Haslauer Maria, geb. Mackinger; Gegnerin des NS-Regimes
Geb. Berndorf, Sbg., 27.12.1889
Gest. Auschwitz, Deutsches Reich − Generalgouvernement (Oświęcim, Polen), 27.9.1942
M. H. wird am 27. Dezember 1889 in Berndorf als Tochter der Familie Mackinger, im Salzburger Flachgau geboren und katholisch getauft. Über ihre Kindheit und Berufsausbildung ist nichts bekannt. Am 16. Mai 1922 bringt sie ihre ledig geborene Tochter Antonia Mackinger in Berndorf zur Welt. Sie heiratet später den Brauereigehilfen Johann Haslauer – er arbeitet im Salzburger Sternbräu – und wohnt mit ihm und ihrer Tochter ab dem 3. Februar 1928 in Salzburg, Getreidegasse 33/III.
1934 konvertiert sie zusammen mit ihrem Mann zu den Zeugen Jehovas und betätigt sich sehr eifrig an der Verbreitung religiöser Schriften. Ihre 12jährige Tochter Antonia bekennt sich ebenfalls als Zeugin Jehovas und bekommt aufgrund dessen Schwierigkeiten in der Schule. Mit 14 muss sie aufgrund der Intervention des Religionslehrers die Schule verlassen. Die Zeugen Jehovas in Salzburg versammeln sich im Kaltenhauser Keller.
Ab 1935 wird jegliche Betätigung für die Zeugen Jehovas verboten und somit auch das öffentliche Versammeln. Daraufhin dient auch die Wohnung der Familie Haslauer in der Getreidegasse dem Treffen von Salzburger Zeugen Jehovas. Eine Gestaporazzia am 4. April 1939, anlässlich der Feier zum Gedenken an den Tod Christi, führt vor allem in Oberösterreich und Salzburg zu einer Verhaftungswelle unter den Zeugen Jehovas. Familie Haslauer wird am 5. April von der Gestapo verhört und es wird ihnen ein Schriftstück zur Unterschrift vorgelegt. Mit dieser Unterschrift sollten sie bestätigen, dass sie ihrem Glauben abschwören. Da sie dies verweigern, wird die gesamte Familie für mehrere Monate im Gefängnis festgehalten.
Im November 1939 kommt es zu einer erneuten Verhaftungswelle auf Grund des Aufsehen erregenden Begräbnisses der Zeugen Jehovas Johann Pichler und Josef Wegscheider, die am 28. September 1939 als erste österreichische Wehrdienstverweigerer in Salzburg-Glanegg erschossen werden. Die Gestapo fotografiert alle Anwesenden.
Am 9. bzw. 10. November wird M. H. zusammen mit ihrem Mann, ihrer Tochter und weiteren Zeugen Jehovas aus Salzburg wegen „Betätigung für die Internationale Bibelforschervereinigung (IBV)“ von der Gestapo verhaftet und in das Polizeigefängnis Salzburg eingeliefert. Johann Haslauer lehnt es bei der Verhaftung ab den Wehrdienst zu leisten. Er wird ins KZ Sachsenhausen überstellt, wo er bereits am 12. August 1940 verstirbt.
M. H. wird gemäß Gestapobericht als „unbelehrbare Anhängerin der IBV“ bezeichnet, die Staat und Partei ablehnt. Sie wird Ende Dezember 1939 ins KZ Ravensbrück überstellt und zur Nummer 2558/62.
Als M. zusammen mit ihrer 17jährigen Tochter Antonia, die zur Nr. 2797 wird, nach Ravensbrück eingeliefert wird, bilden die Zeuginnen Jehovas mit beinahe 40% aller Häftlingsfrauen die größte Gruppe; sie werden besonders brutal und unbarmherzig behandelt.
Vom 19. Dezember 1939 bis 9. Jänner 1940 werden über 400 Zeuginnen Jehovas mit Stehappellen sowie Dunkel- und Hungerarrest in überfüllten, eiskalten Zellen des Zellenbaus bestraft, da sie geschlossen Arbeit für Kriegszwecke verweigern. Ob M. und Antonia ebenfalls bei dieser Gruppe bereits dabei sind, ist nicht bekannt, aber anzunehmen. Offensichtlich gehört M. auch zu den sogenannten „Extremen“ unter den Zeuginnen Jehovas, die besonders wegen ihrer konsequenten Kriegsdienstverweigerung, viele Qualen zu erleiden haben. Im Jänner 1942 kommt es wegen der Verweigerung Kriegsmaterial herzustellen zur erneuten Eskalation. Etwa 90 Zeuginnen Jehovas, darunter wahrscheinlich auch M. und ihre Tochter Antonia, werden wegen ihrer Arbeitsverweigerung zu Bunker und Dunkelarrest verurteilt. Bei eisiger Kälte werden sie ohne Jacken, ohne Decken und ohne jegliche Sitzgelegenheit in dunkle Barackenräume gesperrt. Sie erhalten eine Ration Brot und alle vier Tage Essen, dann noch zusätzlich 25 Stockhiebe. Nach vierzig Tagen sind sie wandelnde Skelette und machen den Eindruck von Geisteskranken. M. H. erkrankt an Typhus.
Im August 1942 werden in einem 2. Transport nach Auschwitz etwa 100 Zeuginnen Jehovas, darunter viele der „Extremen“, überstellt. Es ist anzunehmen, dass sich M. darunter befindet. Am 27. September 1942 wird sie im Alter von 52 Jahren ermordet, „in Auschwitz von den Hunden totgebissen“, wie ihre das KZ überlebende Tochter Antonia berichtet. Die letzten Monate ihrer Inhaftierung arbeitet Antonia Mackinger auf dem SS-Versuchsgut Comthurey von Oswald Pohl. Dort erlebt sie als einzige der Familie auch ihre Befreiung und kehrt nach Salzburg zurück. Sie heiratet im Dezember 1945 den Zeugen Jehovas Otto Stessun, den sie im KZ Ravensbrück kennenlernte.
Ausz.: Seit 28. August 2008 erinnern in der Salzburger Getreidegasse 33 zwei Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig an Marie und Johann Haslauer.
biograph. Mitteilungen, Hinweise: Geschichtsarchiv der Zeugen Jehovas in Deutschland: Bericht von Antonia Mackinger, Polizeikartei Salzburg: Meldeschein.
Qu.: DÖW, www.ravensbrück.de, www.stolpersteine.com, Jehovas Zeugen in Österreich, Geschichtsarchiv.
L.: Dokumentationsarchiv 1991, Hader/Hesse 2001
Heidi Gsell