Werbik Maria; Lehrerin und Politikerin
Geb. Botenwald, Mähren (Butovice, Tschechien), 27.6.1890
Gest. ?
Herkunft, Verwandtschaften: M. W. wird am 27.6.1890 in Botenwald, einem Ort in Mähren, als Tochter eines Arztes geboren. Die Familie gehört der evangelischen Kirche an. M. W. besucht die Bürgerschule und erwirbt die Lehrbefähigung für Englisch.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1912 heiratet sie den aus Brünn stammenden 24jährigen Friedrich Werbik. Er ist ebenfalls als Lehrer ausgebildet. 1913 übersiedelt das junge Paar nach Linz. M. W. bekommt im Laufe ihrer Ehe zwei Kinder.
1915-1917 dient Friedrich Werbik als Offizier der k.u.k. Armee im Ersten Weltkrieg. Von 1917-1919 ist er Direktor einer Handelsschule in Prag. Nach Ende des Ersten Weltkrieges wird er Direktor der Linzer Treuhandgesellschaft, einer Firma, die von dem 1919 verstorbenen Carl Beurle, einem führenden Linzer Deutschnationalen, gegründet worden und mit den ökonomischen Konzentrationsprozess der österreichischen Brauereien verbunden ist. 1921 beginnt Friedrich Werbik seine berufliche Laufbahn als Prokurist in der Linzer Brauerei, in welcher er bald darauf den Posten des Direktor-Stellvertreters innehat. 1925 tritt er der NSDAP bei.
Laufbahn: M. W. leitet die „Völkische Frauen- und Mädchengruppe“ und wird 1927 Obfrau dieser Gruppe, die sich nun unter ihrer Leitung auch ausdrücklich der NSDAP, der M. W. 1923 beitrat, zuordnet. 1927 kandidiert M. W. auf der antimarxistischen Einheitsliste für den Linzer Gemeinderat und erlangt ein Ersatzmandat. Im Jänner 1929 wird sie Mitglied des Linzer Gemeinderates, dem sie bis 1931 angehört. In dieser Funktion ist sie Mitglied des Ausschusses für Wohnungsfürsorge und des Ausschusses für städtisches Wohlfahrtswesens. M. W. ist eine aktive Gemeindepolitikerin, wie sich durch ihre zahlreichen Wortmeldungen im Gemeinderat und ihre Teilnahme an Debatten in den jeweiligen Ausschüssen belegen lässt.
Nach ihrem Ausscheiden aus der Kommunalpolitik intensiviert M. W. ihr Engagement für die NSDAP und wird 1932 zur NS-Landesfrauenschaftsleiterin für ganz Österreich ernannt. Sie ist somit auch Herausgeberin der ab Oktober 1932 in Linz erscheinenden Monatszeitschrift der NS-Frauenschaft Österreich „Die deutsche Frau“. Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich ist M. W. ab 1933 eine Zentralfigur der illegalen nationalsozialistischen Frauengruppen, ihr Handlungsspielraum bleibt aber regional eingeschränkt.
1935 flüchtet die Familie Werbik nach Deutschland, da vor allem Friedrich Werbik, als eine führende Gestalt der illegalen NSDAP, die Verfolgung durch die österreichischen Behörden zu fürchten hat. Er übernimmt in München eine Stelle in der Reichszeugmeisterei der NSDAP. Als Trägerin des goldenen Ehrenzeichens der NSDAP erhält M. W. die deutsche Staatsbürgerschaft und ist während ihres Aufenthaltes in Deutschland in der NS-Frauenschaft tätig. 1938 kehrt das Ehepaar Werbik nach Linz zurück. Friedrich Werbik wird NS-Betriebsführer der Linzer Brauerei und Rat der Stadt Linz (1939-1945). Ab dem Jahre 1949 arbeitet er als selbstständiger Steuerberater und Wirtschaftstreuhänder und stirbt im Jahre 1956. M. W. übernimmt nach ihrer Rückkehr nach Österreich keine öffentliche politische Funktion. Sie wird 1945 in Österreich als ehemalige Nationalsozialistin inhaftiert und scheint auch auf der Kriegsverbrecherliste für Oberösterreich auf. Ihr Gefängnisaufenthalt dauert bis 1946. M. W. ist eine Verfechterin des traditionellen treudeutschen Frauenbildes, sie äußert sich im Linzer Gemeinderat hauptsächlich zu Angelegenheiten, welche die Hausfrauenarbeit betreffen. Die nationalsozialistisch orientierte und von M. W. seit ihren Anfängen geleitete „Völkische Frauen- und Mädchengruppe“ hat keine ausgeprägten politischen Interessen und versucht zunächst hauptsächlich Frauen aus dem intellektuell indifferenten Bereich des konservativ ausgerichteten völkischen Milieus anzusprechen, doch bereits 1927 ist die Gruppe als „Völkische Frauen- und Mädchengruppe der NSDAP (Hitlerbewegung)“ eindeutig politisch festgelegt. Der Leitspruch von M. W.: „Für das Kind“ − unter diesem Titel schreibt sie auch einen Artikel in der von ihr herausgegebenen Zeitschrift „Die Deutsche Frau. Monatszeitschrift der NS-Frauenschaft Österreich“ − ist für sie der Ausdruck des „Kämpferwillens der deutschen Frau“. Die Hauptaufgabe der NS-Frauenschaft sieht M. W. in der Erziehung der kommenden Generation, ein Thema zu dem sich die nationalsozialistische Politikerin häufig äußert, während die Frage der Frauenberufstätigkeit oder auch der „Rassenhygiene“ für M. W. keinen Anlass zur Wortmeldung bietet.
Wie die meisten Funktionärinnen der NSDAP stammt M. W. keineswegs aus Arbeiterkreisen, sondern ist als Tochter eines Arztes und Ehefrau eines wichtigen Wirtschaftstreibenden in einer österreichischen Provinzstadt dem mittleren Bürgertum zuzuordnen.
W.: „Für das Kind! In: Die Deutsche Frau. Monatsschrift der NS-Frauenschaft Österreich 1“ (1932), „Zur Jahreswende. In: Die Deutsche Frau. Monatsschrift der NS-Frauenschaft Österreich 2“ (1932), „Die Chronik des Kindes. In: Die Deutsche Frau. Monatsschrift der NS-Frauenschaft Österreich 1“ (1933), „Der Tag der Mutter. In: Die Deutsche Frau. Monatsschrift der NS-Frauenschaft Österreich 5“ (1933)
L.: Gehmacher 1998, Rausch 1968
Karin Nusko