Maurer Olga; Bibliothekarin

Geb. Landeck, Tirol, 30.4.1907
Gest. Hall in Tirol, 19.9.1999

O. M. wächst mit zwei Geschwistern zunächst in Landeck, dann ab 1912 in Innsbruck auf. Sie verliert sehr früh ihren Vater, einen Finanzsekretär. 1933 tritt O. M. der vaterländischen Front bei, diese Mitgliedschaft scheint ihr später die Stelle in der Tiroler Landesbeamtenschaft gekostet zu haben. Erste einschlägige Berufserfahrung sammelt sie als Sekretärin, zum Teil als wissenschaftliche Hilfskraft, am Institut für geschichtliche Volks- und Landeskunde der Universität Innsbruck ab 1928 bis in den Herbst 1936. Bereits an ihrer ersten beruflichen Station wird sie für wissenschaftliche Arbeiten eingesetzt, der umstrittene Innsbrucker Volkskundler, Universitätsprofessor Adolf Helbok, 1934 als illegaler Nationalsozialist seines Amtes enthoben und nach Deutschland abgewandert, blickte 1963 in seinen publizierten Memoiren auf ihre Tätigkeit so zurück: „Neben verschiedenen Hilfskräften haben mir damals Frau Dr. Sylvia Sterner-Rainer und Frl. Olga Maurer als ständige Mitarbeiter wertvolle Dienste erwiesen. Ihnen konnte ich die Arbeit auch während meiner Abwesenheit überlassen.“ Bis in den März 1938 arbeitete sie als Kanzlistin der Tiroler Landesbeamtenkammer. Nach dem Anschluss erfolgt die Kündigung. Vom 1. Juli 1938 bis zur Stilllegung am 15. März 1943 war sie als Sachbearbeiterin der Hauptstelle Organisation des Reichsbundes der Deutschen Beamten in Innsbruck tätig.

Mit 1.1.1940 wird sie Mitglied der NSDAP, ist aber in keinen anderen nationalsozialistischen Organisationen als aktives Mitglied nachzuweisen. Eine katholische Grundeinstellung scheint aber auf alle Fälle gegeben zu sein. Welcher Tätigkeit sie zwischen 1943 und 1945 nachging, konnte nicht mehr festgestellt werden. Mit 1. Dezember 1945 wurde sie als Hilfskraft im Bibliotheks- und Kanzleidienst im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum übernommen. Mit 1946 wurde sie mit der Leitung der Bibliothek betraut, 1964 wurde sie zum Kustos ernannt.

An die Bibliothek des Ferdinandeum kam M. zu einem Zeitpunkt, als die Rückführung der aufgrund des Krieges ausgelagerten Bestände bereits fast abgeschlossen war. Ihr ist es jedoch zu verdanken, dass die Aufstellung und damit die Benutzbarkeit der Bibliothek sehr rasch wieder gewährleistet waren. Diese Arbeit musste sie zunächst alleine durchführen, erst mit 1948 erhielt sie Unterstützung durch eine Kollegin. Ihr Aufgabengebiet war neben der Leitung der Bibliothek und der Betreuung der Benutzerinnen und Benutzer die Erfassung und inhaltliche Dokumentation der Neuzugänge. Noch heute zeugen Karteikarten, die mit ihren gestempelten Initialen versehen sind, von ihrer regen Tätigkeit. Mit ihr hat auch erstmals in der Geschichte des Ferdinandeum eine Frau und Nichtakademikerin eine Führungsposition übernommen. Dass sie aber im Gegensatz zu vielen ihrer männlichen Kollegen 18 Jahre auf die Ernennung zum Kustos warten musste, zeigt auch die Schwierigkeiten, mit denen sie hausintern kämpfen musste (ihr Nachfolger Dr. Otto Kostenzer wurde bei seiner Bestellung bereits zum Kustos ernannt). O. M. hat in ihrer Tätigkeit in der Bibliothek deren Bedeutung für die regionale Forschung in dem Maße gestärkt, dass diese bereits sehr rasch nach Kriegsende wieder jenen Ruf erreichte, den sie bereits in den vorangegangenen Jahrzehnten inne hatte. Auch gelang es ihr, den Personalstand der Bibliothek auf drei Mitarbeiterinnen zum Zeitpunkt ihrer Pensionierung zu erhöhen, was den erforderlichen Leistungen der Bibliothek entsprach. Sie trat nicht durch eigene Publikationen hervor (auch weil sogar die Jahresberichte in ihren Arbeitsjahren vom Vorstand bzw. Direktor für alle Sammlungen geschrieben wurden), unbestritten bleibt ihre unterstützende Haltung bei der Entstehung von Aufsätzen und Büchern, die aus dem Bestand des Ferdinandeum hervorgingen.

Nach ihrem Ausscheiden aus dem Bibliotheksdienst 1967 finden sich keine weiteren Spuren mehr von ihr. Auch hat es der Museumsverein verabsäumt, O. M. mit einer üblichen Auszeichnung für ihre Verdienste zu ehren. 1996 übersiedelt sie bereits erkrankt in ein Wohnheim in Hall in Tirol, wo sie 1999 verstirbt. Kein einziger Nachruf, keine einzige Parte in einer Zeitung und kein einziger schriftlicher Vermerk in den Akten des Museums verweisen auf die vergessene Bibliotheksleiterin.

Qu.: Museumsakten zu Olga Maurer 1945-1947.

L.: Ammann 1998, Goller/Oberkofler 2003, Helbok 1963, Veröffentlichungen des Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum 1949-1968

Roland Sila