Girardi, `{`Rita`}` Margarete Maria Silvia
* 25.6.1888 Wien, † 9.9.1964 Wien
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Ernst (Ernesto) Girardi, Oberrechnungsrat im Unterrichtsministerium (*16.4.1858 Trient, † 4.10.1915 Wien, röm.-kath.), Mutter: Maria Johanna Knapp (*22.9.1862 Wien, † 8.3.1923 Wien, röm.-kath.).
Ausbildungen: Nach Volks- und Bürgerschule in Wien, Reifeprüfung am Lyzeum (Collegio) Bianconi zu Monza bei Mailand am 4.7.1904 mit Verleihung der „Goldenen Medaille“, diese Matura („Auslandsmatura“) wurde in Österreich nicht anerkannt (!), 5.12.1906 Lehramts- (Staats-) Prüfung für deutsche und französische Sprache. Daneben beherrschte Margarete Girardi die Sprachen Spanisch, Französisch, Italienisch, Esperanto, z.T. in Wort und Schrift; konnte Maschinschreiben und Stenographie, Absolutorium des Neuen Wiener Konservatoriums (Kirchenmusik und Stimmbildung), hier studierte sie bei Prof. Hans Kirchner, 5.12.1906 Lehramts- (Staats-) Prüfung für moderne Sprachen.
Laufbahn: 1908 Hospitantin für Französisch an der Lehrerinnenbildungsanstalt des k.k. Zivilmädchenpensionates in Wien. 8.12.1908 Eintritt in die Geologische Reichsanstalt als Direktionssekretärin, die Beherrschung der vier Weltsprachen war Grundbedingung für die Aufnahme in die GRA (!), ab 1.1.1909 Kanzleioffiziantin an der Geologischen Reichsanstalt. 18.11.1918 Übernahme in den Staatsdienst Deutsch-Österreichs, 16.12.1918 Übernahme in den Staatsdienst der Republik Österreich, 1918–1919 erstmalige Führung der Bibliothek nach dem Tod von Dr. Anton Matosch (1851–1918), 30.6.1919 Beamtin ohne Rangklasse der Geologischen Staatsanstalt, 20.12.1922 Kanzleileiterin, wurde mehrere Wochen als einzige Beamtin des Unterrichtsministeriums von Dr. Arbold Madlé wegen ihrer genauen Gesetzeskenntnis für die große Beamtenstatistik angefordert, im gleichen Jahr Anerkennungsschreiben des Bundesamtes für Statistik für die im Jahre 1923 anläßlich der Aufstellung der großen Beamtenstatistik „dortamts“ geleisteten Dienste, Ernennung zum korrespondierenden Ehrenmitglied der bibliographischen Akademie in Turin und Verleihung des Titels „Professor“, ab 1925 Führung des Verlages und Anlage eines Schlagwortkataloges für die Bibliothek, 11.8.1934 Kanzleioberoffizial an der Geologischen Bundesanstalt, Treudienstehrenzeichen für 25-jährigen Staatsdienst, protestierte 1935 gegen eine Sammelaktion für eine Dollfußtafel in der Geologischen Bundesanstalt, 1.10.1938 Verwaltungssektretärin in A 7a am Reichsamt für Bodenforschung, Zweigstelle Wien, 1938/1939 Besuch der Verwaltungsakademie an der Universität Wien, 1940 Beorderung nach Berlin zu Besprechungen, Dienstauftrag für die Begleitung von Ing. Heykin durch Kärntner Bergbaue, 5.2.1942 wegen politischer Unverläßlichkeit bzw. österreichisch-antinazistischer Haltung Versetzung durch den Präsidenten des Reichsamtes für Bodenforschung in den dauernden Ruhestand als Regierungssekretärin, 1942 bis 1945 ehrenamtliche Kanzleiführung des geologischen Melde- und Beobachtungsdienstes an der Reichsstatthalterei Niederdonau bis zum Wiedereintritt in die Geologische Bundesanstalt, 28.4.1945 Ansuchen um Wiedereinstellung und um Verleihung der Bibliotheksstelle an der Geologischen Bundesanstalt und Wiederaufnahme des Dienstes, Regierungssekretärin, 27.5.1946 Amtsbescheinigung als „Bibliothekarin“, 30.9.1946 Wechsel von der Kanzlei zur Bibliothek, 1947–1952 Sekretärin bzw. Schriftführerin der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, 1.9.1947 endgültiger Dienstantritt in der Bibliothek der Geologischen Bundesanstalt, 19.3.1948 nach 40-jähriger Dienstzeit Versetzung in den dauernden Ruhestand, welche von Margarete Girardi zunächst zurückgewiesen wird. Der Abschied von der Geologischen Bundesanstalt fiel ihr sicherlich sehr schwer – obwohl das Gebäude der Geologischen Bundesanstalt schwer bombenbeschädigt war – da sie aus ihrer „Märchenwelt“, aus dem Palais Rasumofsky brutal herausgerissen wurde, wo sie Jahrzehnte fast alle Aufgaben in der Verwaltung, im Verlag und in der Bibliothek wahrgenommen hatte. 8.10.1948 Vorstandsmitglied in der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung in Wien, Fahrtenreferat bis 1957. In dieser Funktion leitete sie viele Exkursionen nach Italien und Deutschland. Die ausgezeichnet vorbereiteten Exkursionen wurden von ihr auch in unveröffentlichten Manuskripten dokumentiert (verschollen). Sie entwickelte ab ihrem Ruhestand eine ausgeprägte Vortragstätigkeit in verschiedenen Fachgesellschaften und hielt Vorlesungen an der Wiener Urania und an der Wiener Katholischen Akademie.
Margarete Girardi soll bis 1939 über 250 Arbeiten geschrieben haben, war Mitarbeiterin verschiedener Tageszeitungen als Kunstkritikerin und Rezensentin (z. B. von der „Reichspost“), ab ihrem Ruhestand entwickelte Margarete Girardi eine rege Publikationstätigkeit mit vorwiegend kunsthistorischen, literaturhistorischen und heimatkundlichen Themen in den „Wiener Geschichtsblättern“, „Unsere Heimat“ und in den „Kulturberichten aus Niederösterreich“. In diesen kürzeren Arbeiten dokumentierte Margarete Girardi die Zerstörung wertvoller Bauwerke in Wien und Umgebung. Unter ihrem Pseudonym Gretl Erge veröffentlichte sie Kunstmärchen, Kunstsagen und Gedichte. Gedichte wie „Blätter und Blüten“, die Novelle „Frau Musikas Silhouettenschatz“ und der Roman „Kaspars Königstraum“, die in Zeitungen erschienen.
Margarete Girardi war Mitglied zahlreicher Vereinigungen wie Singverein der Gesellschaft der Musikfreunde Wien, des katholischen Schriftstellerverbandes, seit 1921 Mitglied im Verein für Geschichte der Stadt Wien u. a. Sie war im Wiedener Bezirksmuseum und im Landstraßer Bezirksmuseum tätig. Margarete Girardi war Ehrenpräsidentin der Bundesbeamtinnen. In Italien wurde sie mit dem Titel „Professor“ ausgezeichnet.
Margarete Girardi verstarb auf der Baumgartner Höhe nach einer langen schweren Krankheit und wurde in der Familiengruft am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.
Literatur / Quellen
Cernajsek, Tillfried: Margarete [Rita] Girardi <1888–1964> und ihr Exlibris. Ein Gedenken zum 50. Todestag der ehemaligen Sekretärin der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft. In: Mitteilungen der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, N. F. 69, S. 4−6, Wien 2014.
Czeike, Felix: Girardi Margarete (Pseud. Gretl Erge). In: Historisches Lexikon Wien, Bd. 2, S. 544, Wien: Kremayr & Scheriau, 2004.
Deutsches Biographisches Archiv (DBA), Teil 2, Fiche-Nr. 0450, S. 275.
Deutsche Biographische Enzyklopädie, hg. v. Walther Killy u. Rudolf Vierhaus, München: Saur 1996, Bd. 4 [Saur Dokumentnummer D528-211-4].
Englisch, Franz: Margarete Girardi †. In: Wiener Geschichtsblätter, 19, S. 379−380, Wien 1964.
Feuchtmüller, Rupert: Prof. h.c. Margarete Girardi zum Gedenken. In: Nachrichten der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung in Wien, 5, S. 3−4, Dez. 1964.
Feuchtmüller, Rupert: Margarete Girardi †. In: Unsere Heimat, 36, S. 86−87, Wien 1965.
Geologische Bundesanstalt Archiv, Personalakt.
Giebisch H./Pichler, L./Vancsa, K.: Kleines österreichisches Literaturlexikon. (= Österreichische Heimat; 8), Wien: Hollinek, 1948. (531).
Girardi Margarethe Maria Sylvia. In: Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft: Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte (Hg. von Franz Planer). Ausgabe 1929. Wien: Verlag F. Planer, 1938, S. 96.
Kürschners Deutscher Literaturkalender, Jg. 52, 1952 (496).
Premstaller, Volkmar: Hundert Jahre Österreichische Exlibris-Gesellschaft. Österreichisches Jahrbuch für Exlibris und Gebrauchsgraphik, 63.
R. I. P. In: Mitteilungen der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft, N.F. 19. Jg., Nr. 3, S. 2, Wien 1964. [Todesnachricht].
Werke
Alt-Wiener Genußstätten. In: Unsere Heimat, N. F., 2, S.145–148, Wien 1929.
Requiescant…. In: Unsere Heimat, N. F:, 2, S. 326–329, Wien 1929. [Friedhof St. Marx, Wien]
Teddybär privat. In: Familie und Haushalt. 1936.
Zehn Jahre Verlag der Geologischen Bundesanstalt. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1939, S. 24–28, Wien 1936.
Das Palais Rasumofsky: Geschichte und Schicksal eines Alt-Wiener Palastes. Wien: Auer, 1937. XI, 56 S., 8 Abb., 1 Plan.
Bericht über die Feier des 90-jährigen Jubiläums der ehemaligen k.k. Geologischen Reichsanstalt, heute der Zweigstelle Wien der Reichsstelle für Bodenforschung (21. November 1939). In: Verhandlungen der Zweigstelle Wien Reichsstelle für Bodenforschung, 1939, S. 243–254, Wien 1939.
Verwaltungskanzlei, Verlag der Druckschriften und Karten. Bericht von Verwaltungssekretär Margarete Girardi. Wien 1940. 4 Bl. [Maschinschrift]. Archiv der Geologischen Bundesanstalt A 12804-R. 48.
Ein Jahr freiwilliger geologischer Melde- und Beobachtungsdienst. In: Mitteilungen des Alpenländischen Geologischen Vereins, 35, S. 394−405, Wien 1944.
Warum so und nicht anders. Ein Wort zur jetzigen Form der Minoritenkirche in Wien. In: Unsere Heimat, N. F., 17, S. 11–17, 8 Abb., Wien 1946.
Die Meerschaumdrechslerei, ein entschwundenes Alt-Wiener Kunstgewerbe. In: Unsere Heimat, N. F., 17, S. 98, Wien 1946.
Wiener Höfe einst und jetzt mit Zeichnungen von Alois Bogner und Julius Kerschhofer. In: Beiträge zur Kultur- und Kunstgeschichte der Stadt Wien; 4. Wien: E. Müller, 1947.
Alte Wiener Häuser und wie sie zu ihren Namen kamen. In: Unsere Heimat, N. F., 19, S. 41, Wien 1948.
Das Drechslergewerbe zu Wien in früherer Zeit. In: Mitteilungen der Geographischen Gesellschaft in Wien, 90, S. 79−82, Wien 1948.
Wo stand das Landstraßer Ochsentheater wirklich? In: Unserer Heimat, N. F., 20, S.12−15, Wien 1949.
Bibliothek <1945>: Kanzlei und Verlagsgebarung 1945. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1946, S. 31−32, Wien 1949.
Bibliothek (1947) Bericht mit Hans Knauer. In: Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1948, S. 26−28, Wien 1950.
Schloßromantik in der Nähe Wiens (zu Schloß Eckartsau). In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1951, S.13, Wien 1951.
Ein verschollenes Wiener Wahrzeichen wieder festgestellt. In: Wiener Geschichtsblätter, 6. (66.) Jg., Nr. 4, S.72–75, 3 Abb., 1951.
Schloßromantik in der Nähe Wiens. In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1951, S. 22 ff, 1 Abb., Wien 1951.
Schloßromantik vor den Toren Wiens. In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1951, S. 58, Wien 1951.
Schloßromantik in der Nähe Wiens, 2. Folge. In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1951, S. 5, 1 Abb., Wien 1951.
Schlösserromantik in der Nähe Wiens. In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1951, S. 78, Wien 1951.
Frau Vindobona erzählt … Sagen und Legenden aus Österreichs Hauptstadt. Wien 1951.
Ein Curiosum aus der Bibliothek der Augustinermönche von St. Rochus. In: Wiener Geschichtsblätter, 7. (67.) Jg., Nr. 2, S. 57−59, Wien 1952.
Exlibrisbesitzer und ihre Namen im Wiener Straßenbild. Wien: Österr. Exlibris-Gesellschaft, 1953. (Sonderveröffentlichung der Österreichischen Exlibris-Gesellschaft 4.)
Die Bronzetüren von Monte Casino, Troia und Trani und ihre Wiederherstellung. Übersetzung nach Michelangelo Conte Gagiono de Azevedo aus dem Italienischen. In: Mitteilungen der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung in Wien, 6/1, Wien 1953.
Wenn der Sturm zum Heurigen wird. Vom Trauerkranzl und Striezelspiel und anderen Brauchtum im November. In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1954, 11, S. 85, Wien 15.11.1954.
Paternoster, Schüssler, Scatlmacher und Pfeiffenschneider. Ein Beitrag zur Berufsgeschichte der Drechsler und der ihnen verwandten Berufsarten. Wien: 1955.
Ein kulturhistorisch interessantes Votivbild aus NÖ. In: Unsere Heimat, N. F., 28, S. 61–64, Wien 1957. [Anm.: Darstellung der Michaelslegende in Frauenhofen.]
Die Armenbibel von Schöngrabern (zur Ikonographie der Plastiken). In: Kulturberichte aus Niederösterreich, 1957, S. 62 ff., Wien 1957.
Einige Bemerkungen zum plastischen Schmuck des Posthauses in Perschling. In: Gedächtnisschrift Anton Becker. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, 32, 1955/56, S. 237–243, 4 Abb., Wien 1958.
In Wien wütet die Spitzhacke. In: Unsere Heimat, N. F. 31, S. 14–19, Wien 1960. [I.Das Streicherhaus ist verschwunden. II. Das Arenbergschlössl ist demoliert.]
In Wien wütet die Spitzhacke. III. Das alte Priesterdefizientenhaus in der Ungargasse. In: Unsere Heimat, N. F., 31, S. 160−161, Wien 1960.
In Wien wütet die Spitzhacke. IV. Das Wiener Bürgertheater. In: Unserer Heimat, N. F. 31, S.161−162, Wien 1960.
Die Spitzhacke wütet in Wien. V. Das Maria Theresienschlössel in der Erdbergstraße 33. In: Unsere Heimat, N. F. 32, S. 76−77, Wien 1961.
Die Spitzhacke wütet in Wien. VI. Die Rasumofsky’sche Orangerie. In: Unsere Heimat, N. F. 32, S. 77−78, Wien 1962.
Die Spitzhacke wütet in Wien. VII. Die Frühwirth’sche Gewehrfabrik. In: Unsere Heimat, N. F. 33, S. 65−66, Wien 1962.
Die Spitzhacke wütet in Wien. VIII. Das Mollartschlössel. In: Unsere Heimat, N. F. 33, S. 122−123, Wien 1962.
Die Spitzhacke wütet in Wien. IX. Der Marc-Aurel-Hof. In: Unsere Heimat, N. F., 33, S. 123−124, Wien 1962.
Bemerkungen zum plastischen Schmuck des Posthauses in Perschling <Nachtrag>. In: Unsere Heimat, N. F. 33, S. 26 ff., Wien 1962.
Die Spitzhacke wütet in Wien. X. Der Ottakringer Schottenhof. In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 27−28, Wien 1963.
Die Spitzhacke wütet in Wien. XI. Das Haus zum Goldenen Wolfen (Hôtel Österr. Hof). In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 28−30, Wien 1963.
Die Spitzhacke wütet in Wien. XII. Haus zur Goldenen Sonne. In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 30−31, Wien 1963.
Die Spitzhacke wütet in Wien. XIII. Die Kapelle zu Ehren der Vermählung Mariens zu Mätzelsdorf. In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 165−166, Wien 1963.
Die Spitzhacke wütet in Wien. XIV. Die ehemalige Klosterkirche der Benediktiner von Monserrat. In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 166−168, Wien 1963.
Die Spitzhacke wütet in Wien. XV. Das Palais Sommerau steht vor dem Abbruch. In: Unsere Heimat, N. F. 34, S. 168−169, Wien 1963.
Weitere Veröffentlichungen (Gedichte, Novellen, Sagen, Märchen) von Margarete Girardi sind auch unter ihrem Pseudonym Gretl Erge in Zeitungen erschienen; diese sind bibliographisch nicht ermittelbar!
Roman: Kaspars Königstraum; Novelle: Frau Musikas Silhouettenschatz.