Humann-Wagner-Jauregg Julia (Julie); Forschungsreisende, Sammlerin von Ethnographica, Reisefotografin und Reisejournalistin

Geb. Wien, 19.7.1900
Gest. Toulon, Frankreich, 7.2.1987

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Julius Wagner-Jauregg (1857–1940), Psychiater und Nobelpreisträger für Medizin; Mutter: Balbine Frumkin, geb. Goldberg (gest. 1924?, Jüdin), Heirat September 1890 in Graz; (Halb-)Bruder: Jakob, (Halb-)Schwester: Melanie (Mela, geb. 1882), beide mit gemeinsamer Mutter Balbine Frumkin; (Halb-)Bruder: Theodor (1903–1992), mit gemeinsamem Vater Julius Wagner-Jauregg und dessen späterer zweiten Ehefrau Anna Wagner-Jauregg, geb. Koch (erst 1924 Heirat, Theodor wurde unehelich geboren).

LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Henri Humann, einem französischen (Militär-)Arzt, Hochzeit in Wien.

Freundschaften: Befreundet mit der Schriftstellerin Alma Johanna Koenig, die sich 1925 bis 1930 in Algier aufhielt und deren Mann dort als Konsul tätig war.

Ausbildungen: Laborantin, Rotkreuzschwester.

Laufbahn: Von 1926 bis 1932 lebte J. W.-J., unterbrochen nur durch zwei längere Aufenthalte in Wien, in der algerischen Sahara, damals unter französischer Kolonialverwaltung. Ausgehend von der Oase El Goléa, wo sie ihren Wohnsitz hatte, unternahm sie mehrere Expeditionen durch die algerische Sahara und lernte sie vom Nordrand bis nach Mali im Süden, dem damaligen Französisch-Sudan, ein Gebiet fast so groß wie Europa, kennen. Sie widmete sich hier der Erforschung des Lebens der Tuareg und besuchte unter anderem – zum Großteil mit Kamelen – das Hoggar (Ahaggar) im Süden des heutigen Algerien und das nordöstlich davon gelegene Bergland Tassili N’Ajjer. Während dieser Zeit hielt sie in Wien immer wieder Vorträge über ihre Reisen und Forschungen, etwa 1928 in der Wiener Geographischen Gesellschaft und im Ingenieur- und Architekturverein oder auch im Jänner 1931 für Radio Wien. Während ihrer Aufenthalte in Afrika und Indochina arbeitete sie als Reisejournalistin für mehrere Wiener Tages- und Wochenzeitungen. In Tamanrasset lernte sie ihren zukünftigen Mann, Henri Humann, kennen, einen französischen Militärarzt. Sie verließen gemeinsam Ende 1932, Anfang 1933 die Sahara, im Frühjahr 1935 gingen sie nach vergeblichen Versuchen, nach Afrika zurückzukehren, für zweieinhalb Jahre nach Französisch-Indochina. Während des Krieges (vermutlich Zweiter Weltkrieg) arbeitete sie als Rotkreuzschwester. Später übersiedelte sie mit ihrem Ehemann nach Toulon. Von dort besuchte sie mehrmals für längere Zeit Wien, zum Beispiel von November 1943 bis März 1944, ebenso im Mai 1949.

J. H.-W.-J. betätigte sich bei den Tuareg auch als Sammlerin ethnographischer Objekte, 37 Gegenstände überließ sie zwischen 1929 und 1933 als Geschenke dem Museum für Völkerkunde in Wien, die, wie Alfred Janata, der zuständige Leiter der Abteilung Nordafrika, Vorder- und Zentralasien des Museums, 1978 in einem Brief an H.-W.-J. schrieb, „einen wesentlichen Teil des kleinen Bestandes einschlägiger Sammlungen“ darstellen. Schließlich schenkte sie dem Museum 1979 neun weitere Sammelobjekte, darunter „kulturhistorische Dokumente ersten Ranges“, wie der damalige Kustos ebenfalls notierte, sowie 35 Foto-Negative von den algerischen Tuareg.

Qu.: Museum für Völkerkunde, Wien, Archiv und Fotosammlung. Les Archives municipales de Toulon. Tagblatt-Archiv, Wienbibliothek. Archiv für publizistisches Arbeiten (Internat. Biograph. Archiv), Teilpublikation 1934.

W.: (journalistische Arbeiten): „Wüstenreisen. In: Neue Freie Presse (NFP), 16.10.1928, S. 11–12“, „Mein Heim in der Wüste. In: NFP, 25.10.1928, S. 10–11“, „Abenteuer einer Wienerin in der Wüste. In: NFP, 2.2.1929, S. 11–12“, „Leben in der Sahara. In: Radio Wien, 7. Jg., 1930/31, Heft 14, 2.1.1931, S. 14–15”, „Ich lebe in der Sahara. I. In: Neues Wiener Tagblatt (NWT), 15.3.1931, S. 23–24“, „Ich lebe in der Sahara. II. In: NWT, 22.3.1931, S. 23–24“, „Ich lebe in der Sahara. III. In: NWT, 29.3.1931, S. 25–26“, „Ich lebe in der Sahara. IV. In: NWT, 5.4.1931, S. 30–31“, „Ich lebe in der Sahara. V. In: NWT, 12.4.1931, S. 25–26“, „Ich lebe in der Sahara. VI. In: NWT, 19.4.1931, S. 23–24“, „Ich lebe in der Sahara. VII. In: NWT, 26.4.1931, S. 23–24“, „Ich reise in die Sahara. Vorbereitungen, Reiseroute und Kosten. In: NWT, 25.12.1931, S. 29–30, „Wiedersehen mit der Sahara. In: NFP, 31.1.1932, S. 26–27“, „Ein Paradies in der Wüste. Mein Lieblingsplatz in der Sahara. In: NFP, 1.5.1932, Beilage, S. 31–32“, „Trauungen von Kindern. Tragische Folgen der arabischen Verwandtenehen. In: NFP, 26.3.1933, Beilage, S. 21“, „Die Hoggar. In: Radio Wien, 9. Jg., 1932/33, Heft 30, 21.4.1933, S. 8–9”, „Besuch bei den Hoggar-Tuareg. Idyll in der Sahara. In: NFP, 9.4.1933, Beilage, S. 25“, „Volksmedizin der Tuaregs. In: NFP, 30.4.1933, Beilage, S. 30“, „Nach Indochina mit der Fremdenlegion. In: NFP, 17.4.1935, Feuilleton, S. 1–2“, „Von Port Said nach Dschibuti. In: NFP, 7.5.1935, Feuilleton, S. 1–3“, „Fahrt durch den Indischen Ozean. In: NFP, 13.5.1935, Feuilleton, S. 1–2“, „Kleine Garnison in Asien. In: NFP, 19.8.1935, Feuilleton, S. 1–2“, „Im tongkinesischen Delta. In: NFP, 6.11.1935, Feuilleton, S. 1–2“, „Exotische Landstraße. In: NFP, 13.12.1935, Feuilleton, S. 1–2“, „Exotische Tafelfreuden. In: NFP, 25.4.1936, Feuilleton, S. 1–2“, „Im Reisfeld. In: NFP, 9.6.1936, Feuilleton, S. 1–2“

L.: Die Sammlungen des Museums für Völkerkunde in Wien 1978, Hassinger 1950, Koenig 1931, Koenig 1933, Marschalek 1949, Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Wien, Thury 1949, Wagner-Jauregg 1985, Whitrow 2001, Zöhrer 1950

Gabriele Habinger