Kautsky Min(n)a, Wilhelmine, geb. Jaich, Ps. Eckert, Wilhelm Wiener; Schauspielerin, Schriftstellerin und Dramatikerin
Geb. Graz, Stmk., 11.6.1837
Gest. Berlin Friedenau, Deutsches Reich (Deutschland), 20.12.1912
Herkunft, Verwandtschaften: Älteste Tochter von Marie und Anton Jaich. Der Theatermaler übersiedelte 1845 mit der kinderreichen Familie (sechs Geschwister) nach Prag.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1854 Heirat mit Jan (Johann) Kautsky (1827-1896), akademischer Maler; eine Tochter und drei Söhne, darunter Karl Kautsky (1854-1938), Politiker; Hans Kautsky (1864-1937), Theatermaler. Von 1863 bis 1904 lebte die Familie in Wien, wo der Vater eine Anstellung als Hoftheatermaler angenommen hatte.
Laufbahn: M. K. wollte Schauspielerin werden und trat ab ihrem 14. Lebensjahr auf dem Liebhabertheater zu St. Nikolaus und später am Prager Stadttheater auf. Erst nach ihrer Heirat konnte sie die Bühnentätigkeit als Beruf ausüben und wirkte am Stadttheater Olmütz, ab 1855 am deutschen Theater in Prag, 1860 am Hoftheater Sondershausen und in Berlin, 1861 am böhmischen Landestheater in Prag. 1862 musste sie die Schauspielerei wegen eines Lungenleidens aufgeben. Ab 1863 lebte sie in Wien und war als Schriftstellerin tätig. Sie verfasste unter Pseudonymen novellistische Skizzen für die (sozialdemokratische) Presse, schrieb Gedichte und Dramen und wurde schließlich eine erfolgreiche Erzählerin und Romanautorin. Als eine der ersten Schriftstellerinnen machte M. K. die Arbeiterfrage und die sozialistische Weltanschauung sowie die Frauenfrage zu Romanthemen. Ihre Romane wurden um die Jahrhundertwende zur viel gelesenen Lektüre sozialdemokratischer Familien, was ihr den Beinamen „die rote Marlitt“ einbrachte.
Ausz., Mitglsch.: In Wien war sie provisorische (Vize-)Präsidentin des neu gegründeten Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen (1885). 1892 erhielt sie den 2. Preis einer Ausschreibung des Deutschen Volkstheaters für das Lustspiel „Sie schütze sich selbst“. Die Stadt Graz vergibt seit Ende der 1990er Jahre den Minna Kautsky-Frauenliteraturpreis, in dessen Rahmen Grazer Schriftstellerinnen in den Kategorien Lyrik und Prosa ausgezeichnet werden.
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe); Nachlass Karl Kautsky: Amsterdam, Internationaal, Instituut voor Sociale Geschiedenis.
W.: Mitarbeit am „Österreichischen Arbeiterkalender“ u. a. „Madame Roland. Historisches Drama“ (1878), „Herrschen oder Dienen? Roman in 2 Bänden“ (1882), „Helene. Roman in 3 Büchern“ (1884), „Die Alten und die Neuen. Roman. 2 Bände“ (1885), „Viktoria. Roman in 2 Teilen“ (1889), „Sie schützt sich selbst. Lustspiel“ (1892), „Die Mühseligen und Beladenen“ (1900), „Im Vaterhause“ (1904), „Der Pariser Garten und anderes“ (1913), „Gesammelte Schriften. Volksausgabe 1. und 2. Band“ (1914).
L.: Braun/Fürth/Hönig 1930, Groß 1893, Juchacz 1956, Keckeis/Olschak 1953/54, ÖBL, ÖNB 2002, Pataky 1898, Riesenfellner/Spörk 1996, Schmidt-Bortenschlager 1982, Schmidt-Bortenschlager 1988, Wikipedia, http://www.dasrotewien.at/, http://www.onb.ac.at/ariadne/vfb/bio_kautsky.htm