Blum Klara, Chaje, Ps. Zhu Bailan, Dshu Bai-Lan (chin. Name); Germanistin, Schriftstellerin und Übersetzerin
Geb. Czernowitz, Bukowina (Tscherniwzi, Ukraine), 27.11.1904
Gest. Guangzhou, China, 4.5.1971
Herkunft, Verwandtschaften: Stammt aus einer wohlhabenden jüdischen Familie; Vater: Josef Blum (1850-1934), Großgrundbesitzer und langjähriger Landtagsabgeordneter in der Bukowina, nach 1918 Mitglied des jüdischen Nationalrates und Aktivist in der zionistischen Bewegung; Mutter: Cipre, geb. Kaner (1876-1937), in erster Ehe verh. Maschler, stammte aus Stanislau (Ostgalizien), nach dem Tod ihres ersten Mannes Heirat mit dem 26 Jahre älteren Josef Blum, aktiv in der zionistischen Frauenbewegung.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit dem chinesischen Theaterregisseur, Journalist und Kommunist Zhu Xiancheng (1903-1943), der Opfer der stalinistischen Säuberungen wurde und in einem sibirischen Arbeitslager ums Leben kam.
Ausbildungen: Sie studierte ab 1923 in Wien Psychologie und besuchte Vorlesungen bei Alfred Adler. Vermutlich aus finanziellen Gründen Abbruch des Studiums.
Laufbahn: Nach der Scheidung von ihrem Vater zog ihre Mutter mit K. B. 1913 nach Wien. Sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt als Haushälterin. Armut, zahlreiche Quartierwechsel und Krankheit der Mutter kennzeichneten diese Jahre. Im Jahr 1933 zog K. B. zu Verwandten nach Lemberg. Zunächst war sie als Journalistin tätig, in den späten 1920er und frühen 1930er Jahren war sie Kulturreferentin der Poale Zion in Wien. 1927 wurde sie lungenkrank und musste mehrere Monate zur Kur nach Marienbad. 1929 reiste sie nach Palästina, wohin ihr Halbbruder Oskar Maschler emigriert war. Ihre Bemühungen, in Palästina Fuß zu fassen, scheiterten jedoch. Sie schrieb für die „Ostjüdische Zeitung“ (Czernowitz), die „Jüdische Rundschau“ (Berlin), „Menorah“ (Wien) und die „Wiener Morgenzeitung“. Nach ihrer Rückkehr aus Palästina war sie Mitglied der SDAP und ständige Mitarbeiterin der AZ. Sie verfasste Beiträge zur Frauenemanzipation und zur sozialen Lage von Frauen („Arbeiterinnenbewegung in Palästina“). 1930 verbrachte sie mehrere Monate in Berlin, 1931 reiste sie nach Czernowitz. Sie trat für die Einheitsfront mit der KPÖ ein und trat 1933 aus der SDAP aus. 1934 erhielt sie einen sowjetischen Literaturpreis und eine Einladung zu einer zweimonatigen Studienreise in die Sowjetunion, wo sie bis 1945 im Exil lebte. Dort arbeitete sie bis 1945 als Lehrerin, Übersetzerin, Redakteurin und Propagandistin der Sowjetarmee. Gedichte, Literaturkritik, Aufsätze und Nachdichtungen erschienen in Zeitschriften. Sie litt unter Isolation und bedrohlicher politischer Bespitzelung. 1935 erhielt sie die sowjetische Staatsbürgerschaft. Versuche, in die Deutsche Sektion des Sowjetischen Schriftstellerverbandes aufgenommen zu werden, waren erst 1938 erfolgreich, trotz lobender Empfehlung von Johannes R. Becher und Georg Lukács. 1939 wurde sie vorübergehend wegen Disziplinlosigkeit ausgeschlossen und zur Selbstkritik aufgefordert. Ende 1937 lernte Zhu Xiangcheng kennen, der ein Aktivist der linken Theaterbewegung war und Mitbegründer des „Xin Chou Theaters“ in Shanghai, wo Dramen der Weltliteratur uraufgeführt wurden. Nach vier Monaten verschwand Zhu spurlos. Die Suche nach ihrem Geliebten, die sie dann nach China führte, und die Vorurteile gegen ihre Beziehung zu einem Chinesen im Milieu des Exils, verarbeitete K. B. in „Der Hirte und die Weberin“. Im Oktober 1941 Evakuierung nach Kasan. Von dort floh sie wegen der unerträglichen Verhältnisse nach Kuibyschew, wo mehr Kontaktmöglichkeiten zu staatlichen Literaturstellen möglich waren. Im Frühjahr 1942 Mitunterzeichnerin des Appells an das deutsche Volk. Aus eigenem Antrieb Rückkehr nach Moskau und Einsatz als Agitatorin und Übersetzerin (deutschsprachige Flugblätter, Gedichte für den Frontrundfunk) für die Rote Armee an der Front. Ende 1943 Rückkehr nach Moskau, wechselnde Unterkunft in billigen Hotelzimmern. Ihre jahrelangen Bemühungen um Ausreisegenehmigung nach China waren weiterhin erfolglos. 1945 fuhr sie ohne finanzielle Mittel über Warschau, Prag, Budapest nach Bukarest und anschließend quer durch Europa nach Paris. 1947 gelang es ihr schließlich mit Hilfe des jüdischen Hilfskomitees Shanghai nach China einzureisen. Zunächst arbeitete sie für einen Verlag für fremdsprachige Literatur in Peking, ab 1952 als Professorin für deutsche Sprache und Literatur, zuerst an der Tungdschi- und der Futan-Universität in Shanghai, später an der Nanking-Universität.
Ausz.: 1934 Literaturpreis der „Internationalen Vereinigung revolutionärer Schriftsteller“ für das Gedicht „Ballade vom Gehorsam“.
Qu.: Literaturhaus/Exilbibliothek.
W.: „Aus dem Podium“ (1938), „Und sie bewegt sich doch!“ (1943), „Donauballaden“ (1942), „Schlachtfeld und Erdball“ (1944), „Der Hirt und die Weberin“ (1951), „Das Lied von Hongkong“ (1959), „Der weite Weg“ (1960)
L.: Bolbecher/Kaiser2002, Klösch 1999, Klusacek 1966, Wall 1995, Wall 2004, Zhidong 1996