Königin Anna Maria, Regina (lat. Namensform), von Mohrenheim; Ziehtochter der Kaiserin Maria Theresia

Geb: An der Schwarzmeerküste, um 1730

Gest. Wien, 19.8.1803

Herkunft, Verwandtschaften: A. M. wurde an der Schwarzmeerküste im Land der Tscherkessen geboren. Ihre Eltern, so glaubte sie, waren katholische Christen (Schutzbehauptung?). Als sie etwa 5 Jahre alt war, wurde die ganze Familie von der Pest dahingerafft, ausgenommen sie selbst und eine jüngere Schwester. Kurz darauf wurden sie beide von fremden Männern fortgeschleppt, auf Schiffe gebracht und getrennt – sie sah ihre Schwester nie mehr.

LebenspartnerInnnen, Kinder: A. M. heiratete am 23.11.1747 in Maria Brunn bei Wien Johann Evangelist von Mohrenheim (1722-1788). Dieser war der älteste Sohn des reichsten Bankiers von Konstantinopel, Baptist Mohrenheim. Als ihm eines Tages der Sultan die seidene Schnur schickte und ihn so zum Tod verurteilte, um sich seines Vermögens zu bemächtigen, versteckte seine Frau einen Teil dieses Vermögens und ging ein Verhältnis mit einem Engländer ein; den ältesten Sohn, der ihnen im Weg war, steckten sie auf Lebenszeit in das Kapuzinerkloster in Pera (Vorstadt von Konstantinopel); er flüchtete jedoch und schloss sich einem Kaufmann aus Wien an, der ihn in seine Heimatstadt brachte und in seinem Tuchgeschäft anstellte. Hier sah er A. M., die ebenfalls aus Konstantinopel geflüchtet war, und verliebte sich in sie. Nach einigen Intrigen der Kostfrau, bei der A. M. von der Kaiserin Maria Theresia untergebracht worden war, erhielten sie von der Kaiserin die Heiratserlaubnis und Johann Mohrenheim wurde in kaiserliche Dienste genommen, u. a. als kaiserlicher Abgesandter anlässlich der Papstwahl Pius VI. 1780 trat er in den Ruhestand. Die Ehe war glücklich und sie bekamen 10 Kinder, von denen 4 die Eltern überlebten: Franz Seraphin (geb. 1754) besuchte die Cadettenschule im Prinz Emanuelischen Stift, wurde dann zaristischer Major, kehrte nach Österreich zurück und wurde schließlich Hauptmann in Oberösterreich; der Arzt Joseph Edler von Mohrenheim wurde 1756 geboren (Taufpatin war Kaiserin Maria Theresia); nach dem Studium der Chirurgie und Operationstätigkeit am Spanischen Spital übersiedelte er auf Einladung des Zaren nach St. Petersburg als kaiserlicher Leibchirurg; Lieblingstochter war Maria Theresia (geb. 1759, ebenfalls Taufkind der Kaiserin Maria Theresia), die den ungarischen Gutsbesitzer Michael von Köröskeny heiratete; ihre jüngste Tochter war Theresia Elisabeth (gen. Elise, geb.1763), verehelichte Dierkes, bei der die Eltern jeweils ihre letzte Lebenszeit verbrachten. Nach deren Tod schrieb sie nieder, was die Eltern über ihr Leben erzählt hatten, und trug Unterlagen darüber zusammen.

Laufbahn: Sie wurde nach Konstantinopel geführt und an einen reichen Kaufmann verkauft, in dessen Familie sie gut behandelt wurde. Sie lernte türkische Stickarbeiten herzustellen. Lediglich der Sohn des Hauses behandelte sie schlecht, und nach etwa 6 Jahren begann sie an Flucht zu denken. Mit Hilfe des alten Torwächters flüchtete sie in das Kloster der Trinitariermönche im Vorort Pera, die das Recht hatten, Gefangene freizukaufen, und nach aufregenden Szenen und Verhandlungen stimmte ihr bisheriger Herr ihrer Freilassung gegen Rückerstattung des Kaufpreises von 819,20 Gulden zu. Sie wurde nach Wien gebracht und ist im Wiener Diarium für den 18.8.1745 in der Liste der befreiten Gefangenen als Nr. 57 genannt: „Anna Maria R., beyläufig 14. Jahr, gefangen 7 Jahr. 819.20 Gulden.“ Die Kaiserin Maria Theresia ließ sie zu sich rufen, nahm sie unter ihren besonderen Schutz als Ziehtochter (wie sie sie immer nannte), gab sie in Kost und Quartier und ließ sie in der deutschen Sprache und in Religion unterrichten und auf die Taufe vorbereiten. Am 14.8.1746 wurde sie in der Hofkapelle in Wien im Beisein der Kaiserin und der Erzherzoginnen auf die Namen Anna Maria Theresia Josefa getauft; da sie ihren Familiennamen nicht kannte, ließ ihr die Kaiserin den Zunamen „Königin“ geben. Die Kaiserin war auch ihre Trauzeugin und übernahm alle Kosten ihrer Hochzeit, war Taufpatin von 6 ihrer Kinder und gab ihr zeitlebens Zuwendungen aus ihrer Privatschatulle. A. M. war sehr fromm und der Kaiserin zeitlebens überaus dankbar.

Qu.: Aufzeichnungen der Elise Dierkes; Wienerisches Diarium zum 18.8.1745.

L.: Montjoye 2000

 

Edith Stumpf-Fischer