Niedermoser Gabriele; Bühnen- und Kostümbildnerin
Geb. Wien, 4.6.1933

Geboren als Tochter von Otto Niedermoser (1903-1976) und Friederike Niedermoser geb. Domnosil (1904-2000) wächst Gabriele Niedermoser in einem kunstgeprägten Ambiente auf: Ihr Vater ist zur Zeit ihrer Geburt bereits ein angesehener junger Architekt und seit neun Jahren ein angesehener Bühnenbildner (noch als Student war er 21jährig bereits mit der Schaffung des Bühnenbildes von Eugene O‘Neills Anne Christie am Theater in der Josefstadt betraut), und ihre Mutter nach Absolvierung der Fachklasse für Architektur (Prof. Oskar Strnad) an der damaligen Kunstgewerbeschule Wien (heute Universität für angewandte Kunst Wien) ebenfalls Architektin.

Niedermosers Mittelschuljahre verlaufen äußerst unruhig: In den acht Gymnasialjahren muss sie kriegsbedingt nicht weniger als sieben Mal die Schule wechseln. In diesen Jahren ist sie bereits dem Theater verfallen: fast jeden Abend ist sie im Theater – vor allem im Theater an der Wien – und erlebt so auf Stehplatz viele Nachkriegsproduktionen aus erster Hand. Nach der Matura entschließt sich Niedermoser zum Eintritt in die Modeschule Hetzendorf, die sie planmäßig 1956 mit Diplom abschließt.

Im Sommersemester 1957 wird sie an der damaligen Akademie für angewandte Kunst Gasthörerin der Meisterklasse für Bühnenkostüm unter der Leitung von Prof. Elli Rolf. Nach einem weiteren Studienjahr als ordentliche Hörerin an dieser Klasse wechselt Gabriele Niedermoser an die Meisterklasse für Bühnenbild und Festgestaltung der Akademie der bildenden Künste zu Prof. Caspar Neher, der in die Theatergeschichte als d e r Berthold Brecht-Spezialist einging. (Dieser war seit der Schulzeit mit Brecht befreundet, welcher ihm eine Reihe von Gedichten widmete und Neher als „den größten Bühnenbauer unserer Zeit“ bezeichnete).

Bereits 1957, also zu Beginn Ihrer Studienzeit – ähnlich wie einst ihr Vater – wird Gabriele Niedermoser mit Kostümentwürfen für verschiedene Theater betraut.

1960 schließt sie ihr Studium bei Caspar Neher erfolgreich ab.

In der Folge werden bis 1973 von Gabriele Niedermoser über 50 Stücke im In- und Ausland szenografisch ausgestattet. Die Liste der Theater reicht vom Theater in der Josefstadt, über Burgtheater, Schauspielhaus Zürich, Festspiele Bregenz und Landestheater Salzburg bis zum Österreichischen Fernsehen. Ab 1962 ist sie auch laufend als Bühnen- und Kostümbildnerin für die Tournee-Ausstattungen des Wiener Tourneetheaters (Euro Studio) mit Schauspielerinnen und Schauspielern des Burgtheaters und des Theaters in der Josefstadt in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden tätig.

Es ist beachtlich, dass beinahe die Hälfte der von Niedermoser ausgestatteten Produktionen Uraufführungen oder deutsche Erstaufführungen sind, in denen sie eine besondere künstlerische Herausforderung sieht, weil dabei dem Wort des Autors die adäquate optisch-atmosphärische Dimension zu verleihen ist, durch die dem Publikum der Zugang zum neuen Bühnenwerk erstmals erschlossen wird. Sie arbeitet dabei mit prominentesten Regisseuren wie etwa Heinrich Schnitzler, Hermann Thimig, Ernst Lothar, Veit Relin, Gerhard Klingenberg u. a. zusammen.

Wenn man Gabriele Niedermosers Bühnenausstattungen Revue passieren lässt, wird deutlich, dass ihre szenografische Sprache mental einerseits auf den Grundfesten Alfred Rollers, anderseits auf denen Oscar Strnads basiert, der während der gesamten Direktionsjahre Rollers an der Kunstgewerbeschule als Professor wirkte und international besonders für die Ausstattung der Uraufführungen von Wozzek und Jonny spielt auf an der Wiener Staatsoper gefeiert worden war.

Konzeptionell ist in der Bühnenarbeit Gabriele Niedermosers aber gerade bei der Einrichtung von Ur- und Erstaufführungen die eigenständige Weiterentwicklung der Ästhetik ihres Lehrers Caspar Neher spürbar. Doch der Maxime Rollers, „dass jedes Kunstwerk das Gesetz seiner Inszenierung in sich trage“, bleibt sie stets verbunden, wobei sie bewusst oder unbewusst Arthur Schnitzlers Forderung einer Inszenierung gerecht wird, die in folgender Definition gipfelt:

Äußere Ausstattung der Szene, historische Treue, glückliche Maske, all das dient nicht dazu die Illusion zu steigern, sondern dazu, Intensität und Raschheit der Assoziation zu fördern, und dazu, das Abreißen der Assoziationskette zu verhindern.“

Neben ihrer szenografischen Karriere war Gabriele Niedermoser ab 1962 am Kostümseminar der Hochschule für angewandte Kunst zunächst als Lehrbeauftragte, ab 1968 als Professorin bei Elli Rolf tätig. 1973 beendete sie schließlich zugunsten ihrer Lehrtätigkeit ihre Bühnenbildnerlaufbahn, um nicht „Dienerin zweier Herren“ zu sein. So ist sie leider der jüngeren Generation als Bühnen- und Kostümbildnerin wenig bekannt.

Als ehemalige künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Kostümkunde an der Universität für angewandte Kunst Wien ist sie jedoch „ein Begriff“.

Schließlich wurde Gabriele Niedermoser für ihre großzügige Bereicherung der Kunstsammlungen und für ihre Stiftung zur nachhaltigen Förderung von kommenden Generationen begabter Studierender der Studienrichtungen Bühnengestaltung und Architektur am 26. Juni 2007 durch Ernennung zur Ehrensenatorin der Universität für angewandte Kunst Wien gewürdigt.

Literatur:
IM STREIFTLICHT: Gabriele Niedermoser: Heinz P. Adamek. Wien: edition FORUM – Universität und Gesellschaft 2013.
http://salon-fuer-kunstbuch.at/books/monographie/im-streiflicht-gabriele-niedermoser.html

Autor der Biografie: Heinz P. Adamek