Schalek Alice

Therese, Emma, (Ps. Paul Michaely); Schriftstellerin und Journalistin

Geb. Wien, 21.8.1874
Gest. bei New York City, New York, USA, 6.11.1956

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Heinrich Schalek, Inhaber der „Annoncen-Expedition Heinrich Schalek“, für die Wiener Weltausstellung gegründet. Mutter: Clara, geb. Ettinger; Geschwister: Melanie Gaertner, Rechtsanwalt Dr. Rudolf Schalek und Norbert Schalek, der 1907 das Familienunternehmen nach den Tod des Vaters übernahm.

LebenspartnerInnen, Kinder: Unverheiratet, keine Kinder.

Ausbildungen: Sechs Jahre Lyzeum des Wiener Frauenerwerbvereines, Kenntnis mehrerer Fremdsprachen.

Laufbahn: A. Sch. machte als erste Frau Österreichs als Journalistin und Vortragende Karriere. Sie arbeitete ab 1903 als Feuilletonredakteurin in der „Neuen Freien Presse“, schrieb in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts auch für die „Arbeiterzeitung“ und verfasste Reiseberichte und journalistische Artikel und Kommentare für die „Münchener Neuesten Nachrichten“, die „Berliner Illustrierte Zeitung“ und andere Journale, u. a. „Die Ehe“.

Sch. unternahm zahlreiche Reisen in die ganze Welt, beginnend 1905 nach Nordafrika, 1909 nach Ägypten, Palästina und Indien, 1911 Südostasien und Japan und später auch nach Südamerika (1924/25), Indien (1928), die USA (1930), Afrika (1931) und Kleinasien (1935). Mit dem Fokus auf die Rechte der Frauen schrieb A. Sch. unzählige Berichte über den sozialen und politischen Zustand in den besuchten Ländern, die sie in Zeitungen und an der Wiener Urania als erste weibliche Vortragende präsentierte. Mehr als 6.000 Lichtbildaufnahmen – viele davon liegen in der ÖNB auf – hat sie auf ihren Reisen gemacht und zeigte sie bei diesen Vorträgen über ferne Länder. Im Ersten Weltkrieg war sie die einzige (und für Österreich erste) weibliche Kriegsberichterstatterin. Wegen ihrer teilweise euphorischen Darstellung der Kampfsituation wurde sie vom Kriegsgegner Karl Kraus in seiner Zeitschrift „Die Fackel“ mehrmals angegriffen.

1914 gründete sie mit Siegfried Löwy die Wohltätigkeitsorganisation das „Schwarz-gelbe Kreuz“ zur finanziellen Unterstützung öffentlicher Suppenküchen. Der Name Schwarz-gelbes Kreuz sowie die Idee eines Verkaufs von Produkten, die das Emblem des Schwarz-gelben Kreuzes trugen um einen Anreiz für die Spende zu bieten, stammten von A. Sch. Für Ihr Engagement in der Wohltätigkeit und in der Kriegsberichterstattung erhielt A. Sch. Auszeichnungen, wie das „Goldene Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille“ und die „Bronzene Salvatormedaille der Stadt Wien“.

Sch. war nicht nur medial stark vertreten, sondern engagierte sich auch in zahlreichen Organisation, wie dem Schriftsteller- und Journalistenverein „Concordia“, bei dem sie eine der ersten weiblichen Mitglieder war, dem P.E.N.-Klub und im „Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien“, wo sie ab 1906 Mitglied der Vereinsleitung war und den Verein auch finanziell förderte. 1929 war sie Gründungsmitglied des „Business and Professional Women’s Club“, eine Wiener Zweigstelle des amerikanischen Vereins der Frauen-Verschwesterung sowie des „Soroptimist-Club“ in Wien, in deren Vorstand sie dann auch saß.

Im März 1938 wurden alle jüdischen MitarbeiterInnen der „Neuen Freien Presse“, für die sie bis dato arbeitete, entlassen, im Jänner 1939 schloss die Zeitung. Am 1. März 1939 wurde A. Sch. von der Gestapo aufgrund Fotografien über einen Faschingsumzug in Palästina, der laut dem Bericht der Gestapo den Nationalsozialismus verhöhnte, wegen Verdachts der Greuelpropaganda verhaftet. Nach ihrer Freilassung gelang es ihr, im August 1939 über die Schweiz und England nach New York zu flüchten, wo sie 1940 ankam. Dort lebte sie bis zu ihrem Tod in Kontakt mit der „Second Presbyterian Chruch“, einer vor allem aus emigrierten ÖsterreicherInnen bestehende Gemeinde.

Sch. umrundete mehrmals die Welt, engagierte sich in der Internationalen Frauenbewegung und begeisterte sich für damals typisch männliche Tätigkeiten, wie Autofahren, Bergsteigen, Weltreisen und den Skisport. Mit ihren Artikeln im Feuilleton der „Neuen Freien Presse“ lieferte sie einen großen Beitrag zur Dekonstruktion der herkömmlichen weiblichen passiven Rolle. In fast allen ihren Artikeln und Vorträgen berichtete sie über die Situation, die Handlungen und die Perspektive von Frauen und strich damit die aktive und selbstständige Rolle der Frau sowie den Beitrag von Frauen zum gesellschaftspolitischen Leben und schließlich zur Geschichte hervor. In ihren belletristischen Veröffentlichungen thematisierte sie u. a. Identitätsprobleme von Künstlerinnen, die Bildungsbarrieren für Frauen und das Schachern am Heiratsmarkt, denen die jüdischen höheren Töchter ausgesetzt waren. A. Sch. ist keiner feministischen Frauenbewegung zuordenbar, aber sie zeigte in hochgradig reger Öffentlichkeitsarbeit – sie schrieb mehr als 300 Artikel allein für die „Neue Freie Presse“ und hielt mehr als 100 Vorträge auf der Urania – wie Frauen sich „bewegen“, wie sie aktiv und kreativ sind.

Werke

„Ps. Paul Michaely: Wann wird es tagen? Ein Wiener Roman. 2 Bde.“ (1902), „Sommererlebnis. Novellen“ (ev. 1903, da in einem Brief erwähnt, und –ort sind aber nicht eindeutig eruierbar), „Ps. Paul Michaely: Auf dem Touristendampfer. Novellen“ (1905), „Ps. Paul Michaely: Das Fräulein. Novellen“ (1905), „Von Tunis nach Tripolis“ (1906, Erscheinungsort nicht eruierbar, ev. nur in der „Neuen Freien Presse“), „Schmerzen der Jugend“ (1909), „Indienbummel“ (1912), „Südsee-Erlebnis“ (1914, Erscheinungsort nicht eruierbar, ev. nur in der „Neuen Freien Presse“ erschienen), „Tirol in Waffen. Kriegsberichte von der Tiroler Front“ (1915), „Am Isonzo. März bis Juli 1916“ (1916), „In Buddhas Land. Ein Bummel durch Hinterindien“ (1922), „Japan. Das Land des Nebeneinander. Eine Winterreise durch Japan, Korea und die Mandschurei“ (1925), „Der Obersteward erzählt. In: Novellen. Band 60“ (1927), „An den Höfen der Maharadschas“ (1929), „Pudel und Mops und andere Erzählungen für die Kleinen“ (1932). Theaterstücke: „Das verlorene Schäfchen und Das Wunder. Bühnenstücke f. d. Dorf“ (1929), „Lasst es läuten. Schauspiel in 3 Aufzügen“ (1929), „Der große Tag. Bühnenstück in 2 Aufzügen“ (1930), „Durchgefallen. Bühnenstück in 2 Aufzügen und 2 Bildern“ (1931), „Frühlingsweg. Theateraufführung in 2 Aufz. − 7 Bildern von A. Baranow, bearbeitet von A. Schalek“ (1933)

Literatur / Quellen

Qu.: ÖNB (Bildarchiv), Wienbibliothek: Tagblattarchiv (Personenmappe), Nachlass ist bisher keiner gefunden.

L.: Bachinger 1990, Keckeis/Olschak 1953-54, Kosch 1968, Krasny 1996, Krasny 1999, Morscher 2004, ÖNB 2002, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Silverman 2007, Spreitzer 1998a, Spreitzer 1999, Staudacher 2004, Wagener 1976, http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_schalek.htm, www.sbg.ac.at/lwm/frei/generated/a21.html, www.aeiou.at/aeiou.encyclop.s/s154325.htm, http://www.deutsche-biographie.de/sfz110866.html, „Die Fackel“: http://corpus1.aac.ac.at/fackel/

BiografieautorIn:

Elisabeth Kittl