Traubenberg Charlotte; Ökonomin, Übersetzerin und Stalin-Opfer
Geb. 13.5.1900, Příchovice (Bezirk Jablonec nad Nisou/Gablonz an der Neiße, Böhmen)
Gest. ?

Charlotte Traubenberg (geb. Kohn) wurde 1900 in Příchovice im Bezirk Jablonec nad Nisou (Gablonz an der Neiße, Nordböhmen) als Tochter eines Arztes geboren. Über ihren Lebenslauf ist wenig bekannt, jedenfalls übersiedelte Charlotte Traubenberg (in den Akten mitunter Taubenberg genannt) zuerst nach Wien, ab 1922 lebte sie in Berlin und war Mitglied der KPD; beruflich war sie in einer Bank beschäftigt. Sie war mit dem sowjetischen Professor Ivan Traubenberg (Иван Константинович Траубенберг) verheiratet, der sich längere Zeit dienstlich in Berlin aufhielt, wo er als Chemiker bei der Berliner Handelsvertretung der UdSSR tätig war. Das Ehepaar Traubenberg übersiedelte 1925 nach Moskau. Ivan Traubenberg war deutscher Abstammung, er wurde 1882 in der Nähe von Žizdra im Gebiet Kaluga geboren. Im Oktober 1933 wurde er wegen Sabotage zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt, 1943 freigelassen.

Charlotte Traubenberg war offensichtlich von den russischen Verhältnissen enttäuscht und machte daraus auch kein Hehl. Als sie am 2. November 1936 verhaftet wurde, war sie längst aus der KPD ausgetreten, sie war sowjetische Staatsbürgerin und arbeitete als Ökonomin in der Moskauer Baufirma Союзспецстрой. Sie wurde der antisowjetischen Agitation beschuldigt, auch wurden ihr Kontakte zu Trockij- und Zinov’ev-Anhängern vorgeworfen. Als ihre Bekannten in Moskau nannte sie u. a. das aus Österreich stammende KPD-Mitglied Hedwig Gutmann und ihre entfernte Verwandte, die in Wien geborene Herta Tverskaja (Герта Моисеевна Тверская). In einer Zelle in der Butyrka freundete sie sich mit der 1936 in Moskau verhafteten deutschen Schriftstellerin Susanne Leonhard an. Am 25. Mai 1937 wurde Charlotte Traubenberg wegen konterrevolutionärer Agitation zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt und in der Folge in den Севвостлаг in Nordostsibirien (Gebiet Magadan) verlegt.

Im Jahre 1955 brachte Charlotte Traubenberg, die damals in Vorkuta lebte, einen Antrag auf Rehabilitierung beim Moskauer Stadtgericht ein, dem im Oktober 1956 stattgegeben wurde.

Qu. u. L.: DÖW – Datenbank österreichische Stalin-Opfer (GARF).
https://www.doew.at/erinnern/biographien/oesterreichische-stalin-opfer-bis-1945/stalin-opfer-t/tscherne-josefa

Susanne Leonhard, Gestohlenes Leben. Als Sozialistin in Stalins GULag, Frankfurt 1988, S. 90.