Feigl Gertrud, geb. Deutsch; Rechtsanwältin
Geb. Wien, 9.3.1902
Gest. 26.1.1992

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Dr. Hermann Deutsch (Sinai Hirsch), Rechtsanwalt; Mutter: Julia, genannt Irma, geb. Wertheimer.
LebenspartnerInnen, Kinder: Ehemann: Dr. Friedrich (in den USA: Frederick) Feigl (11.11.1897 Wien 25.12.1991), Rechtsanwalt; Eheschließung vermutlich 1929 (Der Eintrag über die Änderung des Zunamens von Deutsch auf Feigl in der Rechtsanwaltsanwärterliste der Wiener RAK ist mit 11.7.1929 datiert.). Tochter: Ruth Susanne (*12.6.1932).
Ausbildungen: Das Jusstudium wurde an der Universität Wien erst nach der Republikgründung für Frauen geöffnet. Somit zählte G. F. zu den ersten Frauen, die gleich nach erfolgter Reifeprüfung diese Ausbildung wählen konnten. Rechtsstudium an der Universität Wien, 1. Staatsprüfung am 16.4.1923, 2. Staatsprüfung am 6.7.1925, 3. Staatsprüfung am 6.11.1925, Promotion zum Dr.iur. am 16.3.1925; Rechtsanwaltsanwärter-Praxis: 1925-1926 bei RA Dr. Hermann Deutsch (Vater), 1927-1928 und 1931-1932 bei RA Dr. Josef Gelber, 1928 bei RA Dr. Anton Oberländer; Gerichtsjahr: 3.2.-30.4.1927 Bezirksgericht Döbling, 1.5.-16.7.1927 Strafbezirksgericht B, 13.3.-30.6.1928 Handelsgericht Wien; Rechtsanwaltsprüfung: 5.6.1931 .
Laufbahn: Wie die meisten ihrer Berufskolleginnen war auch G. F. Tochter eines Rechtsanwaltes. Dies mag das Interesse für den Beruf geweckt haben, jedenfalls erleichterte es die Suche nach einem Ausbildungsplatz, waren doch die wenigsten Rechtsanwälte gewillt, Frauen als Rechtsanwaltsanwärter (sic!) aufzunehmen und ihnen somit den Erwerb der vorgeschriebenen Praxis zu ermöglichen. G. F. wurde am 13.12.1932, ein halbes Jahr nach der Geburt ihrer Tochter, in die Rechtsanwaltsliste der Wiener RAK eingetragen. Die Kanzlei, die sie gemeinsam mit ihrem Ehemann betrieb, befand sich anscheinend zunächst an der Privatadresse Wien 18, Salierigasse 35, dann Wien 1, Dr. Karl Lueger Ring 8 und zuletzt in Wien 1, Schottenring 9. Als Jüdin erhielt G. F. per 28.5.1938 ein Vertretungsverbot und wurde mit Ablauf des Jahres 1938 aufgrund der Bestimmungen des Reichsbürgergesetzes aus der Rechtsanwaltsliste gelöscht. Sie flüchtete mit Ehemann und Tochter am 27.10.1938 aus Österreich. Bis Ende Februar 1939 hielt sich die Familie in England auf und erreichte am 9.3.1939 die USA. In den 1960er-Jahren lebte sie in Chicago, Ill. Zu dieser Zeit war G. F. nach eigenen Angaben als Sekretärin tätig. Da das österreichische Jusstudium im Ausland kaum zu verwerten war, gelang es offenbar auch ihr – wie den anderen aus Österreich geflüchteten Rechtsanwältinnen, aber auch den meisten männlichen Berufskollegen – in der Emigration nicht mehr, eine ihrer Ausbildung entsprechende Tätigkeit auszuüben. Im Ruhestand verlegte das Ehepaar Feigl seinen Wohnsitz nach Laguna Hills in Kalifornien.

Qu.: Archiv der RAK Wien, WStLA (Meldeunterlagen), ÖStA/AdR (Vermögensanmeldung und Hilfsfonds).
L.: Sauer/Reiter-Zatloukal 2010

Barbara Sauer