen Aussage später den Anstoß gab, sich als Erwachsene intensiv mit Erziehung zu beschäftigen. Im Geheimen lernte sie alleine französisch zu lesen. Durch einen späteren Kontakt mit einem Franzosen konnte sie sich auch die Aussprache aneignen. Ab ihrem 16. Lebensjahr kümmerte sich Josef Friedrich Freiherr von Retzer um ihre Ausbildung und sie begann Schriften von Sophie de La Roche zu lesen. Mit 21 Jahren trat sie als Kostgängerin in das Ursulinenkloster in Laibach ein, da sie nach eigener Aussage „unvermögend und durch Vernachlässigung ihrer ersten Jugend von mißrathener Gestalt war“, also zu der damaligen Zeit keine Heiratschancen hatte. 11 Monate später jedoch trat die Verordnung Kaiser Joseph II. in Kraft, die besagte, dass keine Frau über 20, die nicht für immer im Kloster bleiben will, dort leben darf. W. bot daraufhin ihre Arbeitskraft unentgeltlich dem Kloster an und verblieb als Lehrerin in der Erziehungsschule. Nach kurzer Zeit erhielt sie den Auftrag, eine gut eingerichtete Erziehungsschule zu entwerfen. Ihre Ideen wurden angenommen und dem Kloster als Schulgesetz übergeben. Sie war drei Jahre lang als öffentliche Lehrerin beschäftigt und ließ sich selbst nebenbei weiter ausbilden. Nach mehreren, wahrscheinlich durch Neid hervorgerufenen, ungerechtfertigten Anschuldigungen, verließ sie die Lehranstalt und übernahm die Erziehung mehrerer Mädchen in Laibach. Später war sie als Erzieherin in St. Veit, Kärnten tätig, bis die Kinder für die sie dort verantwortlich war, in Pensionate geschickt wurden. Sie errichtete danach eine Mädchenschule in Klagenfurt, die bis zum Einmarsch der Franzosen sehr erfolgreich war. Danach kehrte sie nach Wien zurück und lebte bei ihren Tanten. Nach Ausbruch einer Krankheit zog sie zu einem fernen Verwandten in Böhmen und begann mit dem Schreiben von Erziehungsmaterialien. Der Verwandte fand diese Schriften und bestürmte W. angeblich, diese drucken zu lassen. Der erste Band ihrer „Encyclopädie für die weibliche Jugend“ erschien 1802 in Prag. Ein kaiserliches Dekret vom 16. November 1804 bestätigte ihr, dass dieses Werk zu den nützlichen Geistesprodukten zählt, sie erhielt außerdem hundert Dukaten. Die Autorin übersiedelte zu einem Geistlichen nach Znaim, übernahm die Erziehung von dessen Neffen und übergab der kaiserlichen Studien- und Hofkommission ihr Werk zur Überprüfung als Lehr- und Lesebuch für die weiblichen Erziehungsinstitute. Die 198 Gespräche in insgesamt 12 Bänden sollten junge Mädchen moralisch stärken und sie unter anderem in Religion, Weltgeschichte und Naturgeschichte bilden. Ihre Bände, zumindest die ersten, durften nicht von den Kindern selbst gelesen werden, sondern mussten vorgelesen werden. Männer sollten das Buch nicht in die Hand bekommen. Im Vorwort zu ihrem Werk macht sie auf die damaligen vermeintlichen Erziehungsfehler aufmerksam, zum Beispiel das gemeinsame Unterrichten von Buben und Mädchen und beklagt sich über den „Sittenverfall“ der Jugend. Das Bücherschreiben ist für Frauen nach W. trotzdem verwerflich.
W.: „Encyklopädie für die weibliche Jugend. 12 Bände“ (1812-1816)
L.: Blumesberger 2001b, Blumesberger 2007d, Blumesberger 2008, Ewers/Seibert 1997, Seibert 1987
Susanne Blumesberger