Morberger Gerda; Schriftstellerin, Journalistin, Lehrerin und Widerstandskämpferin
Geb. Reichenberg, Böhmen (Liberec, Tschechien), 2.5.1910
G. M. wird am 2. Mai 1910 in Reichenberg geboren. Sie ist Mitglied der Kinderfreunde, der Roten Falken, der Sozialistischen Arbeiter Jugend sowie der Vereinigung sozialistischer Mittelschüler. Sie tritt für die Vereinbarkeit von Religion und Sozialismus ein. Schon als Jugendliche veröffentlicht sie zahlreiche Artikel. Sie ist von 1929-1934 als freie Mitarbeiterin für die „Arbeiter-Zeitung“, „Der jugendliche Arbeiter“ und „Die sozialistische Erziehung“ tätig. In der Zeitschrift „Das Kleine Blatt“ ist sie für die sonntägliche Jugendseite verantwortlich. G. M. war seit 1933 Mitglied der Vereinigung sozialistischer Schriftsteller.
Im Zuge einer Razzia wird im Oktober 1933 ihre Wohnung von der Polizei nach sozialistischem Propagandamaterial und Waffen durchsucht. Im Februar 1934 übernimmt sie einen Kurierauftrag für den Republikanischen Schutzbund und muss vor der drohenden Verhaftung nach Brünn flüchten. Im selben Jahr bekommt G. M. vom sowjetischen Presse-Attaché eine Einladung in die UdSSR, um dort ein Buch über den Februaraufstand in Österreich zu schreiben. Im April 1934 emigriert sie gemeinsam mit 305 SchutzbündlerInnen, darunter Ernst Fischer und Ruth von Mayenburg, nach Moskau. Sie absolviert in Leningrad eine Buchdruckerlehre und studiert an der Technischen Universität bei Rostov. Im Dezember 1936 kehrt G. M. nach Wien zurück. Bis 1937 ist sie Mitarbeiterin der „Roten Fahne“. Im selben Jahr heiratet sie Emil Fey, den 1988 in Grußbach (NÖ) geborenen Sprachlehrer, Schriftsteller und Herausgeber der illegalen Zeitschrift „Die Rote Front“, der wegen Vorbereitung zum Hochverrat 1942 im Landesgericht Wien hingerichtet wird.
Ab 1938 ist G. M. im Widerstand gegen den Nationalsozialismus tätig. Sie wird gefangen genommen und zu Gestapohaft verurteilt. Im Juli 1939 gelingt ihr die Flucht aus dem Gefängnis. Sie flüchtet vorerst in die Tschechoslowakische Republik, von dort emigriert sie nach England und wird sechs Monate auf der Isle of Man interniert. 1944 lernt sie ihren späteren Mann, den Gewerkschaftssekretär der SPD Hermann Krauttner, kennen. Nach Kriegsende zieht sie mit ihm nach Hannover. Ihr Freund, der Schriftsteller George Orwell, veranlasst sie 1946 zur Abfassung ihres Berichtes „Wie ich Rußland erlebte“, in dem sie ihre Erlebnisse in der Sowjetunion beschreibt. Sie arbeitet als Übersetzerin für die in Deutschland stationierten britischen Soldaten. Sie wird Mitglied der SPD und arbeitet bei der Hilfsorganisation CRALOG.
1950 wird G. M. an das Wirtschaftswissenschaftliche Institut in Köln berufen. 1951 – 1959 hält sie wöchentliche Radiovorträge in der Literarischen Frauensendung des Westdeutschen Rundfunks, in dieser Zeit verfasst sie auch Bücher zur Arbeiter- und Gewerkschaftsgeschichte. 1953 lernt sie ihren dritten Mann, den Physiker Dr. Karlheinz Thom, kennen. Er wird 1958 nach Harvard berufen und ist später für die NASA tätig. G. M. arbeitet als Lehrerin und Fürsorgerin. Nach der Rückkehr in die BRD lebt sie als freie Schriftstellerin und veröffentlicht 1986 die Biografie des Dichters Jesse Thoor.
W.: „(Krauttner, Gerda M.): Wie ich Rußland erlebte“ (1948), „(Morberger, Gerda): Geschichte der Gewerkschaft in Deutschland, Österreich und der UdSSR“ (1951), „(Morberger-Thom, G. K.): Geheimbünde. Unterirdische Geheimorganisationen“ (1956), „(Thom, Gerdamaria): Rufer ohne Fahne. Der Dichter Jesse Thoor“ (1986)
L.: Exenberger/Früh 2000, Polt-Heinzl 1986, AZ 5.1.1934, AZ 9.1.1934, Das Kleine Blatt 11.1. 1934, FAZ 27.10. 1986
Karin Nusko