Mahrer Therese

geb. Lutzer; Kulturstadträtin, Gemeinderätin und Bibliothekarin
* 14.8.1912, Krems, NÖ, † 8.4.1989, Krems, NÖ

Therese Mahrer (geb. Lutzer) wurde am 14. August 1912 in Krems geboren. Ihr Vater war Tischler und einer der Mitbegründer der lokalen Sozialdemokratie, ihre Mutter war in einer Bergmannsfamilie in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Auch Therese war seit ihren Jugendjahren in den Organisationen der ArbeiterInnenbewegung aktiv, bei den Kinderfreunden, im Arbeiter-Turnverein (ATV), den Roten Falken und in der Sozialistischen Arbeiterjugend.
Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule arbeitete Mahrer von Oktober 1929 bis zum Februar 1934 in der Tagesheimstätte der Kremser Kinderfreunde als Hortleiterin und Erzieherin. Von 1930 bis 1933 gehörte sie der Sozialdemokratischen Partei als Mitglied an, hierauf trat sie auf dem Wege der „Linksradikalen Arbeiteropposition“ (LRAO), einer linksoppositionellen Gruppierung innerhalb der Sozialdemokratie, zur KPÖ über, die bereits im Mai dieses Jahres verboten worden war. Auch ihr späterer Ehemann Alois, den sie im Mai 1943 heiratete, gelangte 1933 über die LRAO zur kommunistischen Bewegung und wurde im Kremser Kommunistischen Jugendverband (KJV) aktiv.
Nachdem infolge der Februarkämpfe des Jahres 1934 alle sozialdemokratischen Organisationen, darunter auch die Kinderfreunde, verboten worden waren, endete Mahrers Dienstverhältnis mit der sozialdemokratischen Kinderorganisation. Bis 1938 folgten Jahre der Arbeitslosigkeit. Von Juni bis August 1934 saß sie aufgrund ihrer illegalen politischen Arbeit im Kreisgericht Krems in Untersuchungshaft. Von Mai bis Juli 1935 war sie erneut inhaftiert, was ihren geplanten Besuch der „Internationalen Leninschule“ in Moskau vereitelte.
Nach einem fünfmonatigen Fachkurs für Buchhaltung war Mahrer im Herbst 1938 drei Monate als Kontoristin und Stenotypistin bei einer Kremser Speditionsfirma beschäftigt. Nach ihrer Übersiedlung nach Wien begann sie im Februar 1939 über Vermittlung des Arbeitsamtes als Bibliothekarin zu arbeiten. Bis März 1945 war sie hierauf in der Bibliothek des „Statistischen Amtes für die Alpen- und Donau-Reichsgaue“, das in der Neuen Burg am Wiener Heldenplatz untergebracht war, als Vertragsangestellte beschäftigt. Mahrers Angaben zufolge waren die meisten der höheren Beamten dieses Amtes antinazistisch (monarchistisch) eingestellt, was ihren Prüfungserfolg und ihre Einstellung ins Amt begünstigte. Parallel dazu besuchte sie zu ihrer Weiterbildung Kurse der Volkshochschulen und des „Freien Lyzeums“. Gegen Kriegsende wurde Mahrer ausgebombt, worauf sie auf eigenen Wunsch hin aus dem Dienstverhältnis mit dem Statistischen Amt ausschied und nach Krems zurückkehrte.
Nach der Befreiung vom Faschismus begann Mahrer in Krems als Frauenleiterin der KPÖ-Bezirksleitung zu arbeiten. Sie gehörte auch (als erste Frau) dem provisorischen Gemeinderat der Stadt Krems an und wurde am 21. September 1945 zur amtsführenden Stadträtin gewählt, zuständig für Schule und Kultur. Insgesamt setzte sich der damalige Stadtsenat aus zwölf Mitgliedern zusammen, die drittelparitätisch von den drei demokratischen Parteien ÖVP, SPÖ und KPÖ entsendet wurden. Als Stadträtin für Schule und Kultur machte sich Mahrer um die Erhaltung von Kulturdenkmälern verdient, gründete ein Stadtorchester, förderte Laienbühnen und den Sport und setzte vor allem in schulpolitischer Hinsicht Akzente: 1947 gelang es ihr, von den sowjetischen Besatzungstruppen die Freigabe einer Kaserne zu erreichen, die nach ihrer Sanierung zur Schule umgebaut wurde. Hierauf fanden in der ehemaligen Pionierkaserne fünf Lehranstalten Platz, 100 Familien erhielten hier eine neue Wohnung. Bei den Gemeinderatswahlen des Jahres 1950 erreichte die KPÖ zwar 15 Prozent der Stimmen, Mahrer musste nun aber nach fünf Jahren Amtstätigkeit als Kulturstadträtin aus dem Stadtrat ausscheiden und verließ auch den Gemeinderat. Im Mittelpunkt standen nun ihre 1947 und 1949 geborenen Kinder.
Die Eröffnung eines „Sowjetischen Informationszentrums“ (SIZ) in St. Pölten im Jahr 1953 ermöglichten Mahrer die kurzzeitige Rückkehr in den Bibliothekarsberuf. So eröffnete im Juni dieses Jahres der „Sowjetische Informationsdienst“, der für Presse, Rundfunk und die Informationszentren der sowjetischen Besatzungsmacht verantwortlich war, auch am Kremser Dreifaltigkeitsplatz eine Bibliothek mit Lesesaal. Bis zum Abschluss des Staatsvertrages im Jahr 1955 war Mahrer hier als Bibliothekarin beschäftigt. Nach dem Abzug der sowjetischen Besatzungsmacht wurden zwar die „Sowjetischen Informationszentren“ geschlossen, aus der Kremser Bibliothek ging aber die Lesestube der lokalen Zweigstelle der „Österreichisch-Sowjetischen Gesellschaft“ (ÖSG) hervor, die von Mahrers Ehemann Alois („Louis“) gegründet und geleitet wurde. Alois Mahrer arbeitete nach einem Lehramtsstudium als Professor an der Höheren Technischen Lehranstalt in Krems und war darüber hinaus bis zu seinem Ableben im Jahr 1977 als Leiter der ÖSG-Bibliothek tätig. War ihr Mann verhindert, so hat auch Therese Mahrer hier weiter Bibliotheksstunden abgehalten. Insgesamt leistete sie, die nach 1955 nicht mehr berufstätig war, viel Organisationsarbeit für die ÖSG Krems, etwa im Zusammenhang mit Filmvorführungen und Gruppenreisen.
In einem unveröffentlichten Exposé hat Mahrer ihr Berufsbild einer fortschrittlichen Bibliothekarin dargelegt: „Der Beruf eines Bibliothekars ist ohne Zweifel eine ,Berufung von höchster Verantwortung‘, denn in seine Hände ist es gelegt, ,das richtige Buch an den richtigen Leser‘ zu bringen. Liebe und Begeisterung, Geduld und Ausdauer sind neben der genauen Kenntnis der zu entlehnenden Bücher und der laufenden Neuerscheinungen das beste Rüstzeug seiner Arbeit. Er muß seine Leser genau kennen und mit ihm einen engen Kontakt haben, soll er ja gerade an der Jugend und an der werktätigen Bevölkerung seine hohe Aufgabe richtig erfüllen. In unserem gesellschaftlich so rückständigen Lande ist das Leihbuch oft das einzige Bildungsmittel für die breiten Schichten des Volkes“, so Mahrer in diesem in ihrem Nachlass erhaltenen Papier: „Der gute Bibliothekar muß seinen Leser zum Freund des Friedens, der Völkerverständigung, des Fortschritts und des Humanismus erziehen.“ (Der Bibliothekar, o. D. [frühe 1950er Jahre]).
Therese Mahrer starb am 8. April 1989 in Krems.

Literatur / Quellen

Zentrales Parteiarchiv der KPÖ.
Nachlass Therese Mahrer (Privatbesitz).

Biografieautor:

Manfred Mugrauer

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