Lanzer Wanda; Journalistin, Herausgeberin und Bibliothekarin

Geb. Wien, 25.5.1896
Gest. Wien, 7.11.1980

W. L. wurde am 25. Mai 1896 als Wanda Janina Landau in Wien geboren. Ihr Vater war der Rechtsanwalt Max Landau. Der Mädchenname ihrer Mutter Helene Landau war Gumplowicz. Beide Elternteile waren polnische Emigranten, die einander in Wien kennengelernt hatten. Außer der Tochter W. hatten die Landaus noch zwei Söhne, die 1906 und 1907 geboren wurden, beide starben im Kindesalter. W. L. besuchte in Wien die Volks- und Bürgerschule und absolvierte ein Jahr im Mädchenlyzeum. Im Jahre 1911 übersiedelte die Familie Landau nach Lemberg. Dort maturierte W. L. und erteilte anschließend in einem Mädchengymnasium Unterricht in deutscher Sprache.

Die Mutter, Helene Landau, trennt sich in dieser Zeit von W.s Vater und heiratet nach dem Ersten Weltkrieg Otto Bauer.

1922 kehrt W. L. nach Wien zurück und besucht die Universität. 1924 promoviert sie zur Dr.phil.. Ihre Dissertation schreibt sie über „Marxistische Krisentheorie“. Kurz nach ihrer Rückkehr nach Wien ist W. L. Referentin der Sozialdemokratischen Zentralstelle für das Bildungswesen. In dieser Funktion gibt sie den entscheidenden Anstoß zur Gründung des „Mittelschulkurses Sozialistischer Arbeiter“. Dieser Mittelschulkurs wird zum Vorläufer der Arbeitermittelschule, aus der sich 1951 das „Abendgymnasium für Berufstätige“ entwickelt.

1925 heiratet W. L. den Juristen Felix Lanzer, einen Magistratsbeamten der Gemeinde Wien. Aus dieser Ehe stammen zwei Töchter, die 1931 bzw. 1933 geboren werden. W. L. arbeitet von 1927-1934 als Bibliotheksbeamtin in der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek der Wiener Arbeiterkammer.

1938 fand in der Wohnung der Familie Lanzer eine Hausdurchsuchung statt, danach beging Felix Lanzer Selbstmord. W. L. kann über die Intervention von Richard Sandler, einem schwedischen Sozialdemokraten, nach Stockholm emigrieren. Auch W.s Mutter, Helene Bauer kann sich kurz danach nach Stockholm retten. Den Lebensunterhalt bestreitet die Familie in dieser Zeit hauptsächlich mit Hilfe einer kleinen Unterstützung, die Helene Bauer von der Sozialistischen Internationale erhält. Die deutschen und österreichischen Emigranten standen in regelmäßigem Kontakt zueinander. Zu diesen Emigranten zählte auch die Gruppe, die in Rasunda, einem Vorort von Stockholm, wohnte. Mitglieder dieser Gruppe waren Bruno Kreisky, Ernst Winkler, Franz Novy und Josef Pleyl.

Helene Bauer setzte ihren Emigrationsweg 1941 in die USA fort. Durch den Wegfall der ohnehin kleinen finanziellen Unterstützung ihrer Mutter folgten für W. L. Jahre der Entbehrung und Not. In dieser Zeit arbeitet W. L. in Archiven des Stockholmer Stadthauses. 1945 wird sie als Dolmetscherin und Fürsorgerin zur Betreuung geretteter KZ-Insassen angestellt, wobei ihr ihre Sprachkenntnisse in Deutsch, Polnisch, Französisch und Schwedisch zugutekommen. 1949 wird W. L. im Stockholmer „Arbetarröelsens Arkiv“, dem Archiv der schwedischen Arbeiterbewegung, angestellt. Dort bleibt sie bis 1964.

Nach der Rückkehr nach Wien arbeitet W. L. ab 1964 in der Wiener Arbeiterkammer. Sie bearbeitete die Nachlässe von Victor und Friedrich Adler, die 1970 dem „Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung“ zur Betreuung übergeben werden. Auch bei der Herausgabe der Werkausgabe ihres Stiefvaters Otto Bauer arbeitete W. L. mit. Bis zu ihrem Tod gehörte W. L. zum Vorstand des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung.

W. L. starb am 17 November 1980 im 84. Lebensjahr in Wien.

L.: Pasteur 1986, AZ 26.5.1976, Archiv. Mitteilungsblatt der Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung. Wien Jänner 1981

Karin Nusko