Trksak Irma

Widerstandskämpferin und Lehrerin

Geb. Wien, 2.10.1917

I. T. wurde am 2. Oktober 1917 im 20. Wiener Gemeindebezirk als Kind slowakischer Eltern geboren. Der Vater war Arbeiter in einer Eisfabrik und Funktionär bei der Gewerkschaft der Metallarbeiter; die Mutter kam als Dienstmädchen nach Wien. I. T. hat noch eine Schwester und zwei Brüder, sie wächst im tschechisch-sozialdemokratischen Milieu Wiens auf. Sie geht auf die tschechische Volksschule, nach der Matura am tschechischen Realgymnasium in Wien besucht sie ein Jahr lang in Prag die pädagogische Akademie und ist ab 1936 als Lehrerin in der Komenský-Schule, einer tschechischen Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht, die im 20. Wiener Gemeindebezirk in der Vorgartenstraße liegt, tätig. Diese Arbeit verliert sie, nachdem die nationalsozialistische Regierung die tschechischen Schulen geschlossen haben.

Als nach den Februarkämpfen von 1934 die sozialistische Partei vom austrofaschistischen Dollfußregime verboten wird, treten zwar viele Anhänger der SDAP der bereits seit Mai 1933 verbotenen KPÖ bei, I. T. jedoch wird erst nach 1945 Mitglied der KPÖ. Als begeisterte Sportlerin gehörte I. T. dem tschechischen Arbeiterturnverein an, der schon während der Zeit des Austrofaschismus verboten worden war, später wurde ein neuer tschechoslowakischer Turnverein gegründet. Im Rahmen dieser Vereine formiert sich ab 1940 innerhalb der Gruppe der Wiener Tschechen massiver antifaschistischer Widerstand. Die Führungspersönlichkeiten der ca. 200 Personen umfassenden Widerstandsgruppe sind Alois Valach und Leo Nemec. Die Aktionen reichen von Agitation, Flugblattherstellung und -verteilung bis hin zu Sabotageakten wie Sprengstoffanschlägen und Brandstiftungen, bei denen strikt darauf geachtet worden ist, keine Menschen zu verletzen. An allen diesen Aktivitäten waren auch Frauen beteiligt. 1941, nach einer großen Verhaftungswelle durch die Gestapo, fanden insgesamt 69 tschechische Widerstandskämpfer den Tod im KZ, im Gefängnis oder durch Hinrichtungen. Die Frauen aus dieser Gruppe überlebten, obwohl auch sie Gefängnisstrafen verbüßen mussten und in Konzentrationslager eingeliefert wurden. I. T. war von den Aktionen gegen die tschechischen Widerstandsgruppen persönlich stark betroffen. Ihr Verlobter Ludvik Stepanik ist im Außenlager Loiblpass umgekommen, ihr Bruder Jan Trksak ist wegen Widerstandsaktivitäten ins KZ eingeliefert worden und stirbt in Mauthausen. Auch I. T.s zweiter Bruder, Stefan, sollte den Krieg nicht überleben, er kommt in Stalingrad um.

I. T. wird im September 1941 verhaftet und verbringt ein Jahr in Einzelhaft im Gefängnis auf der Roßauer Lände. Am ihrem 25. Geburtstag, dem 2. Oktober 1942, wird sie gemeinsam mit zwölf anderen Frauen vom Gefängnis in das Frauenkonzentrationslager Ravensbrück überstellt, mit dem Aktenvermerk „Rückkehr unerwünscht“. Sie kommt in denselben Block wie Rosa Jochmann. Drei Jahre lang muss sie in Ravensbrück Zwangsarbeit in den der dort ansässigen Niederlassung der Siemenswerke verrichten. Da sie auch dort durch Sabotageakte Widerstand leistet, wird sie zur Strafe nach Uckermark gebracht, einem Nebenlager von Ravensbrück, ursprünglich ein Jugendlager, das ab Ende 1944 zu einem Vernichtungslager wird. Durch Vermittlung ihrer Mitgefangenen aus Ravensbrück kann sie der drohenden Ermordung entgehen und wird wieder nach Ravensbrück zurückgebracht. Am 29. April 1945 wird das Lager aufgelöst. Für I. T. und einige ihrer Mitgefangenen beginnt eine chaotische Flucht zu Fuß und per Bahn. Erst einen Monat später kommt sie über Kattowitz und Bratislava nach Wien.

Die Wohnung der Eltern in der Brigittenau ist zerstört, die Eltern lassen sich nach dem Krieg repatriieren. I. T. leidet unter der feindseligen Haltung der Wiener Bevölkerung gegenüber ehemaligen KZ-InsassInnen. 1945/49 (re)migrieren ungefähr fünfzehntausend Wiener TschechInnen in die Tschechoslowakei, auch I. T. plant, eine Stelle als Lehrerin in Karlsbad zu übernehmen. Als sie aber 1946 eine Stellung in der tschechischen Gesandtschaft in Wien angeboten bekommt, entschließt sie sich zu bleiben. Sie arbeitet bis 1950 als Sekretärin des Kulturattachés. Die tschechischen WiderstandskämpferInnen gründen bald nach dem Krieg einen eigenen KZ-Verband, in dem I. T. als Sekretärin arbeitet. Durch diese Tätigkeit und durch ihre Mitgliedschaft bei der KPÖ identifiziert sie sich immer stärker mit dem tschechischen Milieu und dem Kommunismus. I. T. wird Redakteurin einer prokommunistischen Zeitung, die in tschechischer Sprache erscheint. Diese Stelle hat sie bis 1951 inne, in diesem Jahr kommt auch ihr Sohn zur Welt. Weil I. T. die Zweckentfremdung der KP von Spendengeldern für Kinder aufdeckt, wird sie aus dem tschechischen Minderheitenverein ausgeschlossen und muss zum Verhör zur Kaderleitung der KPÖ. Dort hat sie sich gegen den Vorwurf zu behaupten, sie hätte jüdische SlowakInnen über die Grenze in den Westen geschmuggelt, außerdem wird sie der Spionage für den Westen verdächtigt. I. T. wird von der Partei gerügt und verliert auch ihre Stellung bei der Zeitung. Es beginnt für sie eine schwere Zeit als arbeitslose Alleinerzieherin. Später wird sie bei Siemens angestellt, wo sie bis zu ihre Pensionierung 1972 bleibt.

Die Eltern sind zu dieser Zeit noch in der Tschechoslowakei, übersiedeln aber bald darauf zu I. T.s Schwester, die in England lebt. 1968, nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die Tschechoslowakei, tritt I. T. endgültig aus der KPÖ aus.

Sie ist Sekretärin der Lagergemeinschaft Ravensbrück, eine Tätigkeit, die sie bis ins hohe Alter ausübt, außerdem arbeitet sie auch im KZ-Verband und versucht als Zeitzeugin der Schuljugend die Schrecken des Faschismus klar zu machen.

Im Jahre 2004 wird sie von den Leopoldstädter Grünen zur „Frau des Jahres“ gewählt und erhält für ihr herausragendes Engagement den Anerkennungspreis „Leopoldine“.

Werke

Literatur / Quellen

Qu.: DÖW 5796, 50882, 51009.

L.: John 1990, Mayerhofer 1997, Mayerhofer 1997a, Spiegel 1967

BiografieautorIn:

Karin Nusko