Fleischner Rudolfine; Gemeinderätin und Erzieherin
Geb. Ungarisch-Ostrau, Mähren (Uherský Ostroh, Tschechien) 20.10.1873
Gest. Wien, 17.9.1923
R. F. wurde am 20. Oktober 1873 als Tochter eines Landschullehrers in Ungarisch-Ostrau geboren. Wegen der angespannten finanziellen Situation der großen Familie ist R. F. bereits im Alter von dreizehn Jahren gezwungen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Sie übersiedelt nach Wien und arbeitet dort als Haushaltshilfe und Kindermädchen. Neben ihrer beruflichen Tätigkeit absolviert sie, mit Unterstützung ihrer älteren Schwester, eine Ausbildung als Erzieherin und ist später als Privatlehrerin tätig. 1901 heiratet sie.
Schon in den 1890er Jahren engagierte sich R. F. im Verein der Heimarbeiterinnen. Ihren eigentlichen Wirkungskreis sollte sie aber in der politischen Frauenorganisation finden. Sie war Mitbegründerin der sozialdemokratischen Frauenorganisation Alsergrund (9. Wiener Gemeindebezirk). Ihre agitatorischen Fähigkeiten haben wesentlich dazu beigetragen, R. F. 1915 zur Obfrau dieser Vereinigung zu machen. Als Frauenpolitikerin setzte sie sich besonders für politische Schulung sowie für die Gleichberechtigung der Frauen ein. Ihr bevorzugter Wirkungskreis war das „Lichtental“, der proletarische Teil des sonst eher von der bürgerlichen Mittelschicht bewohnten neunten Wiener Gemeindebezirkes. 1919 bis 1923 ist sie Gemeinderätin im 9. Bezirk und somit eine der ersten Frauen in Österreich, die eine höhere politische Funktion ausüben. R. F. ist sowohl im Wohlfahrtswesen als auch in der Jugendfürsorge tätig. Bei Frauenkonferenzen sowie bei den Frauenplenarversammlungen der sozialdemokratischen Partei setzt sie sich vehement dafür ein, dass die politisch tätigen Genossinnen für die Aufklärung der Berufsarbeiterinnen im politischen Bereich sorgen. Neben ihrer politischen Tätigkeit schreibt sie auch für die „Arbeiterinnen-Zeitung“.
R. F. gründet die Ortsgruppe Alsergrund der Kinderfreunde und trägt die Zeitschriften „Volksbühne“ und „Arbeiterinnenzeitung“ aus. Sie setzt sich für die politische, gewerkschaftliche und genossenschaftliche Bewegung innerhalb der sozialdemokratischen Partei ein und gilt auch als begabte Rednerin auf Parteiversammlungen.
R. F. stirbt am 17. September 1923, kurz vor ihrem fünfzigsten Geburtstag, in Wien.
L.: Pasteur 1986, Arbeiterinnen-Zeitung 2.10.1923, AZ 18.9.1923, AZ 22.9.1923, Das Interessante Blatt 4.10.1923, Die Frau. Sozialdemokratische Monatsschrift für Politk, Wirtschaft, Frauenfragen, Literatur 11, 1933, WZ 18.9.1923

Karin Nusko