Frey Anna, geb. Schlesinger; Pädagogin und Journalistin
Geb. Wien, 15.8.1889
Gest. Wien, Feb. 1920
Herkunft, Verwandtschaften: Einziges Kind von Viktor Schlesinger, Kassier, und Therese, geb. Eckstein. Während der Schwangerschaft erkrankte Th. Schlesinger und blieb von da an teilweise gelähmt. 1891 starb ihr Vater an TBC. A. F. kommt durch ihren Onkel Gustav Schlesinger und ihre Mutter schon früh mit sozialistischen Ideen in Berührung.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1916 Heirat mit Josef Frey, promovierter Jurist, aktiv in der Partei, für die „Arbeiter-Zeitung“ tätig, wie A. und ihre Mutter im linken Flügel der sozialdemokratischen Partei rund um Otto Bauer und Friedrich Adler, 1921 Beitritt zur KPÖ.
Ausbildungen: Juli 1909 Matura am Mädchenobergymnasium des Vereins für erweiterte Frauenbildung, WS 1909 Inskription in Geschichte, WS 1911/12 Aufenthalt an der Universität Freiburg im Breisgau, während ihres Studiums verschiedene Vorlesungen aus Geschichte, Philosophie, Ethnologie, Geographie und Wirtschaftsgeschichte, letzteres bei Carl Grünberg; Dissertation bei Oswald Redlich, nach der Promotion 1913 Fortsetzung ihrer Studien mit dem Besuch von rechtswissenschaftlichen Kursen für Frauen; 1916 Lehramtsprüfung für Geschichte und Geographie.
Laufbahn: Nach der Lehramtsprüfung Lehrerin, daneben Engagement in der sozialdemokratischen Partei, vor allem in der Bildungsbewegung, ab 1912 Bildungsbeirat in der sozialdemokratischen Jugendorganisation, Veröffentlichung von Artikeln mit Lektürevorschlägen für ArbeiterInnen, aktiv in der Debatte um die Funktion der Jugendorganisationen, Kampf- oder Erziehungsorganisation, während des Krieges und in der Nachkriegszeit; während des Krieges und obwohl sie ihr Studium schon beendet hat Vorsitzende der „Freien Vereinigung sozialistischer Studenten“, einer jener Organisationen, die immer wieder Kritik an der Parteispitze und ihrer Kriegsbejahung übt; Schriftführerin der informellen linken Gruppe rund um Friedrich Adler, Korrespondenz mit Kriegsgegnern innerhalb der Monarchie, trotz Kritik an der Parteiführung kein Anschluss an die Linksradikalen innerhalb der Studenten- und Jugendgruppen, die 1918 die KPÖ gründen; neben ihrer Arbeit als Lehrerin und in den Parteigremien Beteiligung an der Herausgabe volkstümlicher Parteibroschüren, z. B. „Was ist Sozialismus?“. Mit der Rückkehr ihres Mannes von der Front und seinem Engagement in der Rätebewegung und in Opposition zur sozialdemokratischen Parteiführung dürfte auch A. F. in diese Konflikte mit einbezogen worden sein. Ab Mai 1919 Herausgabe von „Der Kampf“, wichtigste theoretische sozialistische Publikation in Österreich als Wochenschrift, Redaktionssekretärin unter dem Chefredakteur Friedrich Adler, schrieb u. a. Rezensionen; zu Jahresbeginn 1920 schwere Grippe, akute Depressionen, an denen sie bereits seit ihrer Kindheit leidet, Februar 1920 Selbstmord, in ihren Abschiedsbriefen spricht sie von Selbstzweifeln.
W.: „Zur Geschichte der österreichischen Post im 16. Jahrhundert unter Ferdinand I. Phil. Diss. Univ. Wien“ (1913), „Die österreichischen Alpenstraßen in früheren Jahrhunderten“ (1919).
L.: Dissertationsverzeichnis, Marschalek 1980, Pasteur 1986, Tichy 1989, Wolfsberger 2002, Der Kampf-Sozialdemokratische Monatsschrift Jg. 13, 1920., S. 49-50, Arbeiterinnen-Zeitung, Jg. 29, Nr. 7, 2.4.1920