Hug-Hellmuth Hermine Edle, geb. Edle von Hugenstein Hug; Kinderpsychoanalytikerin und Heilpädagogin

Geb. Wien, 31.8.1871
Gest. Wien, 9.9.1924

Herkunft, Verwandtschaften: Zweites Mädchen einer österreichischen adeligen Offiziersfamilie; Vater: Hugo Hug, Ritter von Hugenstein (†1898), Hauptmann; Mutter: Ludowica, geb. Leiner (†1883); eine Tante versorgte die Familie nach dem frühen Tod der Mutter. Das Vermögen der Familie ging durch die Krise 1873 verloren. 1915 Tod der Schwester, Verantwortung für deren Sohn Rolf, der aber nur zeitweise bei ihr lebte, zunehmende Schwierigkeiten mit Rolf, 1919 wird Isidor Sadger dessen vierter Vormund.

Ausbildungen: Privatunterricht durch die Mutter, ca. 1882-1886 Lyzeum, Lehrerinnenausbildung; Philosophiestudium an der Universität Wien, 1908 (1909) Promotion; ab 1906 Analyse bei Isidor Sadger, Arzt, Fortsetzung der Analyse in Form dauerhafter Beratung, psychoanalytischer Begleitung und persönlicher Freundschaft.

Laufbahn: Nach der Lehrerinnenausbildung Unterricht an einer Städtischen Volksschule; ab 1906 Mitglied der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft, Analysandin von Isidor Sadger; 1910 Pensionierung vom Lehrerinnen-Beruf, ab 1911 kinderanalytische Publikationen, ab 1913 Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung; ab 1919 Arbeit in der heilpädagogischen Abteilung der Wiener Kinderklinik; führte Analysen durch. 1923 Leitung der Erziehungsberatungsstelle des Psychoanalytischen Ambulatoriums. Redakteurin einer Kolumne der Zeitschrift „Imago“, ständige Mitarbeiterin der „Internationalen Zeitschrift für ärztliche Psychoanalyse“.

International bekannt wurde H. H.-H. durch das „Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens von 11-14,5 Jahren“, Gesamtauflage 10.000 Exemplare, enthusiastisch eingeführt von Sigmund Freud. Diskussion um die Authentizität des Tagebuchs und die Autorschaft nach ihrem Tod. S. Freud zog das „Tagebuch“ 1927 aus dem Buchhandel zurück. Galt zwischen 1913 und 1922 als Pionierin der Kinderanalyse, die erstmals das Spielen systematisch therapeutisch nutzte, ihre Leistungen wurden jedoch in späteren Darstellungen kaum erwähnt. Sie erschien als wenig authentische Analytikerin aus der Vor-Zeit der Kinderanalyse, letztlich selbst schuld an dem Tod durch den Neffen. In diesem Zusammenhang wurde die Problematik des Einsatzes psychoanalytischer Theorien in die direkte Auseinandersetzung mit Schutzbefohlenen ebenso öffentlich diskutiert wie die Bedeutung der Publikation eines eigenen Kindertagebuchs.

Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).

W.: „Untersuchungen über die physikalischen und chemischen Eigenschaften der radioaktiven Niederschläge an der Anode und Kathode. Diss. Wien“ (1908), „Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens“ (1919), „Analyse eines Traumes eins 5 1 jährigen Knaben. Zentralblatt 2“ (1911), „Über Farbenhören. Ein Versuch, das Phänomen aufgrund der psycho-analytischen Methode zu erklären. Imago 1“ (1912), „Aus dem Seelenleben des Kindes. Eine psychoanalytische Studie. Schriften zur angewandten Seelenkunde, Heft 15 (Hg. v. S. Freud)“ (1913), „ Die Kriegsneurose der Frau. Geschlecht und Gesellschaft 9“ (1915), „Tagebuch eines halbwüchsigen Mädchens. Von 11 bis 14,5 Jahren. Quellenschriften zur seelischen Entwicklung Nr. 1“ (1919), „Neue Wege zum Verständnis der Jugend. Psychoanalytische Vorlesungen für Eltern, Lehrer, Erzieher, Schulärzte, Kindergärtnerinnen und Fürsorgerinnen“ (1924)

L.: Friedjung 1924, Graf-Nold 1988, Hoffmann-Richter 2002, Huber 1980, ÖNB 2002