Maria Elisabeth; Statthalterin der Niederlande und Erzherzogin
Geb. Linz, OÖ, 13.12.1680
Gest. Schloss Mariemont bei Morlanwelz/Hennegau, Belgien, 26.8.1741
Herkunft, Verwandtschaften: M. E. war die Tochter von Kaiser Leopold I. aus dritter Ehe mit Prinzessin Eleonore von Pfalz-Neuburg.
Laufbahn: M. E. war eine sehr begabte und gebildete Frau: sie sprach fließend Französisch, Deutsch, Italienisch und Latein. Überzeugt von der Bedeutung der Habsburgerdynastie schrieb die 19-jährige eine lange Geschichte des habsburgischen Hauses. Als Amtsnachfolgerin des Prinzen Eugen von Savoyen, der nie seinen Wohnsitz in den Niederlanden hatte, sollte sie in Brüssel residieren. So forderte es ihr Bruder, Kaiser Karl VI. Er gab der unverheirateten Schwester umfassende Vollmachten: so das Recht, Bischöfe, Äbte und Ratsherren der kollateralen Räte zu ernennen, dafür musste sie aber ein Gutachten des Wiener Hofes einholen. Die Provinzialstände waren so entzückt über die Tatsache, dass eine geborene Prinzessin in den Niederlanden residierte, dass sie sich dazu entschlossen, ihr eine Zivilliste von 560.000 Brabantgulden anzubieten. Dieses Jahreseinkommen ermöglichte eine reiche Hofhaltung mit etwa 250 Personen. Die Regierung M. E.s (1725-1741) ist bislang nicht ausreichend studiert; so weiß man z. B. noch nicht genau, welches ihr Anteil an der Politik war und welcher der ihres Oberhofmeisters. Die Statthalterin hatte zwei Oberhofmeister: zunächst den italienischen Grafen Julio Visconti (1725-1732), danach den böhmischen Grafen Friedrich von Harrach (1732-1744). Die Kirchenpolitik führte M. E. persönlich. Ihr Ziel war die Unterdrückung und Ausrottung des Jansenismus. Gegen den Willen der Ministerialräte wies sie den einflussreichen Löwener Professor van Epsen aus und ließ mehrere Abteien reformieren. Der gefügige Graf Visconti ließ sich schnell zu dieser Politik M. E.s überreden. Dann wurde Harrach ernannt, um die autonome und eben autoritäre Politik der Statthalterin zu korrigieren. Die zweite Periode der Regierung M. E.s hat einen besseren Ruf. Graf Harrach erreichte beim Kaiser, dass die Statthalterin eine Anzahl unnötiger Ämter abschaffen und andere umgestalten musste. Die Pacht der Ein- und Ausfuhrrechte wurde abgeschafft und die Einziehung in eigene Verwaltung genommen. Fünfzehn hohe Beamte, Schützlinge der Statthalterin, wurden entlassen. Das Zeitalter M. E.s war eine Periode schwerer wirtschaftlicher Depression. Sie ließ eine Untersuchung über die belgische Industrie anstellen, die erste in Belgien, sorgte sich um die Armut der kleinen Leute und war wohltätig. Ihre Almosen, ihre Frömmigkeit und ihre Teilnahme an Prozessionen machten sie sehr beliebt bei der Brüsseler Bevölkerung.
W.: „Chronologia augustissimae Domus Austriacae in Synopses collecta…“ (1698)
L.: Hamann 2001