Kautsky-Ronsperger Luise, geb. Ronsperger; Parteifunktionärin, Journalistin und Übersetzerin

Geb. Wien, 11.8.1864

Gest. Auschwitz, Deutsches Reich − Generalgouvernement (Oświęcim, Polen), 8.12.1944

Herkunft, Verwandtschaften: Die Eltern besaßen in Wien eine Konditorei. Der Vater beging Selbstmord, als sie noch klein war. Sie war Jüdin, entwickelte aber zum Judentum keine Beziehung. Sie war bekennende Sozialistin.

LebenspartnerInnen, Kinder: 1890 Heirat mit Karl Kautsky (1854-1938), sozialdemokratischer Theoretiker und Historiker, als dessen 2. Frau. Söhne: Felix (1891-1953), Karl (1892-1978), beide konnten rechtzeitig in die USA auswandern, Sohn Benedikt (1894-1960), Dr., 1921-28 Sekretär der Wiener AK, Freiheitsstrafen 1938-45 in KZ Dachau, Buchenwald und Auschwitz, Univ. Doz. in Wien, wirkte am Parteiprogramm der SPÖ 1958 entscheidend mit.

Laufbahn: Zunächst Mitarbeiterin in der elterlichen Konditorei, Politikerin SDAP, führende Pionierin der Arbeiterbewegung. Nach der Hochzeit zog das Paar nach Stuttgart, wo Karl Kautsky die „Neue Zeit“ herausgab und sie seine Mitarbeiterin wurde. Als „brillante Sekundantin“ las und beurteilte L. K. die Artikel ihres Mannes. Sie machte sich auch als Übersetzerin aus dem Französischen, Englischen und Russischen einen Namen. Weiters schrieb sie zahlreiche biografische Skizzen und persönliche Erinnerungen über Frauen und Männer der sozialistischen Bewegung und war Mitarbeiterin der sozialdemokratischen Frauenzeitschrift „Die Gleichheit“. Wegen einer Affäre mit einem anderen Mann kam es zu einer kurzzeitigen Trennung der Kautskys. Nach kurzer Wohnsitzverlegung nach Berlin übersiedelte die Familie mit ihren drei Söhnen 1924 nach Wien. Nach dem „Anschluss“ Österreichs gingen sie über Prag nach Amsterdam ins Exil. Zwei ihrer Söhne lebten damals schon in den USA und rieten ihren Eltern, zu ihnen zu ziehen. Doch sie lehnten dies ab, ebenso wie den Rat der Labour Party, nach England zu übersiedeln, da L. K. sich um ihren Sohn sorgte, der im KZ Buchenwald inhaftiert war. Kurz nach ihrem 80. Geburtstag wurde sie von der Gestapo in Amsterdam aufgespürt und in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie wurde durch die Hilfe der Wiener Ärztin Ella Lingens − selbst Häftling − ins Krankenrevier geschmuggelt, was ihr jedoch den Tod nicht ersparte.

Qu.: Nachlass Luise Kautsky, Internationales Archiv für Sozialgeschichte Amsterdam http://www.iisg.nl/collections/kautsky.php; Tagblattarchiv (Personenmappe); Manuskript Hilde Koplenig.

W. u. a.: „Beiträge zur Naturgeschichte des Krieges. Hg. v. Georg Graf Areo, A. Einstein, Walburga Geiger, Helmut v. Garlach, Maximilian Harden, Max Hodann, Luise Kautsky, Elisabeth Rotten, Erich Schlesinger, Helene Stöcker. 1. Heft“ (1919), „Rosa Luxemburg: Briefe an Karl und Luise Kautsky (1896-1918). Hg. v. L. Kautsky“ (1923), „Rosa Luxemburg. Ein Gedenkbuch“ (1929), „Karl Kautsky“ (1930), „Erinnerungen aus der Frühzeit der Arbeiterinnenbewegung. In: Handbuch der Frauenarbeit in Österreich. Hg. v. d. AK Wien“ (1930), „Russische Frauen von gestern und heute. In: Frauentag 1932“. Übersetzungen: „Boudin, Louis: Das theoretische System von Karl Marx. Übersetzung aus dem Französischen“ (1909), „Lafargues, Paul: Ursprung und Entwicklung des Begriffs der Seele. Übersetzung aus dem Französischen“ (1909), „Marx, Karl/Engels, Friedrich: Gesammelte Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels 1852-1862. 2 Bände, Übersetzung aus dem Englischen“ (1920), „Marx, Karl: Die Inauguraladresse der internationalen Arbeiter-Association“, Übersetzung aus dem Englischen“ (1928)

L.: BLÖF, Buchegger 2002, Dick /Sassenberg 1993, ÖBL, ÖNB 2002, Pasteur 1986, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Sporrer 1983, Steiner 1973, AZ 11.8.1954