Kohlmann Alice, Lisa, Lizzy, Litzi, Litzy, Lizy, gesch. Friedmann, gesch. Philby, gesch. Honigmann; Übersetzerin, Journalistin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 2.5.1910
Gest. Wien, 19.5.1991
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Israel Kohlmann, Beamter der Israelitischen Kultusgemeinde, stirbt in London im Mai 1939 wenige Wochen nach seiner Ankunft. Mutter: Gizella Kohlmann, emigriert 1939 nach London.
LebenspartnerInnen, Kinder: Erster Ehemann: Friedmann, Zionist, wandert nach Palästina aus, die Ehe wird geschieden; im Februar 1934 Heirat mit dem nachmaligen „Meisterspion“ Kim Philby, eigentl. Harold Adrian Russel, 1912 – 1988 britischer Doppelagent, Scheidung 1946. Dritter Ehemann: Dr. Georg Honigmann (1903-1984), Journalist, Korrespondent der Vossischen Zeitung, während seines Exils in London arbeitet er für den Exchange Telegraph und schreibt für deutschsprachige Zeitungen. Er wird als feindlicher Ausländer verhaftet und ein Jahr in Kanada interniert. Nach eigenen Angaben ist er dort zum Kommunisten geworden. Nach seiner Rückkehr nach London trat er bei der Nachrichtenagentur Reuters ein. Eine Tochter: Barbara Honigmann, geb. 1949 in Berlin (DDR), Regisseurin, Autorin und Malerin, lebt seit 1984 in Straßburg.
Ausbildungen: Matura, einjähriges Französischstudium in Grenoble.
Laufbahn: A. K. wuchs in einem ungarischen Dorf nahe der kroatischen Grenze bei ihren Großeltern mütterlicherseits auf, bis sie in Wien eingeschult wurde. Dort verbrachte sie weiterhin ihre Ferien und konnte so ihre ungarischen Sprachkenntnisse erweitern.
1933 tritt sie der KPÖ bei, war in den Jahren 1933-1934 für die KPÖ tätig und musste deswegen 1933 einige Wochen in Untersuchungshaft verbringen. Sie war auch für die Internationale Rote Hilfe (IRH) tätig. In deren Auftrag versteckte sie ab 1932/1933 Verfolgte des Horthy-Regimes in ihrer Wiener Wohnung. Sie betreute im Rahmen der IRH Flüchtlinge aus den Balkanländern, die sich in Österreich illegal aufhalten mussten. In ihrer Wohnung fanden illegale politische Besprechungen statt. Zu dieser Zeit lernt sie Kim Philby kennen, der gerade sein Studium in Cambridge abgeschlossen hatte. Philby brachte Geld zur Unterstützung der Arbeiter im Roten Wien und half den besiegten Schutzbündlern bei der Flucht. A. K. heiratete Philby und sie flüchteten nach London, wo er vom sowjetischen Geheimdienst angeworben wurde. A.K. ist für die vom KGB inszenierte Karriere Philbys im britischen Geheimdienst nicht brauchbar, da sie als Kommunistin bereits „amtsbekannt“ ist. Also muss sie eine arrangierte politische Wandlung durchmachen und sich in deutschfreundlichen Kreisen bewegen.
Philby ist während des Bürgerkrieges in Spanien und berichtet auf der Seite Francos. A. K. war seine Verbindungsfrau, sie lebte zu dieser Zeit in Paris am Quai d‘ Orsay. Philby überbrachte ihr Nachrichten bei Geheimtreffen meist nahe der spanischen Grenze, die sie an den Kontrolloffizier in Paris weiterleitete. 1939 kehrte A. K. nach London zurück. Dort lernt sie ihren dritten Ehemann Georg Honigmann kennen. 1946 verlässt sie London, nachdem Georg Honigmann in Berlin eine Wohnung für sie gefunden hatte. Er war von Reuters als Berichterstatter nach Hamburg geschickt worden und läuft dort in den sowjetischen Sektor über. In Berlin ist er für die russische Presse tätig.
In einer 1951 angelegten Stasi-Akte hieß es, dass er aufgrund seiner Tätigkeit für Reuters Kontakte zu westlichen Geheimdiensten hatte. Für A.K. gab es keine Stasi-Akte weil für sie, nach eigenen Angaben, der KGB direkt zuständig war.
K. war nach dem Krieg in die jüdische Gemeinde eingetreten, aus der sie 1951 austrat, vor die Wahl gestellt entweder Parteimitglied der SED oder Mitglied der Gemeinde zu sein. Sie arbeitete als Pressechefin der DEFA und später als Synchronregisseurin, wo sie Filme aus dem Italienischen, Englischen, Französischen und Tschechischen synchronisierte. Sie unternahm öfter Reisen nach Wien und Budapest und bemühte sich ab den 1970er Jahren um die Erneuerung ihrer österreichischen Staatsbürgerschaft und die Anerkennung als politisch Verfolgte. Ihre Rückkehr nach Wien fand 1984 statt, indem sie von einer „Westreise“ nicht zurückkehrte. Es wurde ihr die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen und sie erhielt eine kleine Rente. A.K. trat erneut in die IKG ein und arbeitete einmal in der Woche als ehrenamtliche Mitarbeiterin im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.
Nach Kim Philbys Tod 1988 wird sie neuerlich von Journalisten bedrängt, über ihr Leben mit ihm zu berichten, was sie ablehnt. Nur ihrer Tochter erzählt sie im Alter von nunmehr 80 Jahren aus ihrem Leben.
L.: Honigmann 2004, Wikipedia
Karin Nusko