Kunigunde von Werdenberg; Landesherrin
Geb. um 1385
Gest. 1438/43
K. v. Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz ist 1404 bis 1443 urkundlich bezeugt. Sie wird 1408 fro Kúnigund genannt, sie nennt sich gewöhnlich Gräfin von Werdenberg, Der Vorname variiert zwischen Kungunt, Kungudt oder Küngot. Sie führt auch den Namen ihres Mannes frow Küngolten Gräfin ze Montfort.
Das Geburtsdatum der K. v. W. ist nicht bekannt. Da sie seit ca. 1404 verheiratet war, ist sie vor 1390 geboren. Ihre Eltern haben 1383 geheiratet, K. v. W. gehörte zu den beiden älteren Töchtern, könnte also um 1385 (plus/minus ein bis drei Jahre) geboren sein. Das Sterbedatum ist ebenfalls unbekannt. K. v. W. tritt zuletzt am 5. Februar 1438 als noch lebend auf. Ihr Tod liegt vor dem 26. November 1443, an dem ihre Söhne von unser Fraw und Muetter seelig sprechen. Ihre letzte Ruhestätte fand K. v. W. mit ihrem Mann Wilhelm V. (†1439) im Familiengrab im Kloster Langnau bei Tettnang.
K. v. W. war die älteste Tochter des Grafen Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg zu Bludenz (†1418) und der Ursula Gräfin von Schaunberg (†1417/19). Da ihr Bruder Johann III. bereits 1412 vor dem Vater starb, wurde sie mit ihren vier Schwestern zur Erbschaft berufen. Zudem wurde für die Töchter Albrechts III. von Bedeutung, dass dessen Schwester Katharina von Werdenberg die Mutter des 1436 auf der Schattenburg in Feldkirch verstorbenen reichen Friedrich von Toggenburg war. Damit wuchs ihnen ein Anteil an dem reichen Toggenburger Erbe zu.
K. v. W.s Leben war das der Ehefrau eines bedeutenden Territorialherrn am Bodensee und Alpenrhein. Sie heiratete 1404 den ehemaligen geistlichen Herrn Wilhelm V., Graf von Montfort zu Tettnang, bezeugt 1374-1439. Er war 1389 Domherr zu Augsburg und hatte 1390 an der Universität Wien studiert. 1397 resignierte er als Pfarrer von Mittelberg (Kleinwalsertal), 1400 wird er als Kirchherr zu Bingen (Landkreis Sigmaringen) genannt. Nach dem Tod seiner weltlichen Brüder Heinrich V. (†1396) und Hugo IX. (†1404) war der Fortbestand der Familie gefährdet, sodass Wilhelm V. am 9. Mai 1404 die päpstliche Erlaubnis zur Heirat und zur Rückkehr in den weltlichen Stand erhielt. Er wurde Herr zu Tettnang, auch zu Werdenberg bei Buchs (Kanton St. Gallen) und kam 1437 in den Besitz der Gerichte im Prättigau (Kanton Graubünden), u. a. von Davos, aus den toggenburgischen Erbschaftsanteilen seiner Ehefrau K. Wilhelm V. setzte die Politik seines Vaters Heinrich IV. im Dienste der Habsburger fort; blieb aber auch ein treuer Gefolgsmann des Kaisers. Eine führende Rolle spielte er auf dem Konstanzer Konzil 1415/18, 1433 war er Schirmvogt des Basler Konzils. 1418-1436 war Wilhelm V. der erste österreichische Vogt in Bludenz, 1424 Hofmeister des Erzherzogs in Innsbruck, 1429 österreichischer Landvogt im Breisgau und im Oberelsass. Wilhelm V. war auch der Eidgenossenschaft verpflichtet; er stand in einem Burgrecht mit Zürich und im Landrecht mit Schwyz und Glarus. 1432/33 begleitete er den König nach Rom. Der Kaiser erneuerte ihm 1439 sämtliche Privilegien. Das bewegte Leben Wilhelms V. mit seinen zahlreichen Ortswechseln gestaltete auch das Leben K. v. W.s. Es mag für sie eine Belastung gewesen sein, dass Wilhelm V. sich nie von seiner vorehelichen Konkubine Grete Gabler und den mir ihr gemeinsamen Söhnen Wilhelm und Heinrich getrennt hat.
K. v. W. hatte aus ihrer Ehe mit Wilhelm V. sieben Kinder: Heinrich VI., erw. 1434-1444, Graf von Montfort zu Werdenberg und Inhaber der Gerichte im Prättigau, er war 1431 Statthalter der Landvogtei im Elsass; Ulrich V., 1410-1495, Graf von Montfort zu Tettnang; Hugo XIII., 1410-1491, Graf von Montfort zu (Langen-)Argen; Rudolf VII. (†1449), Graf von Montfort zu Rothenfels; Wilhelm VI., erw. 1431-1435, Graf von Montfort; Klara, verheiratet in erster Ehe mit Albrecht IV. von Rechberg auf Staufeneck (†1439), in zweiter Ehe mit Konrad Schenk von Limburg auf Gaildorf (†1482); Kunigunde, heiratete 1432 Eberhard Truchsess von Waldburg, Graf von Sonnenberg und Friedberg-Scheer (†1479).
Im Appenzellerkrieg floh Albrecht III. 1405 mit seiner Familie in das montfortische Schloss Rothenfels im Allgäu. Er entband die Bürger von Bludenz von ihrem Eid und stimmte ihrem Beitritt zum Bund ob dem See zu: 1408 holten die Bludenzer Bürger ihren Stadtherrn mit grossen frewden wieder zurück nach Bludenz. K. v. W. war wohl von diesen Ereignissen persönlich nicht betroffen, da sie bereits verheiratet war und ihr Mann 1405 auf Schloss Werdenberg eine Belagerung durch die Appenzeller überstand. K. v. W. dürfte hier unruhige und bedrohliche Kriegsjahre verbracht haben. Graf Albrecht III. verpfändete zu Feldkirch am 21. Juli 1408 seinem Schwiegersohn Wilhelm V. die Burgen Alt- und Neuschellenberg „von vnser lieben tochter fro Kunigund sins wybs hainstur wegen“. Zu Bludenz am 31. Oktober 1412 verkaufte Albrecht III. dem Grafen Wilhelm V. zur Abwendung größeren Schadens die beiden Festen und Burgstall am Eschnerberg Alt- und Neuschellenberg um 3.846 fl. Am 24. Juni 1427 verzichteten die fünf Töchter Albrechts III. Kunigunde, Agnes, Verena, Katharina und Margaretha auf die Herrschaft Bludenz und das Tal Montafon, wofür sie mit einer Abfindungssumme von 4.000 Gulden bezahlt worden waren. In den Jahren 1436 und 1439 trat K. v. W. mit ihren Schwestern Verena, Katharina und Margaretha ihr Toggenburger Erbe an. Damit hatten K. v. W. und ihr Sohn Rudolf VII. die Landesherrschaft in den Bündner Gerichten angetreten, ebenso ihre Schwester Katharina, verwitwete Sax-Misox, mit ihrem Sohn Heinrich. Beide Schwestern waren einander besonders zugetan. Sie förderten in diesen rätischen Gerichten die Freiheitsbewegung des Zehngerichtebunds. K. v. W., unterstützt von ihrem Mann Wilhelm V. und ihrem Sohn Rudolf VII., sowie Katharina, unterstützt von ihrem Sohn Heinrich, erteilten am 5. Februar 1438 zu Davos der dortigen Landschaft einen umfassenden Freiheitsbrief. Am gleichen Tag gaben Rudolf VII. namens seiner Mutter K. und Heinrich von Sax namens seiner Mutter Katharina den Walsern von Innerbelfort einen Freiheitsbrief.
K, v. W. hat ein Siegel hinterlassen, das 1413 und 1435 verwendet wurde. Das Allianzwappensiegel zeigt links den Montforter Schild, rechts im Schild die Heiligenberger Stiege, und ist mit Pflanzen im Siegelfeld geschmückt; die Umschrift lautet S. Kungdt Cmitissa de Werdenberch. Ein Bildnis der Gräfin K. v. W. mit ihrem Mann Wilhelm V. ist überliefert in einem farbigen Glasfenster im Chor in der Pfarrkirche zu Eriskirch (Bodenseekreis), das der Familie Heinrichs IV. (†1408) gewidmet und um 1420 entstanden ist. Die Inschrift zu K. lautet: d[omi]na kungunt de werden[berg]. Jahrzeitstiftungen sind, abgesehen von dem Anniversarium des Klosters Langnau, keine bekannt. K. v. W. war hier am Erbbegräbnis der Grafen von Montfort ständig in die Gebete der Paulinermönche einbezogen.
L.: Burmeister 2009, Kuhn 1986, Liesching 1982, Mooser 1905, Roller 1900-1908, Vanotti 1845 (mit falscher genealogischer Einordnung)
Karl Heinz Burmeister