Sophie Friederike, Dorothea Wilhelmine, Erzherzogin von Österreich, geb. Prinzessin von Bayern
Geb. München, Bayern (Deutschland), 27.1.1805
Gest. Wien, 28.5.1872
Herkunft, Verwandtschaften: Sie war die Tochter des ersten Königs von Bayern, Maximilian I., und seiner zweiten Frau Prinzessin Karoline Friederike Wilhelmine, geb. Prinzessin von Baden. Ihre Zwillingsschwester war Maria Anna, später Königin von Sachsen.
LebenspartnerInnen, Kinder: Sie wurde am 4. November 1824 mit dem zweiten Sohn von Kaiser Franz I. (II.), Erzherzog Franz Karl (1802-1878), aus politischen Gründen verheiratet. Sie war die Mutter von Kaiser Franz Joseph I. (1830-1916), Ferdinand Maximilian (1832-1867), Karl Ludwig (1833-1896), der noch im Kindesalter verstorbenen Maria Anna Karolina (1835-1840) und Ludwig Viktor (1842-1919). Die Ausbildung ihrer Söhne überwachte S. sehr energisch und legte besonderen Wert auf eine gründliche religiöse Erziehung, da sie den Katholizismus als Hauptgaranten im Kampf gegen die Revolution ansah.
Laufbahn: Die Wittelsbacherin S. war mit 19 Jahren als Ehefrau von Erzherzog Franz Karl an den Wiener Hof gekommen. Sie war hübsch, hatte Temperament, einen scharfen Verstand und vor allem einen starken Willen. Ihr Ziel war es Mutter eines Thronerben zu werden. S. verliebt sich in den um sechs Jahre jüngeren Herzog von Reichsstadt, dem Sohn Napoleons, den sie während seiner Krankheit bis zu seinem Tod 1832 pflegte. Nach sechs Ehejahren, 1830, kam Franz Joseph zur Welt. Die ehrgeizige Mutter, die sich in ihrer Aversion gegen alles, was Fortschritt, Demokratie oder Verfassung hieß, mit dem Staatskanzler Metternich auf einer Linie befand, ging nun systematisch daran, ihren Ältesten nach ihren Vorstellungen zu erziehen. Franz Joseph sollte Kaiser werden. S. stellte verschiedene Erzieher für Franz Joseph ein: Louise Sturmfelder, den konservativen Grafen Heinrich Bombelles, Major Franz von Hauslab und Fürst Metternich
Als im Revolutionsjahr 1848 der Aufruhr vor dem niederösterreichischen Landhaus in der Herrengasse und der Sturm der Proletarier den monarchistischen Absolutismus in Bedrängnis brachten, war es S., die den Ernst der Lage begriff und den Sturz Metternichs betrieb. Sie, „der einzige Mann in der Hofburg“, wie ihr attestiert wurde, behielt einen klaren Kopf, als der Hof nach Olmütz floh, und dachte daran, Geld mit auf die Flucht zu nehmen. Als die Revolution niedergeschlagen war, ging die Erzherzogin daran, ihr Ziel, den 18-jährigen Franz Joseph zum Kaiser zu machen, zu verwirklichen. Gemeinsam mit der Kaiserin Maria Anna überredete sie Kaiser Ferdinand zu Gunsten seines Neffen abzudanken, und auch ihr eigener Ehemann wurde zum Verzicht bewogen. Dann galt es, für den jungen Kaiser die passende Frau zu finden. Doch S.s Strategie, ihren Sohn mit ihrer Nichte Helene, Tochter ihrer Schwester Ludovika, zu verheiraten, schlug fehl. Der junge Kaiser verliebte sich in Bad Ischl Hals über Kopf in Helenes jüngere Schwester Sisi und heiratete diese 1854.
Beim Volk war S. unbeliebt. Mit Hilfe ihrer in Deutschland verheirateten Schwestern (Marie und Amalie waren nacheinander Königinnen von Sachsen, Elise als Gemahlin Friedrich Wilhelms IV. Königin von Preußen) betrieb S. eine betont deutsche Politik und tat alles, um Österreichs Führungsanspruch im Deutschen Bund auszuweiten. Nach dem Tod ihres Sohnes Ferdinand Maximilian 1867 in Mexiko betätigte sie sich kaum noch politisch. Ihre Abneigung gegen die nach der österreichischen Niederlage von Königgrätz vom Volk erzwungene Liberalisierung, vor allem aber die Schaffung des Ausgleichs mit dem ihr verhassten Ungarn 1867, verstärkten S.s Resignation. Sie starb 67-jährig an Gehirnkrämpfen, von ihren Söhnen, vor allem Kaiser Franz Joseph, tief betrauert.
W.: Ihr vielbändiges, in französischer Sprache verfasstes, noch unediertes Tagebuch stellt eine wichtige historische Quelle dar.
L.: Andics 1999, Hamann 2001, Holler 1995, Kratzer 2001, Nemec 2001, Praschl-Bichler 2008