Hautmann Marie, geb. Cepek Maria Josefa Ida; Lehrerin und Nationalrätin
Geb. Ternitz, NÖ, 5.12.1888
Gest. Hampstead/London, Großbritannien, 3.12.1967
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Engelbert Cepek, später Czepek (*1840) in leitender Stelle im Stahlwerk Schoeller-Bleckmann, Freimaurer, 1912-19 Bürgermeister von Ternitz, mit Karl Renner befreundet, der von Gloggnitz öfter nach Ternitz zu Besuch kam; Mutter: Josefa, geb. Attinger, (*1848), Hausfrau; drei Schwestern: Poldi, gestorben als Kind; Rosa, Schneiderin; Emma, verheiratet mit einem Ingenieur; drei Brüder: Robert; Adolf, Stadtgärtner in Ravensburg, Deutschland; Engelbert, Appreturmeister und Musterzeichner in der Neunkirchner Druckerei; Emmerich Richard, malerisch begabt, nach der Handelsschule Prokurist bei Schoeller-Bleckmann; Marie war die jüngste Tochter.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1916 Heirat mit Dr. Friedrich Hautmann (*1890), Sohn eines Bankbeamten und einer aus adeliger Familie stammenden Lehrerin; Militärarzt, Anthropologe, Mitbegründer der städtischen Museen von Wiener Neustadt und Eisenstadt, 14. Februar 1934 Verhaftung in Wiener Neustadt, Anklage wegen Hochverrats, angeblich waren im Dachboden des Historischen Museums Gewehre in mit „Prähistorische Sammlung“ beschrifteten Kisten gefunden worden, ein anderer Verhaftungsgrund wurde in Hautmanns Ankündigung „(H)eute Nacht werden Waffen verteilt“, vermutet, die aber ebenso wenig realisiert wurde, wie versteckte Waffen gefunden werden konnten, M. H. schlich sich nach der Verhaftung ihres Mannes aus dem gegenüberliegenden Haus der sozialdemokratischen Familie Kostial, in dem sie gewartet hatte, in ihre Villa, versteckte die Munition und warf den Revolver und das Gewehr in die nahe Fischach; im Zuge der Weihnachtsamnestie 1934 Freilassung, Aberkennung seines Titels, Verbot seiner Konservatorentätigkeit im Museum, am 28.1.1935 Abmeldung nach Wien. Scheidung und zwei weitere Ehen.
Ausbildungen: Pflichtschulen, Lehrerbildungsanstalt, Fachlehrerprüfung für den Unterricht an Bürgerschulen 1915.
Laufbahn: Verbrachte als Jugendliche viele Abende im Arbeiter-Heim, 1908 an einer Volksschule tätig, Ausscheiden aus dem Gemeindedienst, pädagogische Leiterin eines Kindergartens sowie einer Kindergärtnerinnenanstalt 1908-1916, 1916 Kündigung wegen Heirat; 1918 Mitglied der SdP, nach dem 1. Weltkrieg in Wiener Neustadt Gründung einer „Waldschule“ für bedürftige Kinder, Mitglied des Gemeinderates von Wiener Neustadt 22.5.1919- 17.2.1934, 1927 von der Bezirksorganisation Wiener Neustadt zum Gesamtparteitag der SDAP delegiert, Nachfolgerin der 1926 verstorbenen Nationalrätin aus Wiener Neustadt, Julie Rauscha, Teilnahme an allen übrigen Parteitagen der Ersten Republik, 1930 Wahl in den Parteitagsvorsitz, Mitglied der Parteileitung der SdP Wiener Neustadt, baute verschiedene Fürsorge- und Sozialeinrichtungen der Stadt auf; Abgeordnete zum Nationalrat SdP 2.12.1930-17.2.1934, als Mitglied der Wiener Neustädter Parteileitung Teilnahme an den Sitzungen vom 12.2.1934, wurde gesucht, bis Mitte Mai Versteck im Mansardenzimmer der sozialdemokratischen Nachbarsfamilie Kostial, von wo aus sie das Geschehen in ihrem Haus beobachten konnte, die Praxis hatte ein junger Zahnarzt übernommen, die 17-jährige Tochter und der zwölfjährige Sohn versorgten sich selbst und überstanden etliche Hausdurchsuchungen, am Tag der Matura ihrer Tochter kehrte M. H. nach Hause zurück, bei einer weiteren Hausdurchsuchung wurde sie zwar erkannt, aber nicht verhaftet, da sich bereits ihr Mann in Haft befand;
spez. Wirkungsbereich: Auf Gemeindebene engagierte sich M. H. im Aufbau von Fürsorgeeinrichtungen, drei weiteren Waldschulen in der Umgebung, eines Montessori-Kindergartens sowie der ersten nichtkonfessionellen Kindergärtnerinnenschule für Niederösterreich. Außerdem dirigierte sie den sozialdemokratischen Frauenchor von Wiener Neustadt, ein wichtiges Solidarnetz für viele arbeitslose Frauen.
Ausz., Mitglsch.: Zu ihrem 60. Geburtstag 1948 überreichte ihr Bundespräsident Karl Renner, ein alter Freund ihres Vaters, 60 rote Nelken. Am 24. März 1972 beschloss der Gemeinderat von Wiener Neustadt, eine Gasse nach M. H. zu benennen. In ihrer Jugend Mitglied im Arbeiter-Turnverein, Verein Sozialistischer Mittelschüler.
Qu.: IfZ München; VGA, Tagblattarchiv (Personenmappe).
W.: „Die Frau in der Gemeindevertretung. In der Verwaltung von Industriegemeinden. In: Leichter, Käthe (Hg.): Handbuch der Frauenarbeit in Österreich“ (1930)
L.: Flanner 1983, Hauch 1995, Maimann 1975, Parlamentarierinnen, Pasteur 1986, Röder 1980-1983