Strebl Magda

geb. Kitzberger, Maria Magdalena; Bibliothekarin und Bibliotheksdirektorin
geb. 19.1.1929, Wien
gest. 11.4.2021 Klosterneuburg

Herkunft, Verwandtschaften: Magda Strebl war das einzige Kind des gelernten Eisendrehers und Edelsteinschleifers Paul Kitzberger (1897–1974) und seiner Gattin Helene, geb. Pointner, Kleidermachermeisterin (1902–1981).
LebenspartnerInnen, Kinder: Am 21.10.1961 schloss sie die Ehe mit Dr.phil. Laurenz Strebl (geb. 15.10.1934), Germanist und Kunsthistoriker, der damals ebenso wie Magda Strebl Bibliothekar an der Österreichischen Nationalbibliothek war; 1971 wechselte er in die Abteilung für wissenschaftliches Bibliotheks- und Informationswesen des neugegründeten Wissenschaftsministeriums. Aus der Ehe stammen zwei Kinder: Michaela (geb. 1964) und Laurenz (geb. 1966).
Freundschaften: Ihre Tätigkeit und vielen kulturellen Aktivitäten führten zu zahlreichen Kontakten mit KünstlerInnen, WissenschafterInnen, PolitikerInnen, bibliothekarischen BerufskollegInnen, Buchhändlern und Antiquaren sowie Bibliophilen, aus denen dank Magda Strebls Aufgeschlossenheit und Herzlichkeit manch engere Beziehung oder Freundschaft entstand, wie z. B. zu Gottfried von Einem, Friederike Mayröcker, Dr. Wolfgang Kraus (Gründer der Österr. Gesellschaft für Literatur), ao. Prof. DDr. Floridus Röhrig (Archivar, Bibliothekar und Kustos des Stiftes Klosterneuburg), zu Dr. Franz Georg Kaltwasser (Direktor der Bayrischen Staatsbibliothek), Prof. Klaus Dieter Lehmann (Präsident des Goethe-Instituts, davor zuerst Generaldirektor der Deutschen Bibliothek und anschließend Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz), Prof. Esko Häkli (Direktor der Universitätsbibliothek und Finnischen Nationalbibliothek Helsinki), Wim Koops (Direktor der Universitätsbibliothek Groningen), Prof. Josephine Fang (Simmons College, Boston/U.S.A.), Hofrat Dr. Walter Neuhauser (Bibliotheksdirektor der Universität Innsbruck), HR Dr. Sigrid Reinitzer (Bibliotheksdirektorin der Universität Graz) oder HR Mag. Gertraud Wehrmann (Bibliotheksdirektorin der Wirtschaftsuniversität Wien) sowie zu der für das wissenschaftliche Bibliothekswesen zuständigen Ministerialbeamtin Dr. Edith Stumpf-Fischer.
Ausbildungen: 1951 promovierte sie an der Universität Wien zum Dr.iur.; gleichzeitig arbeitete sie in der Schneiderwerkstatt ihrer Eltern und legte 1952 die Meisterprüfung für Damenkleidermacher ab.
Laufbahn: Danach absolvierte sie das Gerichtsjahr (wobei man sie wissen ließ, dass sie als Frau keinerlei Anstellungschancen habe) und war von 1953 bis 1956 auf einem Maturantenposten im Zentralbesoldungsamt tätig, wo sie die Dienstprüfung aus Staatsverrechnung ablegte. Auch hier wurde ihr mitgeteilt, dass sie als Frau keine Aussicht auf einen Akademikerposten habe; dieser bot sich jedoch 1957 an der Österreichischen Nationalbibliothek. 1959 legte sie dort die Dienstprüfung für den höheren Bibliotheksdienst ab. Sie erhielt nun in rascher Folge verschiedene Leitungsfunktionen übertragen, in denen sie sich besonders auf bibliographischem, bibliotheks- und urheberrechtlichem sowie bibliotheksorganisatorischem Gebiet profilierte. 1982 wurde sie Leiterin der Druckschriftensammlung, die den weitaus größten Teil des Personals und Buchbestandes der Österreichischen Nationalbibliothek umfasste. Am 1.12.1983 wurde sie nach einer öffentlichen Ausschreibung durch den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zum Generaldirektor (sic!) der Österreichischen Nationalbibliothek bestellt. In der viele Jahrhunderte umfassenden Geschichte dieser Institution war sie die erste Frau an ihrer Spitze. Unter ihrer Leitung wurden an der Österreichischen Nationalbibliothek die Servicestelle für Frauenspezifische Information und Dokumentation ARIADNE sowie das Österreichische Literaturarchiv gegründet, viele wichtige Nachlässe (u. a. jene von Manes Sperber, Erich Fried, Ödön von Horvath und Hilde Spiel oder das Manuskript des Romanes „Die Vierzig Tage des Musa Dagh“ von Franz Werfel) sowie zahlreiche bedeutende Musikautographen erworben, die Umstellung auf elektronische Datenverarbeitung durchgeführt und ein an der Bibliothek entwickeltes Papierstärkungs- und Entsäuerungsverfahren in Anwendung gebracht. Vor allem aber setzte sie den bereits rund dreißig Jahre angestrebten Bau des Tiefspeichers unter dem Burggarten durch (Eröffnung 1992); dadurch sowie durch Raumzugewinn in der Neuen Hofburg und zahlreiche Umbaumaßnahmen (z. B. Einrichtung des Globenmuseums, Restaurierung des barocken „Augustinerlesesaales“ und des „Oratoriums“ u.v.a.) erzielte sie eine tiefgreifende räumlich-organisatorische Umgestaltung und Modernisierung und entwickelte schließlich das (nach ihrer Pensionierung realisierte) Konzept eines großen Ausstellungs- und Veranstaltungsraumes samt Bibliotheks-Shop im Foyer. Auch für die Restaurierung und Adaptierung des Palais Lobkowitz für Zwecke der Theatersammlung war sie verantwortlich. Anlässlich der Übersiedlung wurde diese jedoch von der Österreichischen Nationalbibliothek getrennt, was Magda Strebl sehr schmerzte. (Die Theatersammlung wurde zu einem Theatermuseum als selbständige Einrichtung umgewandelt, später aber dem Kunsthistorischen Museum angegliedert.)
Magda Strebl intensivierte erfolgreich die Bemühungen um finanzielle Unterstützung privater Sponsoren (Aktion „Buchpatenschaft“ u. a.). Nachhaltige Wirkung erzielten ihre internationalen Kontakte und Veranstaltungen wie z. B. die Conference on Preservation of Library Materials 1986, wobei sie die fachlichen Beziehungen zu den „Ostländern“ besonders förderte. Als „schwärzesten Tag“ ihrer Leitungsperiode bezeichnete sie jenen, als in der Nacht vom 26./27. November 1992 in den Redoutensälen der Hofburg ein Brand ausbrach, der auf das Dach des barocken „Prunksaales“ der Österreichischen Nationalbibliothek übergriff; er konnte jedoch gelöscht werden, bevor nennenswerter Schaden entstand.
1993 trat sie in den Ruhestand und übersiedelte in ihr Haus in Klosterneuburg, wo ihr Schwiegervater 1947–1955 Bürgermeister gewesen war. In dem sehr aktiven Kulturleben Klosterneuburgs war sie lange durch Vereins- und Vortragstätigkeiten stark integriert.
Auszeichnungen, Mitgliedschaften: Magda Strebl war Mitglied des Standing Committee of National Libraries der International Federation of Library Associations and Institutions (IFLA), Chairperson des Core Programme Preservation and Conservation der IFLA (1987–1991), als erste Frau Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Bibliothekarinnen und Bibliothekare (1988–1992; in ihrer Funktionsperiode wurde der Name mit „Bibliothekarinnen“ erweitert), Vizepräsidentin der Österreichischen Franz Kafka-Gesellschaft und des Internationalen Franz Schubert-Institutes sowie Präsidentin des Klosterneuburger Museumsvereines. Sie erhielt das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, die Dr. Josef-Bick-Ehrenmedaille in Gold (von der VÖB), die Ehrennadel des Hauptverbandes des Österreichischen Buchhandels und den Frauenpreis der Stadt Klosterneuburg.

Literatur / Quellen

Stumpf-Fischer, Edith (Hg.): Der wohlinformierte Mensch. Eine Utopie. Festschrift für Magda Strebl zum 65. Geburtstag. Graz 1997.
Mündliche Auskünfte von Magda Strebl, Jahresberichte der Österreichischen Nationalbibliothek.

Gedächtnisausstellung Dr. Magda Strebl, 23. Juli 2022 bis 23. Oktober 2022, Stadtmuseum Klosterneuburg:
http://stadtmuseum.klosterneuburg.at/seite/magda-strebl.html

Werke

Zahlreiche bibliotheksfachliche und juristische Artikel (siehe Schriftenverzeichnis in Stumpf-Fischer 1997.

BiografieautorIn:

Edith Stumpf-Fischer