Pasching Marie; Kleingewerbetreibende, Hilfsarbeiterin und Widerstandskämpferin

Geb. Hagenberg, NÖ, 26.1.1883

Gest. ?

M. P. war zunächst in der Landwirtschaft tätig und dann als Hausgehilfin angestellt. Sie besitzt ab 1915 einen Gewerbeschein zum Verkauf von Süßwaren, ab 1938 betreibt sie einen Verkaufstand in Wien-Schönbrunn.

Politisch wurde sie als christlich-sozial eingestuft. M. P. trat 1930 der von Major Martinides geführten „Kaisertreuen Volksbewegung“ bei und 1934 der „Kaisertreuen Volkspartei“ (Wolffverband). In beiden Gruppierungen hatte sie die Funktion einer Bezirksfürsorgerin und Beirätin der Bezirksorganisation für den 17. Wiener Gemeindebezirk inne.

Sie wurde 1941 Mitglied der „Illegalen Österreichischen Kaisertreuen Front“ (IÖKF), wo sie den Posten einer „Bezirksfrauenschaftsleiterin“ für den 17. Bezirk bekleidete.

Die IÖKF wurde 1939 von Leopold Hof, einem ehemaligen Anhänger der „Kaisertreuen Volkspartei“, und Leopold Eichinger gegründet. Diese illegale Organisation hat, laut Anklageschrift des Oberreichsanwalts beim Volksgerichtshof Berlin vom 27. September 1943 zum Ziel „die Ostmark vom Reiche loszureißen und in dieser eine Monarchie unter einem Habsburger oder einem anderen Monarchen wiederherzustellen.“

M. P. konnte sieben weitere Mitglieder für die IÖKF gewinnen und beteiligte sich an Spendenaktionen. Zu Weihnachten 1941 wurden bei ihrem Verkaufsstand in Schönbrunn künstliche Weihnachtsbäumchen in mit schwarz-gelbem Papier umwickelten Töpfen verkauft. Diese Aktion diente der Geldbeschaffung für den Ankauf von Papier zur Herstellung von Flug- und Streuzetteln. Von 1940 bis 1942 konnten ca. 80.000 Flugzettel hergestellt und verteilt werden.

M. P. wurde am 9. November 1942 vorläufig festgenommen und war ab 29. April 1943 in Untersuchungshaft. Im Dezember 1942 wird der Schutzhaftbefehl ausgestellt, weil M. P. „nach dem Ergebnis der staatspolizeilichen Feststellungen durch ihr Verhalten den Bestand und die Sicherheit des Volkes und Staates [gefährde], indem sie sich für eine illegale legitimistische Widerstandsorganisation illegal und hochverräterisch betätigte.“

Sie wird am 16. November 1943 vom Volksgerichtshof Wien wegen „Beihilfe zur Vorbereitung zum Hochverrat“ zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt. Sie wird als „fanatische und unbelehrbare Legitimistin“ beschrieben, „die ihre Tat in keiner Weise bereut“. Aus dem Urteil: „Das gegenständliche Verfahren umfasst eine Gruppe von Angeklagten, die in den Jahren 1939 bis 1942 eine illegale legitimistische Organisation unter dem Namen ‚IÖKF‘ aufgezogen haben, die bei ihrer Aufdeckung im September 1942 etwa 80 Mitglieder zählte.“

M. P. wurde am 19. März 1943 in das Gefängnis LG1 eingeliefert, von wo sie am 5. November 1943 an die Haftanstalt Regensburg überstellt wird. M. P. wurde im April 1945 aus dem Zuchthaus Zwickau (Sachsen) entlassen.

Qu.: DÖW 4176.

L.: Brauneis 1974, Dokumentationsarchiv 1984

 

Karin Nusko