Gmeyner Anna, verh. Wiesner, verh. Murdoch, Ps. Anna Reiner; Schriftstellerin
Geb. Wien, 16.3.1902
Gest. York, Großbritannien, 3.1.1991
Herkunft, Verwandtschaften: Wuchs in einer großbürgerlichen liberalen jüdischen assimilierten Familie auf und kam früh mit literarisch und intellektuell ambitionierten Kreisen in Kontakt. Der Vater Rudolf Gmeyner war Rechtsanwalt, die Mutter Luise, geb. Wanek war katholisch erzogen. Sie hatte zwei jüngere Schwestern. Die Familie lebte in der Garnisongasse (1090 Wien), im Hause Gmeyner fanden Kammerkonzerte mit Musikern des Opernorchesters statt.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete 1924 gegen den Willen ihrer Eltern den Biologen Berthold Paul Wiesner; Tochter: Eva Ibbotson (*1925). Ging eine zweite Ehe mit dem Religionsphilosophen Jascha Morduch (†1950) ein.
Laufbahn: Nachdem sich A. G. schon sehr früh mit dem Theater beschäftigte, schrieb sie bereits mit 12 Jahren das erste Theaterstück mit dem Titel „Ideal und Wirklichkeit“. Lebte kurze Zeit in Berlin, schrieb Artikel, unterrichtete an einer Schule und hielt Kurse für Arbeiterkinder. Später folgte sie ihrem Ehemann nach Edinburgh, wo dieser an der Universität eine Stelle angeboten bekam. Im Zuge der schottischen Bergarbeiterstreiks begann sie sich 1926 für die soziale Lage der Bergarbeiter zu interessieren. Daraus entstand auch das Theaterstück „Heer ohne Helden“ (1929). Nach der Trennung von ihrem Ehemann lebte sie wieder in Berlin und arbeitete als Dramaturgin bei Erwin Piscator. Ihre Liedertexte wurden zum Teil von Herbert Rappaport und Hanns Eisler vertont. 1933 arbeitete sie mit Herbert Rappaport und Paul V. Falkenberg in Frankreich als Drehbuchautorin für den Film „Don Quixote“. Da inzwischen die Nationalsozialisten die Macht ergriffen hatten, blieb A. G. in Frankreich und lebte in Paris als Verfasserin von Novellen. 1935 übersiedelte sie mit ihrem zweiten Ehemann nach England und pflegte in London enge Beziehungen zu den Emigrantenzirkeln. 1940 zog sie mit ihrem Mann nach Berkshire. Sie zog sich immer mehr aus ihrem eigenen literarischen Schaffen zurück und unterstützte ihren Ehemann in seinem religionsphilosophischen Werk. Ab 1950, dem Todesjahr ihres Mannes, begann sie unter dem Namen Murdoch wieder zu schreiben und wendete sich verstärkt der Religion zu. Sie beschäftigte sich unter anderem mit Sufi-Mystik. Ab 1960 veröffentlichte sie historische Biografien.
biograph. Mitteilungen, Hinweise: Korrespondenz Eva Ibbotson (Tochter) mit Susanne Blumesberger.
Qu.: Judaica-Projekt/ÖNB, Tagblattarchiv (Personenmappe), Sammlung Rappaport im Schriftgutarchiv der Stiftung Deutsche Kinemathek Berlin.
W.: „Heer ohne Helden“ (1929), „Zehn am Fließband“ (1931), „Automatenbüfett“ (1932/33), „Manja. Ein Roman um fünf Kinder“ (1938), „Cafe du Dome” (1941)
L.: Bolbecher/Kaiser 2000, ÖNB 2002, Trapp/Mittenzwei 1999, Wall 1995, Wall 2004, Wenger 1989