Wahrmann, Paula

auch Wahrmann-Lambertz

* 10.10.1880, Wien, † 22.4.1945, Wien
Altphilologin und Gymnasiallehrerin

P. W. wurde 1880 als Tochter des Arztes Sigmund Wahrmann (geb. Pest 13.11.1836, gest. Baden b. Wien 28.6.1911), Mitglied einer Budapester Rabbiner-, Kaufmanns- und Bankiersfamilie, und der Emma Pauline Josefa, geborene Raab (geb. 15.1.1852 in Wien), Kämpferin für die Frauenbildung, in Wien geboren. Im Jahr 1900 legte sie am 1. Staatsgymnasium in Graz die Reifeprüfung ab. Anschließend studierte sie als eine der ersten Frauen, u. a. bei Paul Kretschmer, Allgemeine und Indogermanische Sprachwissenschaft an der Universität Wien und promovierte am 31.1.1905 zum Dr. phil. Im Jahr darauf legte sie die Lehramtsprüfung aus klassischen Sprachen und Deutsch ab. Ab 1907 war sie als Lehrerin für klassische Sprachen an Wiener Mädchengymnasien tätig. Im selben Jahr heiratete sie den Philologen und Albanologen Maximilian Lambertz (geb. Wien 27.7.1882, gest. 26.8.1963 Markkleeberg b. Leipzig). Die Ehe wurde später geschieden. Als langjährige Mitarbeiterin der Zeitschrift „Glotta“ erstellte sie umfangreiche Literaturberichte für neu erschienene Fachpublikationen aus dem Bereich des Griechischen, ebenso wie für das „Indogermanische Jahrbuch“. Darüber hinaus trat sie selbst mit in Fachkreisen beachteten Beiträgen vor allem zu den griechischen Dialekten hervor, eine ausschließlich wissenschaftliche Tätigkeit war ihr jedoch aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit nicht möglich. Nach dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurde P. W. aufgrund ihrer jüdischen Herkunft väterlicherseits aus dem Schuldienst entfernt. Als Folge ihrer Hinwendung zum Katholizismus begann sie sich mit vergleichender Religionswissenschaft zu befassen und unterstützte Karl Prümm bei der Herausgabe seines „Religionsgeschichtlichen Handbuchs für den Raum der altchristlichen Umwelt“ (1943). Sie überlebte die Zeit der NS-Herrschaft in Wien. Am 17. April 1945 erlitt sie einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen sie wenige Tage später verstarb. Das Manuskript ihrer 1938 begonnenen „Untersuchungen über den Ursprung der Sprache“ fiel in diesen Tagen einem Brand in ihrer Wohnung zum Opfer.

Werke

Die griechischen Sonderdialekte in der Inschriften- und Volkssprache des hellenistischen Zeitalters. Phil. Diss., Wien, 1904.
Prolegomena zu einer Geschichte der griechischen Dialekte im Zeitalter des Hellenismus. In: Fünfzehnter Jahresbericht des Mädchen-Obergymnasiums m. Öff.-R. des Vereines für erweiterte Frauenbildung Wien I Hegelgasse 19. Am Schlusse des Schuljahres 1906/07. Wien, 1907, S. 1-25.
Vulgärlateinisches bei Terenz. In: Wiener Studien. Zeitschrift für klassische Philologie, Patristik und lateinische Tradition, 30. Jg., 1909, S. 75-103.
Σφµλς, σφάλλω. In: Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache, 6. Bd., 1915, S. 145-161.
σφαλός, σφάνιον. Ebd., S. 162-164.
Caccitus bei Petronius, Cena Trim. 63. Ebd., S. 270-272.
Homer, ἐν νυκτòς ἀμολγῶ. In: Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache, 13. Bd., 1924, S. 98-101.
Zur Frage des Aoristus mixtus im Griechischen. In: Festschrift für Universitätsprofessor Hofrat Dr. Paul Kretschmer. Beiträge zur griechischen und lateinischen Sprachforschung. Wien, Leipzig, New York, 1926, S. 307-314.
Κανναβάριοι, άσκομίσϑαι. In: Glotta. Zeitschrift für griechische und lateinische Sprache, 22. Bd., 1934, S 42-46.

Literatur / Quellen

Personalnachrichten [Nachruf von Friedrich Wotke]. In: Österreichische Humanistische Gesellschaft/Institut für Klassische Philologie, Innsbruck (Hg.): Anzeiger für die Altertumswissenschaft, 1. Bd., Innsbruck, Wien, Juni 1948, 2. Heft, S. 64.
Stürz, E.: Paula Wahrmann (1881-1945). In: Indogermanisches Jahrbuch, Bd. XXVIII, Berlin, 1949, S. 301f.
Fünfzehnter Jahresbericht des Mädchen-Obergymnasiums m. Öff.-R. des Vereines für erweiterte Frauenbildung Wien I, Hegelgasse 19. Am Schlusse des Schuljahres 1906/07, Wien 1907, S. 29.
Kövér, G.: Liedemann und Wahrmann. Strategien von Kaufmann-Bankiersfamilien im 19. Jahrhundert. In: Heindl, W. et al. (Hg.): Eliten und Außenseiter in Österreich und Ungarn. Wien, Köln, Weimar, 2001 (Begegnungen an der Donau, hg. vom Österreichischen Ost- und Südosteuropa-Institut und vom Institut für Geschichte der Ungarischen Akademie der Wissenschaften), S. 79-98.
Neue Freie Presse, 2.11.1911, S. 30 (Todesanzeige Sigmund Wahrmann).
Neues Frauenleben. 17. Jg., Nr. 3, 1905, S. 10.
Staudacher, A. L.: Jüdisch-protestantische Konvertiten in Wien 1782 – 1914, Teil 1. Frankfurt/M. u.a., S. 186.
www.genteam.at (Ziviltrauungen)

BiografieautorIn:

Christine Kanzler