Tauscher-Geduly Hermine

Alpinistin und Verbandsfunktionärin

Geb. 6.1.1843, getauft am 11.1.1843
Gest. Pressburg, Tschechoslowakei (Bratislava, Slowakei), 23.11.1923

H. T.-G. war eines von sieben Kindern des Pressburger evangelischen Theologen, Pfarrers und Bischofs Lajos Gábor Geduly und der Anna Svehla. Sie begann ihre Laufbahn als erste ungarische Alpinistin und zugleich eine der bedeutendsten Alpinistinnen ihrer Zeit in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts. T.-G. war eine Vertreterin der traditionellen Richtung des Bergsteigens mit Führern. Zumeist in Begleitung ihres Mannes, des Arztes und späteren Pressburger Stadtphysikus und Reichstagsabgeordneten Béla Tauscher unternahm sie über 140 größere Hochtouren, wobei sie auch an der Erschließung neuer Aufstiegsrouten beteiligt war. Ihr bevorzugtes Tourengebiet war die Ortlergruppe, die sie seit 1878 wiederholt besuchte. 1879 erreichte sie als erste Frau die Königsspitze sowie den Ortler über den Hochjochgrat. Sie erstieg den Ortler weiters über die Hinteren Wandeln (1884), die Königspitze über das Hochjoch (1899) sowie die Trafoier Eiswand (1883, als erste Frau). 1880 stand H. T.-G. als erste Frau auf dem Piz Bernina. In den Westalpen erstieg sie Jungfrau, Finsteraarhorn, Aletschhorn, Monte Rosa, Matterhorn, Dent Blanche, Weißhorn und als erste Ungarin den Montblanc (1881). 1879 wurde H. T.-G. Ehrenmitglied der Sektion Rhätia des Schweizer Alpenclubs, der üblicherweise keine weiblichen Mitglieder aufnahm. 1881 trat sie dem Österreichischen Alpen-Klub bei. Ihre Touren beschrieb sie in zahlreichen Berichten, die u.a. in der Zeitschrift des Österreichischen Alpen-Klubs erschienen. T.-G., zu deren Freundeskreis der Geograf und Kaukasusexperte Moritz von Déchy zählte, trat auch als Vortragende bei der Ungarischen Geographischen Gesellschaft, einer der ältesten wissenschaftlichen Gesellschaften Ungarns, hervor.

In ihrer Heimatstadt Pressburg war T.-G. eine bekannte Persönlichkeit, die sich vor allem der karitativen Arbeit verschrieb. So war sie im Rahmen der Nationalen Hilfsgesellschaft der Frauen Ungarns, einer der Gründerorganisationen des ungarischen Roten Kreuzes, tätig und später Vizepräsidentin des Pressburger Stadtkomitees der Gesellschaft vom Roten Kreuz. Für diese Verdienste wurden ihr ein von Kaiserin Elisabeth gestiftetes Ehrendiplom sowie der Elisabeth-Orden II. Klasse verliehen. Außerdem war sie Präsidentin zahlreicher Wohltätigkeitsorganisationen und Vorsitzende des evangelischen Frauenvereins. Ferner förderte sie als Präsidentin des Isabella-Hausindustrievereins die Pflege des traditionellen Stickereihandwerks. Nach dem Ableben ihres Mannes im Jahr 1919 legte sie all ihre Ehrenämter nieder und zog sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. H. T.-G. starb 1923 mit 81 Jahren nach kurzer Krankheit in einer Wohlfahrtsanstalt des Roten Kreuzes in Pressburg.

Werke

W. u. a.: „Ersteigung der Dent Blanche. In: Jahrbuch des Schweizer Alpenklub, Jg. XVIII, 1882-1883“, „Eine Montblancfahrt. In: Österreichische Alpenzeitung, Jg. 4, 1883“, „Ersteigung der Trafoier Eiswand vom Norden. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jg. 1884, Bd. XV“, „Auf den Ortler über die Hinteren Wandln. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jg. 1885, Bd. XVI“, „Traversirung des Fluchthorns. In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jg. 1886, Bd. XVII“, „Der Großlitzner (Silvretta-Gruppe). In: Zeitschrift des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, Jg. 1887, Bd. XVIII“, „Vertain-Spitze 3542 M., Schild-Spitze 4356 M., Platten-Spitze 34134 M.. In: Österreichische Alpenzeitung, X. Jg., 9. März 1888, Nr. 239“, „Aus der Silvretta-Gruppe. Das Grosse Seehorn (3124m) und der Gross-Litzner (3108m). In: Mittheilungen des Deutschen und Oesterreichischen Alpenvereins, Nr. 5, 15. März 1889, Nr. 6, 31. März 1889“, „Der Elferkofel (3115m). In: Österreichische Alpenzeitung, XI. Jg., 14. Juni 1889, Nr. 272“

Literatur / Quellen

Qu.: Archiv des Österreichischen Alpen-Klubs

L.: Kuntner 2004, Lehrs 1951, Pichl 1927, Runggaldier 2011, Schwartzer de Babarcz 1904, Wundt 1901, Dr. Béla Tauscher †. In: Pressburger Zeitung, 13.4.1919, S. 4 (Nachruf), Frau Witwe Dr. Tauscher †. In: Pressburger Zeitung, 23.11.1923, S. 2 (Nachruf), www.fsz.bme/hu/mtsz/mhk/csarnok/t/tauscher.htm, www.lutheran.hu/z/honlapok/protestans/felvidek/pozsony/lelkeszek/geduly

BiografieautorIn:

Christine Kanzler