Kiesewetter von Wiesenbrunn Irene, verh. Prokesch von Osten; Pianistin
Geb. Wien, 27.3.1811
Gest. Graz, Stmk., 7.7.1872
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Raphael Georg Kiesewetter von Wiesenbrunn (1773-1850), Musikhistoriker; Mutter: Jacobine, geb. Cavallo (†1846); Bruder: Karl (†1854), Hofkammerrat in Wien.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1832 Heirat mit dem Diplomaten Anton v. Prokesch-Osten (1795-1876), den sie 1830 bei einem Hauskonzert mit Alter Musik kennen gelernt hatte. Aus der Ehe gingen drei Söhne und eine Tochter hervor, von denen nur der älteste Sohn, Anton P.-O., k. k. Major, verheiratet mit der Schauspielerin Friederike Goßmann (1837-1906) und die Tochter Irene (1841-1898), verheiratet mit dem k. k. Legationsrath Freiherr von Reyer, die Eltern überlebten.
Laufbahn: Im Hause ihrer Eltern wurden vier bis sechs Konzerte pro Jahr veranstaltet, die vor allem für die Schubert-Pflege von Bedeutung waren. I. K. erregte im Rahmen der Hauskonzerte mit ihrem Klavierspiel großes Aufsehen. Der 14-jährigen, die Schubert manches Mal begleitete, widmete der Komponist eine Kantate. Mit dem Pianisten Johann Baptist Jenger spielte sie vierhändig Werke Schuberts sowie Beethovens Orchesterwerke. Als I. K. nach einer schweren Erkrankung wieder gesund wurde, widmete ihr Schubert eine weitere Kantate. Jenger bezeichnete sie als „eine der ersten Klavierspielerinnen Wiens“ (Brief an Marie Pachler 1828, Deutsch Dokumente, S. 486). Nach der Heirat führte sie ihre vielfältigen musikalischen Aktivitäten fort. Gäste des Hauses Prokesch waren Thalberg, Jenger sowie der damals bekannte Schubert-Sänger Karl Freiherr von Schönstein, den die Gastgeberin auf dem Klavier begleitete. 1834 wurde ihr Mann als Gesandter nach Athen versetzt. Dort baute sie einen Salon nach Wiener Vorbild auf. Jeden Dienstag wurde Hausmusik gemacht, bei der sie Klavier spielte und sang. Viele berühmte Schriftsteller, Maler und Musiker kamen zu Besuch. 1835 spielte sie mit Ascher, dem Hofkapellmeister König Ottos von Griechenland Werke von Beethoven, ob im privaten oder halböffentlichen Raum, ist unklar. 1849 zog die Familie nach Berlin, wo I. P. häufig mit Giacomo Meyerbeer Klavier spielte. 1853 ging ihr Mann aus beruflichen Gründen nach Frankfurt und 1855 nach Konstantinopel. I. P. scheint ihn nicht begleitet zu haben. Sie bezog ein Haus in Graz, welches wiederum ein gesellschaftlicher Treffpunkt für Musiker und Dichter wurde. Über ihren weiteren Werdegang sowie die Umstände ihres Todes ist nichts bekannt.
Ausz., Mitglsch.: F. Schubert schätzte ihr Können und komponierte für sie das Quartett für vier gemischte Stimmen und Klavier „Der Tanz“ (1825) und die „Kantate zur Feier der Genesung des Frl. I. v. K.“, für sechs gemischte Stimmen und Klavier (1872). J. Teltscher aquarellierte sie 1830, Kriehuber lithographierte sie 1849.
L.: Bertsch 2005, Blume 1949-68, Bodendorff 1996, Deutsch 1913, Deutsch 1951, Deutsch 1964, Deutsch 1983, Kier 1968, ÖBL, Wurzbach, Lexikon Europäische Instrumentalistinnen des 18. und 19. Jahrhunderts: http://www.sophie-drinker-institut.de/, ÖML