Handel-Mazzetti Enrica Freiin von, Ludovica, Ps. Ein Marienkind, Marien Kind; Schriftstellerin, Dramatikerin und Übersetzerin
Geb. Wien, 10.1.1871
Gest. Linz, OÖ, 8.4.1955
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Irene, geb. Csergheö von Nemes-Tacskánd, starb 1901. Der Vater Heinrich v. Handel-Mazzetti, Generalstabshauptmann, starb noch vor der Geburt von E. Ihre Schwester Elvira wurde 1895 Ordensfrau. Die Mutter war evangelisch – als einzige der katholischen Verwandten. Diese Spannungen wurden im Werk von E. v. H.-M. immer wieder aufgegriffen. Ein Vetter war Heinrich Handel-Mazzetti (1882-1940), Botaniker, Forschungsreisender, Kustos am Naturhistorischen Museum in Wien und Fachschriftsteller.
Ausbildungen: Erhielt zunächst Privatunterricht, 1886/87 am Institut der Englischen Fräulein St. Pölten, privates Studium der deutschen und französischen Literatur in Wien. Sie las die Bibel, Schiller, Kleist, Shakespeare, Dante, Goethe und Dickens, die einen nachhaltigen Einfluss auf ihre dichterische Arbeit hatten.
Laufbahn: Schon während der Schulzeit zeigte sich E.s große dichterische Begabung. Ihre ersten Gelegenheitsgedichte und Schauspiele verfasst sie bereits im Alter von 9 bis 10 Jahren. Ab 1895 arbeitete sie auch als Feuilletonistin für die „Wiener Zeitung“. Sie war weiters karitativ tätig und hatte eine eigene Almosenierin. Schon früh hat sie mit dem Schreiben begonnen. Mit 9 Jahren verfasste sie bereits Gelegenheitsgedichte und Schauspiele. Einige davon wurden im Institut der Englischen Fräulein aufgeführt. Lebte ab 1906 in Steyr und ab 1911 in Linz, verfasste vorwiegend historische Romane und Novellen, teilweise in oberösterreichischer Mundart, die oft in der Zeit der Glaubenskämpfe zwischen Katholiken und Protestanten spielen. Während der Zeit des Nationalsozialismus waren ihre Werke verboten, E. v. H.-M. versteckte sich zu Kriegsende in einem Kloster. Von ihren Werken existieren nach dem Krieg Schulausgaben für den Deutschunterricht. 1951 wurde ein nach ihr benannter Literaturpreis eingerichtet. Sie war Mitarbeiterin von katholischen Zeitschriften, publizierte unter anderem im „Waisenkind“ und „Waisenboten“, und der Töchterzeitung „Angelablatt“.
Ausz., Mitglsch.: Sie hatte Kontakt mit Literatinnen, die der Frauenbewegung um die Jahrhundertwende nahestanden. Sie selbst wurde auch von der Frauenbewegungspresse rezipiert. U. a. hat die Literaturhistorikerin Christine Touaillon über sie publiziert. In Linz und Wels wurden Straßen nach ihr benannt. Am 16.7.1936 Ehrenbürgerin von Linz, Ehrengrab in Linz, 1914 Ebner-Eschenbach-Preis, Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst, Deutsche Goethe-Medaille. 1933 trat sie aus dem P.E.N. Klub aus.
Qu.: Linz, Adalbert-Stifter-Institut, Testamentarische Verfügung. Teilweise Leihgabe der Bundesstaatlichen Studienbibliothek Linz, Nachlass: Notizen, Entwürfe, zahlreiche Manuskripte. Zahlreiche Briefe, Personaldokumente, Kalender, Kassa- und Haushaltsbücher, Verlagsabrechnungen. Familiendokumente, Photos, Kritiken ihrer Werke. Teil der Bibliothek. Teilweise vorgeordnet. Schiller-Nationalmuseum/Deutsches Literaturarchiv Marbach. Bayerische Staatsbibliothek München. Aridane/ÖNB-Datenbank „Frauen in Bewegung“; DB NS.-Lit. Graz. Autobiografischer Text mit Porträtbild in: Führende Frauen Europas. Neue Folge. Hg. v. Elga Kern. Ernst Reinhardt Verlag, München 1930, S. 41-44.
W. u. a.: „In terra pax hominibus, bonae voluntatis. Ein Weihnachtsspiel in 3 Aufzügen“ (1899 = Neues Vereinstheater Nr. 21), „Pegasus im Joch oder die verwunschenen Telegramme. Lustspiel“ (1895), „Der Verräter. Novelle. Fahrlässig getötet. Zwei Erzählungen“ (1902), „Jesse und Maria. Ein Roman aus dem Donaulande“ (1906), „Novellen“ (1907 = Volksbücherei 165/167), „Historische Novellen“ (1908), „Caritas. Die schönsten Erzählungen. Ein deutsches Jugend- und Volksbuch“ (1922), „Das Rosenwunder. Ein deutscher Roman“ (1924-1926), „Das Blutzeugnis“ (1926), „Seine Tochter“ (1926), „Weg in den Herbst. Roman“ (1931), „Die Heimat meiner Kunst“ (1933), „Die Waxenbergerin. Ein Roman aus dem Kampfjahr 1683“ (1934), „Das heilige Licht“ (1938), „Ein groß Ding ist die Liebe“ (1958)
L. u. a.: Amann 1984, Bourgeois 1956, Dallinger 2005, Geißler 1913, Hall/Renner 1992, Handel-Mazzetti-Almanach 1929, Harrasser o. J., König 2000, Korrodi 1909, Mumbauer 1918, Pataky 1898, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Siebertz 1931, Spiel 1976, Wagner 1995, Wall 2004, Wedel 2010, Weinzierl 1975
Susanne Blumesberger