Geschwinder Elfriede, geb. Neuhold; Lehrerin und Widerstandskämpferin
Geb. Graz, Stmk., 4.6.1921
Gest. Graz, Stmk., 17.1.2007
Herkunft, Verwandtschaften: E. G. wird am 4. Juni 1921 in Graz als erstes Kind des Lithografen und sozialdemokratischen Funktionärs Josef Neuhold und seiner Frau Maria geboren.
Ausbildungen: Sie besucht in Graz die Volks- und Hauptschule sowie die Handelsakademie.
Laufbahn: Ihr Berufswunsch ist es, Lehrerin zu werden, was ihr erst mit zeitlicher Verzögerung gelingt. Denn nachdem ihr Vater 1938 im Zuge der Säuberung des Berufsbeamtentums, er war seit 1924 Krankenkassenbeamter, entlassen wird und sich die Familie das Schulgeld für die Handelsakademie nicht mehr leisten kann, beginnt E. G. im Kaufhaus Kastner & Öhler zu arbeiten. 1939 schließt sie dennoch den Abiturientenkurs und im März 1941 ihre Ausbildung an der Lehrerbildungsanstalt ab und erhält noch im Frühjahr 1941 in Schwanberg (Bezirk Deutschlandsberg) ihre erste Anstellung.
E. G. schließt im Herbst 1936 u. a. mit den angehenden Lehrern Richard Zach und Alfred Geschwinder Freundschaft. Gemeinsam spielen sie Theater und organisieren Ausflüge und Spielzüge, die sie bis nach Jugoslawien bringen. Zudem gründen sie im Rahmen des christlichsozialen Vereins „Freiheitsbund“ eine Jugendgruppe, den Jungfreiheitsbund, den späteren Studentenarbeitsbund. Im Rahmen der politisch-kulturellen Tätigkeit entfalten sie antifaschistische Arbeit, wobei ein kleiner Kern, zu dem auch E. G. und ihr späterer Mann Alois Geschwinder gehören, sich zu einem geheimen marxistischen Arbeitskreis zusammenschließt und Schulungen abhält. Diese Gruppe bleibt auch nach dem „Anschluss“ 1938 zusammen, auch als Richard Zach zur Wehrmacht und Alois Geschwinder zum Reichsarbeitsdienst einrücken. Ab Beginn des Jahres 1940, Richard Zach ist durch einen fingierten Unfall von der Wehrmacht entlassen worden, gehen sie dazu über, in Graz Flugblätter, Streuzettel und eine Zeitschrift zu verbreiten – die allesamt von E. G. nach Diktat von Richard Zach geschrieben werden.
Die Zeitung, „Der Rote Stoßtrupp“, gelangt durch die Verbindung zu E.s Vater, der mit Karl Drews und Dr. Franz Weiß die Leitung der steirischen KPÖ bildet, bis in die West- und in die Obersteiermark. Gleichzeitig versucht E. N. in ihrem Umfeld junge Menschen über die Ziele der Nationalsozialisten aufzuklären und für eine Mitarbeit in ihrer Widerstandsgruppe zu gewinnen.
Durch einen Spitzel verraten kommt es am 1. Februar 1941 zur Verhaftung von E.s Vater und in der Folge zu weiteren Festnahmen. Dabei werden auch die „Jungen“ verhaftet, die immer versucht haben, möglichst wenig Kontakt mit den „alten“ Kommunisten zu halten, da sie wussten, dass diese polizeibekannt sind und von der Gestapo beobachtet werden. So wird etwa E. G. am 3. Februar 1941 festgenommen, doch bald wieder freigelassen, um am 1. November 1941 in Schwanberg, wo sie an der Volksschule unterrichtet, erneut verhaftet zu werden. Ebenfalls verhaftet werden ihre Mutter Maria und ihr jüngerer Bruder Erich sowie ihr späterer Mann Alois Geschwinder. Während ihre Mutter und ihr Bruder wegen Vorbereitung zum „kommunistischen Hochverrat“ am 18. Mai 1943 zu sieben bzw. zu zwei Jahren Zuchthaus und ihr Freund Alois Geschwinder zu acht Jahren verurteilt werden, wird E. G. zwei Tage später zu 15 Jahre Zuchthaus verurteilt. Im Urteil heißt es, dass sie sich „bewusst und gewollt äußerst rege im kommunistischen Sinn betätigt hat“, indem sie andere „für die Kommunistische Partei warb“ und „hochverräterische kommunistische Flugschriften, die zur Beeinflussung der Massen dienen sollten“, herstellte und verbreitete.
E. G. wird ins Zuchthaus Waldheim nach Sachsen überstellt, wo sie sich mit der Dresdner Künstlerin Eva Schulze-Knabe (1907–1976) eine Zelle teilt. Am 7. Mai 1945 kommt endlich die Befreiung und der lange und beschwerliche Weg zurück nach Graz, den sie gemeinsam mit ihrer Mutter geht, die bald danach in Graz stirbt.
In Graz studiert E. G., die 1949 Alois Geschwinder heiratet, von 1945 bis 1949 an der Universität Graz Staatswissenschaft. Parallel dazu legt sie die Hauptschulbefähigungsprüfungen für Mathematik, Deutsch und Englisch ab und unterrichtet als Hauptschullehrerin an der Mädchenhauptschule Keplerstraße bis 1981, wo sie in den Jahren 1980/81 auch als Direktorin tätig ist. Gemeinsam mit ihrem Mann und Alfred Zach, dem Bruder von Richard, geht sie unmittelbar nach der Befreiung daran, das literarische Werk Richard Zachs der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Am 17. Jänner 2007 stirbt E. G. in Graz.
Qu.: 7 OJs 352/42 Urteil gegen E. N.; Gespräche mit Alois und E. G. (1996 bis 2006).
L.: Hawle/Zach 1989
Heimo Halbrainer