Ernst Else, geb. Elisabeth Cornelia Emilie Apelt, verw. von Schorn; Schriftstellerin, Übersetzerin, Illustratorin und Gutsbesitzerin
Geb. Weimar, Grossherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach (Deutsches Reich), 26.8.1874
Gest. St. Georgen an der Stiefing, Stmk., 7.6.1946

Herkunft, Verwandtschaften: Tochter des Gymnasialdirektors und Plato-Übersetzers Dr. Otto Apelt (1845-1932) und seiner Frau Cornelia, geb. Rassow (1853-1893).
LebenspartnerInnen, Kinder: Erste Ehe 1902 mit Amtsrichter Dr. Ludwig von Schorn. Mittlerweile verwitwet, ab 1911 heimliches Liebesverhältnis mit dem verheirateten Schriftsteller Dr. Paul Ernst (7.3.1866 Elbingerode/Harz-13.5.1933 St. Georgen an der Stiefing/Steiermark), neben Georg Lukàcs und Wilhelm von Scholz einer der bedeutendsten Vertreter der Neuklassik; 1932 für den Nobelpreis vorgeschlagen. Aufenthalte in Paris, Zürich, Genua, Berlin; am 2.1.1912 in Genua Geburt des unehelichen Sohnes Carlo Lucetti, genannt Karl. Dieser bleibt bei Pflegeeltern in Italien, die Vormundschaft übernimmt an Freundes statt Georg Lukàcs. Bis Kriegsausbruch in Paris, danach Rückkehr nach Deutschland: München, Cottbus, Weimar, schließlich Aufenthalt in Berlin bis Herbst 1916. Nach Ernsts Scheidung von seiner zweiten Frau Louise Elisabeth, geb. von Benda, Heirat in Berlin am 19.7.1916. Adoption des Sohnes Karl durch Paul Ernst; aus der Ehe mit Louise von Benda stammen die Stiefkinder Walter (1901-1989) und Emma (1904-1948), die nach dem Tod ihrer Mutter (1918) vermutlich bei Ernsts leben. Im Herbst 1916 Umzug nach Neustadt/Südharz in Paul Ernsts Elternhaus, ein Jahr später kaufen sie den Bauernhof „Sonnenhofen” bei Königsdorf/Oberbayern und versuchen sich als Landwirte. 1925 Verkauf des Bauernhofes und Erwerb von Schloss St. Georgen an der Stiefing/Steiermark, dem ein Wein- und Obstgut angegliedert ist. Nachbar und Freund ist der steirische Autor Paul Anton Keller, in der NS-Zeit Leiter der Reichsschrifttumskammer Steiermark. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland verstirbt Paul Ernst am 13.5.1933. Gefördert von seinem langjährigen Freund, dem nunmehrigen NS-“Literaturpapst” Will Vesper, avanciert Paul Ernst nach seinem Tod zu einem der Vorzeigeautoren des Dritten Reiches, seine Dramen gehören zu den am häufigsten gespielten, seine Werke erscheinen in zahlreichen Auflagen. E. E. setzt sich als Erbin und Nachlassverwalterin intensiv für das Andenken ihres verstorbenen Mannes ein. Im Dezember 1933 Gründung der Paul-Ernst-Gesellschaft in Berlin (Vorsitz: Will Vesper). 1943 auf Wunsch der Witwe Verlegung des Vereinsitzes nach Graz; im Rahmen einer Gedenkfeier übernimmt Gauleiter Sigfried Uiberreither die Schirmherrschaft. Die Paul-Ernst-Gesellschaft existiert heute noch (Neukonstituierung 1956, Vereinssitz: Ulm, Präsident: Prof. Dr. Horst Thomé). Nach Paul Ernsts Tod übernimmt seine Witwe die Leitung des Gutes, Sohn Karl und Schwiegertochter Barbara leben ebenfalls dort. Gegen Ende des Weltkrieges, im April 1945, fällt Karl, der seit Jahren im Einsatz an der Ostfront steht, bei Heilbronn; Stiefsohn Walter wandert nach USA aus. Am 7.6.1946 stirbt E. E. an einem Schlaganfall.
Ausbildungen: Höhere-Töchter-Ausbildung mit Schwerpunkt Sprachen (Englisch, Französisch) und Hauswirtschaft, daneben Förderung des zeichnerischen Talents.
Laufbahn: Seit der Liaison mit Paul Ernst publizistisch tätig als Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen. Die Romane Victor Hugos und William Thackerays in der Übersetzung Else von Schorns sind bis zum heutigen Tag in zahlreichen Auflagen erschienen (aktuelle Auflage 2002 im Insel-Verlag). Die Übersetzung von „Imaginary Conversations of Literary Men and Statesmen“ des Amerikaners Walter Savage Landor liefert vermutlich das Vorbild für Paul Ernsts erfolgreiche Sammlung „Erdachte Gespräche“ (1. Aufl. 1921). E. E. trieb Studien für die Werke ihres Mannes, arbeitete ihm zu, darüber hinaus illustrierte sie einige seiner Werke und gestaltete Buchumschläge (u. a. für „Die Hochzeit“ 1916, „Spitzbuben-Geschichten“ 1920). Unter „Else Ernst” Veröffentlichung von selbst illustrierten Märchen Anfang der 1920er Jahre. Erst nach dem Tod ihres Mannes literarische Betätigung, umfasst die Zeit des Dritten Reiches; der Nimbus Paul Ernsts ist vermutlich hilfreich für die Publikation der Romane.

W.: Übersetzungen unter „Else von Schorn”: „William Makepiece Thackerey: Henry Esmond“ (1912), „Victor Hugo: Notre Dame von Paris“ (1914, später auch mit dem Titel: Der Glöckner von Notre Dame.), „Walter Savage Landor: Erdichtete Gespräche“ (1919, 1949 mit dem Titel: Erdachte Gespräche; Titelgleichheit mit dem oben erwähntem Werk von Paul Ernst.). Publikationen unter „Else Ernst”: „Bilder und Geschichten aus dem Leben der Kerfe. Auf Stein gezeichnet, handkoloriert“ (1923), „Der weiße Pudel. Märchen in Oktaven, mit Randzeichnungen. Auf Stein gezeichnet, handkoloriert“ (1924, limitierte Aufl. von 250 Stück), „Das Spukhaus in Litauen. Seltsame Begebenheiten“ (1933), „Begebenheiten im Rosenmond. Roman“ (1934), „Die Neumondnacht“ (1936), „Die Krone und die Kette. Illustr. von der Autorin“ (1942), „Zirkus Blinz. [Auszug aus: Das Spukhaus in Litauen]“ (1942), „Die verschollenen Erbin. Roman. Ill. von Eva Schwimmer“ (1943), „Der Mann von drüben. Roman. Ill. von Eva Schwimmer“ (1944), „Die seltsame Gräfin. Roman. Ill. von Eva Schwimmer“ (1944). Beiträge in Periodika und Sammelschriften: Vereinzelt Beiträge für Zeitschrift „Der Harz“ (1932), „Das Innere Reich“ (1935), „Zeitschrift für Bibliophilen“ (1935). „Paul Ernst in Sonnenhofen. In: Frohes Leben 2, H. 4“ (1939/40), „Frohes Leben. Literarisches Unterhaltungsblatt für die Familie. Hg. Gustav Dessin” 1(1937/38) – 7(1943), „Der arme Schuster. In: Ruf von der Grenze“ (1942), „Ruf von der Grenze. Ein Buch steirischer Kunst. Im Auftrag des Landeskulturwalters gesammelt und gestaltet von Paul Anton Keller. Vorwort von Gustav Fischer [= Landeskulturwalter, Reichs- und Gaupropagandaleiter Steiermark]“ (1942 = Der Kranz. 2.)

L.: Frauen um Paul Ernst 1993, Gesamtverzeichnis dt. Schrifttum 1976-1981, Giebisch/Gugitz 1985, Keller 1972, Kosch 1972, Kürschner 1939, Kürschner 1973, Langer 1940, Oehlke 1942, Paul Ernst und seine Bücherei 1978, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Forschungsstelle Österreichische Literatur im Nationalsozialismus, Universitätsarchiv der Univ. Graz

Karin Gradwohl-Schlacher