Bohny-Reiter Friedel; Krankenschwester, Malerin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 20.5.1912
Gest. Basel, Schweiz, 18.12.2001

LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete im März 1944 August Bohny, Lehrer und Leiter von Kinderheimen der „Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK)“; Kinder: Jörg (*1945); Verena (*1946); Hans Rudolf (1948-1974); Christoph (1951-1989); Aufnahme des Ziehsohnes Ralph Abegg von 1968-1972.
Ausbildungen: Ausbildung zur Krankenschwester in Zürich.
Laufbahn: Wurde 1914 mit anderen Kindern aus Wien evakuiert und verbrachte die Kriegsjahre in Melk an der Donau. Der Vater starb an der Front. F. R.-B. kehrte 1919 zurück in die Hauptstadt und kam 1920 im Rahmen einer Kinderverschickungsaktion des Roten Kreuzes in die Schweiz. Sie wurde von ihrer Pflegefamilie Nägeli-Zöbeli in Kilchberg behalten und konnte hier auch zur Schule gehen. Nach einer Ausbildung zur Krankenschwester arbeitete sie eineinhalb Jahre in Florenz. Anschließend meldete sie sich bei der Schweizer „Arbeitsgemeinschaft für kriegsgeschädigte Kinder (SAK)“, die 1941 vom Schweizer Roten Kreuz (SRK) übernommen wurde. Ab dem 12.11.1941 und bis zu dessen Schließung im Jahr darauf versah den Dienst im südfranzösischen Internierungslager Rivesaltes bei Perpignan. Im Rahmen ihrer Arbeit lernte sie ihren Mann August Bohny kennen, der als Leiter von Kinderheimen der SAK wirkte. Obwohl die HelferInnen des SAK sich strikt neutral zu verhalten hatten, hielt sich F. B.-R. nicht an dieses Gebot. Um jüdische Menschen vor der Deportation zu bewahren, fälschte sie Passierscheine, änderte Namen, stellte Taufscheine aus oder schmuggelte Kinder aus dem Lager, die dann versteckt wurden. Außerdem arbeitete sie mit Elisabeth Eidenbenz für das Mütterheim Elne. Nach der Schließung des Lagers leitete sie ab Januar 1943 das Kinderheim Haus Abric in Le Chambon sur Lignon in den Nord-Cevennen. Im Dezember 1944 verließ sie zusammen mit August Bohny, den sie mittlerweile geheiratet hatte, Frankreich und ließ sich wieder in der Schweiz nieder. Basierend auf ihren Erinnerungen aus Rivesaltes fertigte sie Gemälde an, die in diversen Ausstellungen gezeigt wurden. Ihre Erlebnisse im Lager hielt sie in einem Tagebuch fest, das 1995 unter dem Titel „Vorhof der Vernichtung“ erschien, ins Französische übersetzt wurde und 1997 in zum Dokumentarfilm „Le Journal de Rivesaltes“ adaptiert wurde.
Ausz.: Ehrung als „Gerechte der Völker“ durch Yad Vashem 1990; Verleihung des „Moral Courage Awards“ 1994.

Qu.: Nachlass von F. B.-R. im Archiv für Zeitgeschichte (Zürich).
W.: „Vorhof der Vernichtung. Tagebuch einer Schweizer Schwester im französischen Internierungslager Rivesaltes 1941-1942“ (1995)
L.: Dokumentarfilm: Journal de Rivesaltes 1941-42 (F), CH 1997 77. Regie: Jacqueline Veuve, Kanyar-Becker 2004, http://www.gerechte-der-pflege.net/